Russland zwischen Allmachtsphantasie und militärischem Debakel

Einige von denen, die in Russland überhaupt mitkriegen, was in der Ukraine gerade geschieht, drehen völlig frei. Tatsächlich bahnt sich wohl die Alternative an:

– Russischer Rückzug oder totaler Krieg.

In der bisherigen Form läuft die „Spezialoperation“ jedenfalls auf ein Debakel für ihre Urheber hinaus. Die Alternative einer großen russischen Mobilmachung wäre jedoch noch unberechenbarer. Der imperiale Angriffskrieg wäre dann für die Mehrheit der Russen nicht nur ein Nebenbei-Faktor abends im Fernsehen, sondern ein bestimmender Alltagsfaktor. Das will Putin mit gutem Grund vermeiden. Denn auch Autokraten wie der russische Machthaber wagen es kaum, ihrer Bevölkerung eine solche 24/7-Realität aufzudrücken.

Zur Erinnerung: bis kurz vor dem Ende war der 2. Weltkrieg für den Großteil der daheimgebliebenen deutschen Bevölkerung vor allem eine Sache in der Wochenschau im Kino!

Mein Tipp:

– It´sch over, Vladimir Vladimirowitsch!

Ich sehe kaum mehr einen irgendwie gesichtswahrenden Ausweg für die russische Seite. Putin hat Russland in die dritte Reihe der Weltpolitik zurückgebeamt. Und darüber wird er über kurz oder lang stürzen.

Hier der Versuch eines russischen Bloggers, mit der kognitiven Dissonanz zwischen imperialer Allmachtsphantasie und realem Debakel fertig zu werden:

„… denn der Teufel duldet Russland nicht den Fuß des Throns der heiligen Jungfrau Maria. Der Dreck sehnt sich danach, uns vollständig zu verschlingen. … Damit die russische Reconquista gelingen kann, ist es notwendig, die Wirtschaft auf militärische Regeln umzustellen, die Armee dringend zu verstärken, die Gesellschaft aus ihrem lethargischen Schlaf zu holen, in dem sie den Krieg einfach nicht als Krieg wahrnimmt, die ‘fünfte Kolonne’ zu zerschlagen und schließlich zu erklären, dass Donbass, Noworossija, Saporoshje, Cherson, Charkow russisches Land sind. Und sie kann nicht verschenkt werden. Und möge der Heilige Retter uns helfen!“

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Über Reinhard Olschanski / Gastautor:

Geboren 1960, Studium der Philosophie, Musik, Politik und Germanistik in Berlin, Frankfurt und Urbino (Italien). Promotion zum Dr. phil. bei Axel Honneth. Diverse Lehrtätigkeiten. Langjährige Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent im Bundestag, im Landtag NRW und im Staatsministerium Baden-Württemberg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Politik, Philosophie, Musik und Kultur. Mehr über und von Reinhard Olschanski finden sie auf seiner Homepage.