1a-Entertainment war das gestern, was die Nationalteams von Österreich – halb so gross wie NRW – und Deutschland in die TV-Glotze und auf den englischen Rasen zauberten. 3:1 gewann Österreich nach Latten- und Pfostentreffern. Aber im Fussballregelwerk zählen die Tore. Dass Österreichs erstklassige Keeperin Manuela Zinsberger mit der Verursachung eines Kacktors in der letzten Spielminute für die Entscheidung sorgte, war nur der Gipfel der Ungerechtigkeit. So ist Fussball. Und wo waren die Fans?
In meiner Fussballkneipe waren wir zu dritt. In der zweiten Halbzeit kam noch ein Vierter hinzu. Die Mehrheit der Gäste sass desinteressiert auf der Aussenterrasse. Sie verpassten ein hochklassig umkämpftes Spiel voller Dramatik vor beiden Toren. Mit einem österreichischen Chancenüberschuss, aber erstaunlicher deutscher Coolness.
Die Mehrheit der Fans sass in ihren Privatgärten oder Wohnzimmern. 9,5 Mio. waren es. Das sind mehr als sonntags Tatort glotzen (im Winter! die Sommerquoten liegen bei 5-7 Mio.). Und mehr als die meisten Kirmesspiele der Mannschaft der Herren vor die Bildschirme locken. Im Halbfinale am Mittwoch trifft das deutsche Team auf Frankreich oder die Niederlande; das klärt sich morgen (Anstoss 21 h).
Dann wird die Zuschauer*innen*zahl im zweistelligen Millionenbereich landen. Merkwürdig ist nur die Lahmarschigkeit des männerbeherrschten Business. Haben Sie was von Public-Viewing wahrgenommen? Von irgendeinem Merchandise-Terror, der bei Männerspielen üblich ist? Von schwindelerregenden TV-Rechte-Preisen und Siegprämien? Von Autokorsos? Von Bundeskanzler*inne*n in Umkleidekabinen? Oder Grussadressen des obersten Grüssaugust des Staates?
Nein, die Damen geniessen still. Und ich liebe sie dafür. Wie wir alle zusammen Uwe Seeler geliebt haben.
Das untere Ende
Haben Sie schon was von der Leichtathletik-WM in Eugene/USA gesehen, am Hauptquartier des Frauen misshandeln lassenden und Doping ignorierenden Nike-Konzerns? Ich auch nicht. Es ist überhaupt die allererste Leichtathletik-WM, von der ich persönlich bisher nicht eine Sekunde gesehen habe. Obwohl ich in der Vergangenheit ganze Tage dafür vor der Glotze verbracht habe. Tage!
Denn im deutschen TV findet die WM nachts statt. Ich habe nachgesehen. Rund 200.000 gucken bundesweit zu, weit weniger als Bonn Einwohner*innen hat.
Ganz auf sich selbst als Unternehmer*in ihrer selbst gestellt, kalkulieren deutsche Leichtathlet*inn*en absolut zutreffend, dass ihre Beachtung bei der EM im August in München beim deutschen TV-Publikum weit grösser sein wird.
Ihre amateurhaft geführten Verbände haben sich komplett den Medien- und Sportklamotten-Konzernen ausgeliefert. Und so die einstige “Königin” Olympischer Spiele nahezu komplett ruiniert. Schade eigentlich.
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