mit Update nachmittags: Frankreich-Wahl
Extradienst-Leser und -Autor Martin Singe machte mich heute nacht auf ein feines Detail aufmerksam. Wer hat von “Kriegsmüdigkeit” gesprochen/geklagt? Ich hatte den Interviewkünstler Harald Schmidt u.a. so zitiert: “und jetzt hört man Sätze – ich glaube, es war von unserer Außenministerin – die besagen, man fürchte eine ‘Kriegsmüdigkeit’. Der Begriff fiel auf jeden Fall aus grünem Munde und hat mich sehr irritiert.” Interviewkünstler ist in diesem Zusammenhang eine Selbstbezeichnung des Zitierten selbst – und von Bedeutung.
“‘Wir haben einen Moment der Fatigue erreicht’, sagt Baerbock in Kristiansand nach Abschluss des Ostseerats.” heisst es in einer mutmasslich übernommenen Agenturmeldung der taz. Das kann sich z.B. auch auf die Minister*innen-Nasen beziehen, mit denen Frau Baerbock dort ihre Zeit verbringen musste. Ob es sich auf den Krieg und auf die Bevölkerung bezog, steht einer Interpretation offen. Und so geschah es. Die taz titelte selbst: “Baerbock warnt vor Kriegsmüdigkeit”. Und für den Interviewkünstler Schmidt ist die taz sowas ähnliches wie “ein grüner Mund”. Total erfunden und herbeigebogen ist das nicht. Frau Baerbock bleibt die Hintertür “Das habe ich so nie gesagt” oder sogar “… gemeint”. Aber braucht sie die überhaupt in den real existierenden deutschen Medien? Ich sehe es so: als selffullfilling-prophecy gefällt es mir gut.
Für einen Blick auf die Welt da draussen helfen mir heute wieder die telepolis-Kolleg*inn*en, und zwar insbesondere hiermit:
M. K. Bhadrakumar: “Warum der neue Kalte Krieg in Asien scheitern wird – Japan ist in Windeseile auf US-Kurs eingeschwenkt. Das heißt nicht, dass der Rest Asiens dem folgen wird. Eine Analyse vor dem Nato-Gipfel in Madrid”
Robert Kappel: “Ukraine-Krieg: Es drohen Armuts- und Hungerrevolten in Afrika – Russlands Krieg gegen die Ukraine hat Folgen für die gesamte Welt. Insbesondere afrikanische Länder geraten in die Krise – mit weiter ansteigendem Hunger und Armut”.
Update nachmittags: Sehr aufschlussreich-informativ auch:
Bernard Schmid: “Frankreich-Wahl: Linksbündnis könnte eigentlicher Gewinner sein – Mit Stimmen der Überseegebiete könnte Linksbündnis vor Regierungslager liegen. Deutsche Presse erklärt Mélenchon erneut zum ‘Linksradikalen’. Ein Blick hinter die Kulissen”.
Na immerhin nehmen sie Melenchon wenigstens wahr…. Wenn ich mit Freunden (soweit es sie noch gibt) und Bekannten rede betrete ich da terra inkognita. Er hat so ungefähr den gleichen Medialen Stellenwert wie der Bürgermeister von Lyon. Das ARD studio (WDR sic) hatte ja letztens einen Bericht zur Präsidentschaftwahl, die es geschaft haben, ihn in einer 45 min Reportage mit keiner Silbe zu erwähnen.
Aber zur Wahl: Die Kandidaten von NUPES stehen in 500 von 577 Wahlkreisen zur Auswahl und in den meisten Fällen gegen Macronisten. Davon in etwa der Hälfte als 1 plazierte, was aber nicht unbedingt was heißen muss. Entscheidend wird sein, ob Nupes es schaft, die Jungwähler wie zur Präsidentschaftswahl, wieder zum Wählen zu bewegen. Sie haben nämlich am Wochenende vielfach nicht gewählt.
oh, ich muß mich berichtigen, 14.6 : Nupes steht nur in 406 Wahlkreisen mit in der Endrunde. Haben aber schon 4 Direktmandate und in einigen Wahlkreisen haben sich die Konkurrenten zurück gezogen