Beueler-Extradienst

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Warum wir den Aufruf

von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer nicht unterschrieben haben

Zwei sonst eher politisch nicht kompatible Politikerinnen haben einen Aufruf verfasst, der unter der Überschrift “Manifest für den Frieden” firmiert und so mit einem hohen Anspruch in die mediale Öffentlichkeit drängt. Auf den ersten Blick formuliert er scheinbar emphatisch Positionen die für viele ansprechend und unterstützenswert scheinen. Aber wie immer lohnt ein zweiter Blick.

Emotionen geweckt, Verantwortlichkeiten versteckt

Der Appell beginnt mit: “Über 200.000 Soldaten und 50.000 Zivilisten wurden bisher getötet. Frauen wurden vergewaltigt, Kinder verängstigt, ein ganzes Volk traumatisiert. Wenn die Kämpfe so weitergehen, ist die Ukraine bald ein entvölkertes, zerstörtes Land. Und auch viele Menschen in ganz Europa haben Angst vor einer Ausweitung des Krieges. Sie fürchten um ihre und die Zukunft ihrer Kinder.” Der Verursacher wird nicht benannt, aber der Bogen zwischen Krieg dort und Kriegsangst hier geschlagen. Der Agressor kommt erst im zweiten Abschnitt, und da eher am Rande vor

“Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Bereits im nächsten Satz heißt es relativierend: “Aber was wäre jetzt solidarisch?”

Die Ukraine als eskalierender Faktor dargestellt

Es folgt eine Auflistung von Präsident Selenskijs waffentechnischen Begehrlichkeiten, vom Kampfjet über Kriegsschiffe bis zu Langstreckenraketen. Was man als nachvollziehbare Politik eines Landes mit dem Rücken zur Wand verstehen kann und relativieren darf, dreht in diesem Aufruf den Spieß um und macht Selenskij indirekt zum Angreifer und unterstellt Olaf Scholz, kurz vor einer Kriegsbeteiligung zu stehen: “Noch versichert der deutsche Kanzler, er wolle weder Kampfjets noch „Bodentruppen“ senden. Doch wie viele „rote Linien“ wurden in den letzten Monaten schon überschritten?” um in den Aufruf zu münden: “Schaden vom Deutschen Volk [zu] wenden” und: “Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen.”

Die Kernfrage wird ausgeblendet

Niemand wird der Forderung nach Verhandlungen widersprechen. Insofern ist diese Forderung wohlfeil. Denn um die Kernfrage, wie denn Russland jetzt an den Verhandlungstisch zu bringen wäre, mogeln sich die Autorinnen und mit ihnen die Unterzeichner*innen herum. Russland bombardiert weiter Menschen und zivile Infrastruktur – warum aber sollte es gerade jetzt verhandeln? Darauf geben sie keine Antwort. Politisch würde der Aufruf zu Verhandlungen doch erst dann, wenn auch ein Weg zu diesen Verhandlungen benannt würde. Solange dies nicht passiert, bleibt die Forderung populistisch und gleichzeitig verdummend. Verdummend deshalb, weil sie so tut, als bedürfte es nur eines Aktes des Angegriffenen oder seiner Unterstützer, und schon würde verhandelt. Dieses Angebot am besten noch verbunden mit einem Stopp der Waffenlieferungen, darauf hoffend, dass der Aggressor das Angebot auf Verhandlungen auch annimmt und nicht auf die Idee kommt, einfach weiterzumachen, soll wirken? Diese naive Position tut so, als müssten Verhandlungen nur gefordert werden, und dann würden sie auch schon – hoppladihopp – stattfinden. Wer nur das als Lösung anbietet, blendet einen Teil der Vorgeschichte zum Krieg komplett aus. Nämlich dass vor Kriegsausbruch tatsächlich geredet wurde, und die Verhandlungen, von denen wir nicht wissen – ob es vielleicht keine echten waren oder ob sie an beiden Seiten, gescheitert sind. Bis Russland den Krieg begonnen hat. Einen Zwang Russlands, die Verhandlungen nicht weiterzuführen, sondern anzugreifen, können wir nicht erkennen. Es blendet auch die Gespräche zu Beginn des Krieges zwischen Russland oder der Ukraine in Belarus und in der Türkei aus. Auch diese blieben ohne Erfolg.

