Seit Wochen gibt es immer wieder Beiträge in der Öffentlichkeit, auch auf diesem Blog, die vom “Sieg” der Ukraine träumen. Der russisch-ukrainische Winter – Napoleon, Hitler und vielen anderen als “Väterchen Frost” persönlich bekannt – hat die Kriegsführung in der Ukraine übernommen. Die Stellungen sind eingefroren und nähern sich immer mehr dem Kriegswinter von 1916. Nichts bewegt sich, beide Seiten verpulvern ihre Munitionsvorräte und hunderttausende Menschen sind die Leidtragenden. Es wird Zeit, so Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr, Kujat, dass die Bundesregierung die verfassungsrechtliche Friedenspflicht des Grundgesetzes ernst nimmt.
Russland führt Krieg hocheffizient, grausam nachhaltig
In den letzten Wochen ist Russland nicht nur dazu übergegangen, mit permanenten Luftangriffen auf die Infrastruktur der Ukraine dort die Möglichkeiten des Überlebens der Zivilbevölkerung zu zerstören. Russland, so analysiert Kujat, führt diesen rücksichtslosen Feldzug mit minimalem Aufwand, u.a. unter Einsatz und Recycling von militärischem Schrottgerät. Es spart so Munition, die der Ukraine bald ausgehen könnte. Das liegt unter anderem auch an den in Friedenszeiten praktizierten Outsourcing-Strategien des Kapitalismus. So hat Rheinmetall, Hersteller der Munition für den “Gepard” Flugabwehrpanzer, vor einigen Jahren die Produktion in die Schweiz verlagert. Die RWM Schweiz AG (ehem. Oerlikon Contraves Pyrotec AG) unterliegt aber den höchst strengen Waffenexportbestimmungen des neutralen Landes und darf deshalb – auch nicht indirekt – Munition in das Kriegsgebiet Ukraine liefern.
Wie im ersten Weltkrieg droht ein Stellungs- und Abnutzungskrieg
Allein dieses Beispiel macht deutlich, wie traumtänzerisch Phantasien von der Möglichkeit sind, die Ukraine könnte durch einen langanhaltenden Krieg, der sich gar über mehrere Jahre hinzieht, Russland militärisch besiegen. Ähnliches gilt übrigens für die Munition für die alten schweren Waffen, Panzer und Fahrzeuge ehemals sowjetischer Produktion. Auch der ehemalige General und Berater der Bundeskanzlerin Merkel, Erich Vad, interpretiert die aktuelle Lage realistischer, als diejenigen, die behaupten, ein militärischer Sieg sei absehbar. Vad räumt ein, dass auch er die ukrainische Kampfkraft unterschätzt hat und begrüßt, dass der Westen und die USA die Ukraine ertüchtigt haben, dem Überfall Russlands standzuhalten und den Angriff zum Stehen zu bringen. Vad sieht darin eine notwendige und positive Ausgangsposition für Verhandlungen, damit die Ukraine nicht untergebuttert werde, aber er stellt auch klar: “Es ging nie und es geht auch jetzt nicht um einen militärischen Sieg über Russland – das ist weit weg von der Realität – und es hat mich persönlich betroffen gemacht, diese permanenten Fehleinschätzungen in deutschen Medien den ganzen Sommer über…”
Wer sind wir, der Ukraine zu raten, wie lange sie kämpft….
Dieser Satz fällt seit dem 24.2.2022 in nahezu jeder Talkshow und in vielen Artikeln über den Ukrainekrieg. Das macht ihn aber nicht richtiger. Ja, es war richtig, die Ukraine zu unterstützen, es war und ist richtig, “schwere Waffen” zu liefern, damit sie sich verteidigen kann, und das hat sie viel erfolgreicher getan, als viele “Experten” der Bundesregierung, der EU und der USA geglaubt hatten. Aber es ist auch richtig, dass es nicht sein kann, dass Bundesregierung und EU die Entscheidung über Eskalation des Konflikts oder Verhandlungen bedingungslos der Ukraine überlassen. Damit würden die Staaten der EU ihre Souveränität, wie weit und auf welche Weise sie die Ukraine unterstützen, ohne Rücksicht auf Eskalationen abtreten. Die Bundesregierung beginge dadurch sogar Verfassungsbruch. Und diese Eskalationen drohen aktuell.
Angriffe der Ukraine auf russisches Territorium?
Bisher haben es die USA und die gesamte westliche Allianz sorgfältig vermieden, die Ukraine z.B. mit US-amerikanischen Kampfpanzern oder deutschen Leopard 2 auszurüsten – nicht zuletzt, weil die NATO vermeiden will und muss, in Eskalationen hineingezogen zu werden. Wie dünn dieses Eis ist, hat sich angesichts der fehlgeleiteten Flugabwehrrakete gezeigt, die in Polen einschlug. Präsident Selenskij zögerte nicht, dies noch als russischen Angriff auf die NATO darzustellen, als bereits sonnenklar war, dass es sich um eine ukrainische Abwehrrakete handelte. Das macht deutlich: Es gibt ein Interesse der Ukraine, die NATO in diesen Krieg hineinzuziehen, aus Selenskijs Sicht verständlich, aber um den Preis des 3. Weltkriegs und einer nuklearen Eskalation, die in niemandes Interesse sein kann, nicht tolerierbar.
