mit Update 13.1. vormittags
Best of 12. Januar 2023
Spätestens mit dem ARTE-Projekt “Generation Africa” wurde mir klar, dass hier das zukünftige Zentrum der Welt entsteht. EU-Europa hatte einen Vorsprung, sich dort privilegierte Beziehungen zu verschaffen. Es verspielt sie mutwillig, von kolonialistisch-rassistischer Verblendung behindert. Statt ökonomische, soziale und kulturelle Verbindungen zu fördern, oder mit ambitionierter kooperativer Klimapolitik voranzugehen, mauert es sich lieber ein, finanziert das Einfangen und Lagern von Migrant*inn*en durch verbrecherische staatliche und nichtstaatliche Söldnerorganisationen. Wie irre das ist, erkennen Sie im besten Text des gestrigen Tages: Howard W. French/Guardian (übersetzt vom Freitag) “Urbanisierung: Wie die Küste Westafrikas das kommende Jahrhundert prägen wird – Ende des Jahrhunderts werden 40 Prozent der Weltbevölkerung in Afrika leben. Vor allem in den Städten des fast tausend Kilometer langen Küstenabschnittes zwischen Abidjan und Lagos hat das gigantische Folgen”. Zwischen all den Paywalls frei zugänglich und also “meistgelesen” beim Freitag.
Nur 5.500 km entfernt, das ist weiter entfernt als der Nordpol von Bonn, ungefähr so weit wie von Deutschland zum Äquator, blamiert sich der Facebook-Konzern Meta: in Nairobi. Tim Wurster/Praktikant bei netzpolitik.org: “Facebook in Afrika: Neue Inhaltemoderation gesucht – Facebook verliert mit Samasource einen seiner wichtigsten Partner für Inhaltemoderation in Afrika. Die Geschäfte könnte künftig Majorel übernehmen, das zu großen Teilen der Bertelsmann-Gruppe gehört. An den desaströsen Arbeitsbedingungen dürfte dies kaum etwas ändern.” Mittendrin mal wieder der deutsch-westfälische Bertelsmannkonzern.
Wen kann es noch wundern, wenn auf diesen Wachstumsmärkten China und Indien, sogar Russland und Erdogans Türkei sich Vorsprünge verschaffen? Mit der Rückgabe von einigen geklauten Kunstwerken und der Weigerung insbesondere Deutschlands, für begangenen Völkermord auch ökonomisch gradezustehen, kommt eine rhetorische Werteleitung nicht weit.
Wie kurz die Werteleitung der deutschen Aussenministerin in Indien war, analysiert Gilbert Kolonko/overton: “Indien, Deutschland und Russland – Indien versucht aktuell mit Brachialgewalt den wirtschaftlichen Rückstand aufzuholen, doch das wird für Indien und den Rest der Erde schwere Nebenwirkungen mit sich bringen. Indien wird Russland mittelfristig nicht fallen lassen und die Zusammenarbeit mit Deutschland kommt nur langsam in Schwung.” Ein weites Feld für Welt- und Klimarettung. Hat Frau Baerbock dem Herrn Habeck Bescheid gegeben?
Wenn ich Reinhard Lauterbach/Junge Welt folge, dann hat sie dafür wohl gar keine Zeit: “Panzerrochade – Wahrscheinlich hat die deutsche Botschaft in Kiew Außenministerin Annalena Baerbock vor ihrem Besuch in Charkiw nicht mitgeteilt, dass 70 bis 80 Prozent der Einwohner des Donbass für Russland seien, der Rest wARTE ab.” Kürzlich meinte ein anonymer Leser Petra Erler schreibe “als ob vom FSB verfasst”. Frau Erler meinte dazu, er habe wohl “zu hohen Blutdruck”. Wenn Ihr Blutdruck also bei Lauterbach steigt, seien Sie versichert: er findet jede*n Tote*n, und jede tödliche Munition gleich sch…..lecht.
Lesen Sie zum Krieg auch:
Roland Bathon/telepolis: “Russland dementiert Mobilisierung einer halben Million Soldaten – Die ukrainischen Behörden sind aktuell die Hauptquelle deutscher Medien über Vorgänge zur russischen Kriegsführung. Zuverlässig sind sie jedoch nicht immer.”
Anatol Lieven/Responsible Statecraft (Übersetzung: David Goeßmann/telepolis): “Drei Szenarien: Wohin der Ukraine-Krieg im Jahr 2023 führen könnte – Die militärischen Gewinne und Verluste werden bestimmen, wie der Konflikt sich entwickelt. Die wahrscheinlichsten drei Szenarien sind verbunden mit Problemen und Gefahren. Worauf man sich einstellen sollte.”
Wo ist noch Vertrauen?
Jens Berger/nachdenkseiten kommentiert eine RTL-Umfrage zur seltenen Ressource “Vertrauen” in unserem reichen Land: “Systemkrise mit Ansage”. Die in Berlin wollen solche Erkenntnisse nicht durch übermassiges Geschwätz aufwerten. Schweigen ist die beste Bekämpfung solcher Nachrichten. Der Inhalt solcher Nachrichten wird dagegen sehr wohl zur Kenntnis genommen, umso mehr, je lauter die Betreffenden und Betroffenen schweigen. So bleibt es für uns als Öffentlichkeit ein Geheimnis, was sie daraus lernen. Womit sie das, ihr Problem, verschlimmern. Mann nennt es Dialektik.
Update 13.1. vormittags
Lützerath
Die Medien-Produktionsverhältnisse zum Fall “Lützerath” erklärt Ralf Heimann/MDR-Altpapier. Seiner – für mich nachvollziehbaren – Lesart zufolge, erweisen sich die jugendlichen Klimaschützer*innen als schlauer, als die Führungen meiner Partei in Bundes- und Landesregierung. Wer sind die politisch Klügeren? Das müssen Sie als Wähler*in am Ende selbst entscheiden. Ich selbst bin da noch unsicher.
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