Die Aufrufer stellen sich dümmer, als sie sind

Der langjährige Diplomat Wolfgang Sporrer zeigt in einem erhellenden Interview in “Jacobin” auf, dass es ja Verhandlungen gibt – nur Putin und Selenskij verweigern derzeit das direkte Gespräch. Zum einen unter Moderation der UNO die Gespräche über Getreideexporte in Istambul, über Gefangenenaustausch und zwischen Russland und USA über militärische Kanäle, etwa im Falle von fehlgeleiteten Raketen oder Flugkörpern. Das wissen auch die Initiator*innen des Aufrufs, tun aber so, als könne sich Deutschland mühelos trotz divergierender Interessen in der EU und den USA zur Speerspitze des Verhandelns aufschwingen.

Diplomat Sporrer vertritt die Meinung, dass der Kriegsgrund für Russland vorrangig die Frage des Einflusses auf die Außenpolitik der Ukraine gewesen sei, der seit 2014 und dem Maidan für Russland verloren gegangen ist und auch nicht wieder herstellbar sein wird. Ebenso wie nach Kriegsverlauf die ukrainische Bevölkerung sich einer solchen Situation nicht mehr unterwerfen wird. Den demokratischen Aspekt, was die ukrainische Bevölkerung will, blendet der Aufruf Schwarzers und Wagenknechts völlig aus. Insoweit wohnt dieser Positionierung das alte kolonialistische Bild inne, dass Mächte ihre Einflussgebiete haben und bestimmen, wo es lang geht.

Wie ein Weg zu Verhandlungen aussehen könnte

Sporrer: “Erstens: Warum ist eine politische, nicht-militärische Konfliktlösung zurzeit sehr unwahrscheinlich? Zum einen, weil beide Parteien die Option, miteinander über eine Konfliktbeilegung zu verhandeln, mehr oder weniger ausgeschlossen haben – die Ukraine per Gesetz, die Russen per Vorbedingungen.
Zweitens sind wir durch die Waffenlieferungen in einer sehr besonderen Situation. In diesem Abnutzungskrieg sind beide Seiten der Meinung, dass die Zeit auf ihrer Seite sei. Russland glaubt, über eine Produktionssteigerung eigener Waffen, plus eventuell einer weiteren Mobilisierung, die Armee stärken zu können. Die Ukraine glaubt hingegen, je mehr Waffen aus dem Westen kämen, desto stärker werde die eigene Position.
Beide Seiten glauben also, dass sich Abwarten derzeit lohne. Das sind natürlich die denkbar schlechtesten Voraussetzungen, um zu einer politischen Konfliktlösung oder hin zu einer Mediation zu kommen. Wenn beide Seiten glauben, dass sie gewinnen, wird es keine Verhandlung bezüglich einer politischen Konfliktlösung geben.

Lernen, unbequeme Wahrheiten auszuhalten?

Was kann man trotzdem tun? Man kann versuchen, die bereits bestehenden Gesprächskanäle, also den Dialog in Istanbul, auf andere Themen auszuweiten, zum Beispiel auf Entflechtungszonen rund um Atomkraftwerke. Daran haben beide Seiten Interesse. Man könnte Waffenstillstände an verschiedenen Orten rund um Krankenhäuser und Schulen vereinbaren. Man könnte kurze, temporäre Waffenstillstände zur Ernte, zur Aussaat, zum Schulbeginn oder zu Ostern beschließen. Ostern wäre ein toller Beginn für so etwas. Es geht darum, kleine Schritte zu gehen und die Kunst des Möglichen zu praktizieren.” Diese Sicht auf die realen politischen Möglichkeiten, Verhandlungen zu befördern, muss niemand teilen. Die einfache Wahrheit, dass zum Verhandeln zwei Seiten gehören, die dazu bereit sein müssen, ist jedoch nicht durch Aktionismus zu beseitigen.

Eine differenzierte Friedensdebatte ist bitter notwendig

Auch wir sind der Meinung, dass der öffentliche Diskurs, der gerade geführt wird, auf militärische Mittel verengt ist. Für uns ist unstrittig: Ein Land, das angegriffen wird, hat das völkerrechtlich abgesicherte Recht, sich zu verteidigen und sich auch dazu der Unterstützung von anderen Staaten zu bedienen und um diese zu bitten.

