Auf einer alten Langspielplatte von Simon & Garfunkel, die wohlbehütet die letzten 56 Jahre in meinem Plattenschrank überstanden hat, gibt es eine Aufnahme des wunderschönen Weihnachtslieds „Silent Night“. Im Hintergrund sind anschwellend die 7 Uhr Abendnachrichten von CBS News zu hören. Natürlich sind es, das hört man bald heraus, keine guten Nachrichten. Der Rassenwahn und Gewalt im Land sind ungebrochen, der Krieg in Vietnam eskaliert und Richard Nixon schwört die Bevölkerung auf 5 weitere Kriegsjahre ein, es sei denn die USA würden ihre Einsatz verstärken. Schlimmer als der kommunistische Feind seien nur noch die Kriegsgegner im eigenen Land.

Der ehemalige Präses der evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, wiederholt derweil am Tag vor Heiligabend in einem Interview bei NDR-Kultur seine These von der „friedensethischen Zeitenwende“, die darin gipfelt, dass aus dem Gebot „Du sollst nicht töten“ das Gebot abgeleitet wird, Waffen in die Ukraine zu liefern. Du sollst nicht töten bedeute auch, Du sollst nicht zuschauen, wie Menschen getötet werden. 2000 Jahre christlicher Segnung von Waffen sind anscheinend noch nicht genug.

Wir halten an dieser Stelle fest, dass in diesem Krieg bislang wahrscheinlich eine Viertelmillion Soldaten auf beiden Seiten getötet worden sind – ungezählt die zivilen Opfer.

Die theologische Begründung von Krieg ist an sich nichts Neues, trotzdem ist die Frage zu stellen, warum sich der Glaube so beharrlich hält, dass immer mehr vom Falschen zum Richtigen führt.

Abgesehen davon, wird dieser Krieg auch militärisch von Tag zu Tag unsinniger, denn ein militärischer Sieg ist weder für die Ukraine noch für Russland erzielbar. Der Brigadegeneral a. D. Helmut Ganser deutet in einem lesenswerten aktuellen Beitrag an, welche Konsequenzen ein militärische Pattsituation haben könnte.

Der russische Winter ist schrecklich. Ein Stellungskrieg bei 20 Grad Minus und frierende und im Dunkeln sitzende Menschen in den Städten und Dörfern – ist das die Perspektive für die nächsten Monate? Zurück an den Verhandlungstisch und sofortiger Waffenstillstand muss das Gebot der Stunde sein. Wenn sich alle Kirchen der Welt auf diese Forderung besinnen könnten und ihre Repräsentanten darauf verpflichten würden, wäre das eine frohe Botschaft zu Weihnachten. Der Winter mit den unausweichlichen katastrophalen Folgen für die Soldatinnen und Soldaten und die Zivilbevölkerung öffnet vielleicht ein Zeitfenster, von dem ich in meinem Beitrag vom 11. Oktober geschrieben habe.

Nach dem eindringlichen Appell von Simon & Garfunkel hat es 9 Jahre gedauert, bis der Vietnamkrieg beendet wurde und trotzdem setzt die Großmacht USA heute auf die gleichen Mittel wie vor 60 Jahren: Militärische Gewalt zur Lösung von Konflikten. Weder amerikanische Patriots noch deutsche Schützenpanzer werden diesen Krieg beenden. Und jeder Tag und jede Nacht, die vergehen, sterben junge Menschen. Wofür? Vielleicht denken wir alle unter dem Weihnachtsbaum darüber noch einmal kurz nach. Trotzdem wünsche ich natürlich allen meinen Leser*innen frohe Weihnachten. Und hört Euch vielleicht das Lied nochmal an. YouTube Simon& Garfunkel –Silent Night/ 7 O‘Clock News. (Video 2 min)

Über Dr. Hanspeter Knirsch (Gastautor):

Der Autor ist Rechtsanwalt in Emsdetten und ehemaliger Bundesvorsitzender der Deutschen Jungdemokraten. Er gehörte in seiner Funktion als Vorsitzender der Jungdemokraten dem Bundesvorstand der F.D.P. an und war gewähltes Mitglied des Landesvorstands der F.D.P. in NRW bis zu seinem Austritt anlässlich des Koalitionswechsels 1982. Mehr zum Autor lesen sie hier.

Sie können dem Autor auch im Fediverse folgen unter: @hans.peter.knirsch@extradienst.net