Auch im Winterkrieg liegt Eskalationsgefahr
Die Angriffe Russlands auf die Ukrainische Infrastruktur beinhalten die Gefahr, dass dieser Krieg eskaliert: Terrorangriffe Russlands auf die Infrastruktur – das ist aus anderen Kriegen bekannt – steigern den Hass und die Bereitschaft der anderen Kriegspartei, um so kompromissloser Gegenstrategien zu entwickeln. Die Nachrichten meldeten gestern Abend, dass es erstmals Angriffe auf Flughäfen in Russland gegeben habe, die weit entfernt von der Frontlinie im russischen Hinterland liegen. Verwendete Waffen sollen modifizierte Drohnen aus russischer Produktion sein. Wie wird die Reaktion aussehen? Dieses Beispiel zeigt, wie hoch die Eskalationsgefahr des Konflikts nach wie vor ist.
Nein, lieber Roland, die strategische Lage ist eine andere. Die russische Armee hat echt verkackt. Das ahnen inzwischen auch die Ultranationalisten in Russland, die ein bisschen was verstehen von militärischer Lage. Das ist nicht wie WK I, sondern die Putinarmee gleicht der Hitlerarmee 1944. Das ist echt wie ein Uhrwerk, da kann man zugucken und sich als Laie wundern, dass in 10 oder 20 Tagen genau das passiert, was ernsthafte Analysten vorausgesagt wurde. Ich sehe die Leute, die ich da so lese, jetzt zum vierten oder fünften Mal bestätigt. Hier der neueste Blogbeitrag unseres „Freundes“ Girkin/Strelkov. Die Russen werden jetzt sehr bald den Rest von Cherson verlieren, die Ukrainer sind schon auf der anderen Seite des Flusses, die russiche Verteidigung ist ausgedünnt. Die russische Landnahme im Süden wird in der Mitte zertrennt werden. dann wird die Krim abgeschnitten sein von allem Nachschub. Putin/Lawrow sehen das, wir ein Endspiel im Schach. Deswegen jetzt deren Rede von Verhandlung und der Wunsch nach substantiellen Angeboten, weil sie einfach verloren haben. Believe me.
Gorkin/Stelkov: ÜBER “ERNSTE ANGEBOTE”
Lawrow: Russland ist zu Gesprächen über die Ukraine bereit, wenn es ein ernsthaftes Angebot erhält
Wow! Ich zitiere:
„Wenn es jetzt einen ernsthaften Vorschlag gibt, wie wir diesen Konflikt beenden und gleichzeitig unsere absolut rechtlichen Anforderungen erfüllen können, sind wir natürlich gesprächsbereit.“
Es bleibt nur zu verstehen, was Herr Lawrow mit „absolut gesetzlichen Anforderungen“ meint? – Vielleicht die Rückgabe von Cherson und die Übergabe der Streitkräfte von Zaporozhye – nach den dort abgehaltenen Referenden offiziell an die Russische Föderation angeschlossen (sowie die von den Streitkräften der Ukraine besetzten Bezirke der LDNR) – an die Behörden der Russische Föderation?
Aber um Hoffnung auf “ernsthafte Vorschläge” dieser Art zu haben, ist überhaupt nichts erforderlich – die Streitkräfte der Ukraine vollständig zu besiegen und erneut die Annäherungen an Kiew und Odessa zu erreichen.
Aber wenn “Öl und Gas ohne “Obergrenzen” und Verzicht auf Reparationsforderungen” – dann ist es “wärmer”, aber selbst das kann nicht erreicht werden, ohne angesehenen Kiewer Partnern eine schwere militärische Niederlage zuzufügen. Im Extremfall gilt es, Niederlagen der Partner selbst nicht mehr lange zu ertragen. Was leider überhaupt nicht garantiert ist.
In der Zwischenzeit hält sich Herr Lawrow – ständig daran erinnernd, dass seine Worte nicht nur im Ausland, sondern auch innerhalb der Russischen Föderation zitiert werden können – strikt an militärische Geheimnisse und wird den Inhalt des “Kreml-Falls” für uns nicht einmal im Hinterkopf öffnen. die Szenen “Vereinbarungen”. Feuerstein!
Schaumermal, lieber Reinhard. Wir beide haben (noch) die kommode Rolle der beiden Alten auf dem Balkon in der Muppets-Show. Ich will Deine Quellen und Deinen Elan gar nicht anzweifeln. aber meine Lebenserfahrung lässt mich zu völlig anderen Schlüssen kommen. Wir werden es erleben.