Damit ist noch nicht die Frage beantwortet, wie weit die Verpflichtung zur Unterstützung reicht und ob sie bedingungslos besteht. Und es ist nicht die Frage beantwortet, wie die jeweiligen Interessen des angegriffenen Landes – das können durchaus andere sein als die der Unterstützerländer – und die der Unterstützer gegeneinander abgewogen werden. Und im konkreten Fall, wie einzelne Länder, z.B. die Bundesrepublik, sich vor ihrer historischen Verantwortung dazu stellen können und sollten. Und dazu bedarf es einer differenzierten Diskussion, die im Getöse der Leoparden-Diskussion untergegangen ist und nun droht, weiter von der Debatte über Kampfjets verdrängt zu werden.

Gegen moralischen Rigorismus

Damit stellen wir uns bewusst gegen den Rigorismus ausdrücklich der Protagonisten beider Seiten – derjenigen, die wussten oder wissen, dass man immer mehr Waffen liefern müsste, um Frieden zu schaffen, und derjenigen, die gegen jede Waffenlieferung sind. Die monstranzhaft vor sich hergetragene Überzeugung, die Wahrheit gepachtet und über das allein seligmachende Wissen zur Lösung des Konflikts zu verfügen, finden wir – zurückhaltend formuliert – irritierend und nicht aufklärerisch. Beide Haltungen sind moralisch überhöht und rational ungenügend unterfüttert. Und sie werden von einer Position der Allwissenheit, zumindest über das, was passiert oder nicht passiert, geführt.

Vom “Siegen” und “nicht verlieren”

Alle wissen, dass Kriege, von seltenen Ausnahmen abgesehen, nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch entschieden werden. Das gilt für klassische Kriege, in denen sich Armeen gegenüberstehen wie jetzt in der Ukraine, oder für asymmetrische Kriege wie in Afghanistan. Kriege enden, wenn keine Seite mehr die Möglichkeit sieht, zu gewinnen. Das erfordert eine klare Definition dessen, was „gewinnen“ heißt. Da gibt es leider auf Seiten der Ukraine mehr Unklarheit als auf Seiten Russlands. Russland will die Ukraine als eigenständigen Staat und eigenständige Kultur beseitigen. Das hat Putin in mehreren Reden klar gesagt. Es gibt keinen Grund, ihn da nicht ernst zu nehmen.

Was „gewinnen“ für die Ukraine heißt, wird immer unklarer. Die Regierung nennt dazu die Vertreibung russischer Truppen aus dem ganzen Staatsgebiet der Ukraine in den Grenzen von 1991, also einschließlich des Donbas und der Krim. Ob dies von den Unterstützern geteilt wird, ist unklar. Nicht einmal in der Bundesregierung, denn es ist ein bemerkenswerter Unterschied, wenn der Kanzler sagt: “Putin darf nicht gewinnen” und die Außenministerin “Die Ukraine muss siegen.” Auch diese Debatte ist es wert, offen geführt zu werden. Aber sie wird zwar manchmal gefordert, aber von niemandem geführt. Und wenn sie geführt werden würde: Wer sie dann führt und wie sie geführt wird, ist rechtlich und moralisch heikel.

Konkret: Ist es an der Regierung oder an Menschen in der Bundesrepublik, darüber zu entscheiden, ob der Donbas oder die Krim abgegeben werden sollen, oder ist das Aufgabe der ukrainischen Regierung und Bevölkerung? Und was ist dann, wenn die ukrainische Haltung zur Folge hätte, dass die Unterstützung immer größeren Umfang anzunehmen hat und die Konfrontation immer unkalkulierbarer und größer wird? Ist es dann Aufgabe der Unterstützerländer, die Ukraine dazu zu zwingen, Staatsgebiet abzugeben und dem Aggressor faktisch zu Hilfe zu kommen?

Wen spricht der Aufruf (vor allem auch) an?

Der Aufruf vermeidet die klare Verurteilung völkerrechtlicher Verstöße Russlands durch den Angriffskrieg und erwähnt die aus dem Völkerrecht erwachsenden Rechte der Ukraine sowie die rechtsnationalistischen Hintergründe der russischen Aggression nicht. Er dreht im Falle der Ukraine verklausuliert die Täter-Opferrolle um und windet sich mit Rabulistik um die Kernfrage herum, wie denn Russland an den Verhandlungstisch gebracht werden soll. Der Aufruf vermeidet Formulierungen, die Rechtsextremisten eine Zustimmung erschweren könnten. Rechtsextremisten sind keine Friedensfreunde, keine Pazifisten und auch keine Demokraten. Das zu übersehen und die Stoßrichtung dieses Appells damit zu entpolitisieren, wäre ein fataler Fehler und anti-aufklärerisch. Wenig überraschend wurde der Aufruf schon von führenden AfD-Politikern mitgezeichnet. Damit steht er in der Tradition der nach rechts offenen Aktionen von Teilen der Friedensbewegung aus dem Herbst 2022.

Es geht um den Kurs der Friedensbewegung

Mag sein, dass es zu anderen Zeiten in der “alten Friedensbewegung” der 80er Jahre egal war, “wer da noch mit unterschreibt”. Aber 2023 und nach der Beteiligung von Rechtsextremisten und Hooligans an sogenannten “Friedensdemonstrationen” ist das etwas anderes geworden. Was und mit wem, ist die Frage, die politisch-strategisch zu beantworten ist für jeden und jede Einzelne, die diesen Aufruf unterzeichnen. Das Konglomerat, das da jetzt zusammenfindet, aber nicht zusammen gehört, ist keine neue Friedensbewegung, hat in Wirklichkeit kein gemeinsames politisches Ziel.

Es ist möglich, auch in dieser Frage friedenspolitische Forderungen zu formulieren, die nicht für Rechte und Rechtsextreme anschlussfähig sind. Zwei so erfahrene Autorinnen wie Wagenknecht und Schwarzer wäre dies ohne weiteres möglich gewesen. Wenn dies trotzdem nicht geschehen ist, ist das sicher kein Versehen. Insoweit hat Oliver Nachtwey mit seiner Kritik und Analyse über das Entstehen einer potentiell konservativen, antilinksliberalen und „queren“ Neuausrichtung deutscher Intellektueller Recht. Sie vereint dabei die Angst vor „kultureller Überfremdung”, also einer liberalen Flüchtlingspolitik, eine feindliche Haltung gegenüber der LGBTQ-Community, die Sicht auf den Ukraine-Krieg wie oben beschrieben und eine bestimmte Sicht auf Pandemie- und Impfmaßnahmen. Die Anschlussfähigkeit des Textes ist damit kein Zufall.

Roland Appel und Dieter Hummel waren 1986-1988 Mitinitiatoren und Sprecher der Volkszählungsboykott-Bewegung für Bürgerrechte und haben darüber gemeinsam publiziert. [“Vorsicht Volkszählung!”,”Die neue Sicherheit” u.v.a.]  Dieser gemeinsame Text entstand nach 35 Jahren politischer Tätigkeit in unterschiedlichen Zusammenhängen. 

Über Roland Appel und Dieter Hummel:

Unter der Kennung "Gastautor:innen" fassen wir die unterschiedlichsten Beiträge externer Quellen zusammen, die wir dankbar im Beueler-Extradienst (wieder-)veröffentlichen dürfen. Die Autor*innen, Quellen und ggf. Lizenzen sind, soweit bekannt, jeweils im Beitrag vermerkt und/oder verlinkt.

13 Kommentare

  1. Renate Spannig

    Danke für die Gegendarstellung..gerade als Katholikin und Friedensbewegte wünsche ich mir nichts sehnlicher als Frieden. Aber hier geht es darum die Ukraine zu unterstützen und ein diktatorischen Regime unter Putin auf lange Sicht zu verhindern. Leider konnte der 2. Weltkrieg auch nur mit Waffengewalt beendet werden….

    • A.Holberg

      da haben Sie sich mit der Ukraine, in der schon vor dem Krieg oppositionelle Parteien und Medien mindestens so verboten waren wie in Russland und in der eine Stepan Bandera zum Nationalhelden erkoren und ihm zahlreiche Denkmäler gebaut worden sind, die idealen Kämpfer gegen die “Putindiktatur” ausgesucht. Zur Erinnerung; dieser Stepan Bandera war nicht etwa ein blutiger Faschist, weil seine “Organisation Ukrainischer Nationalisten” (OUN-B) mit der Wehrmacht zusammen gegen Stalins “Rote Armee” gekämpft hat – das gehört zum üblichen Fehler aller Nationalisten (“Der Feind meines Feindes ist mein Freund”) – , sondern weil sie sich mit Begeisterung am Holocaust beteiligt hat und überdies noch Abertausende Polen massakriert hat. Faschisten gibt es natürlich überall, auch in Russland. Aber anders als z.B. in Russland stehen schwerbewaffnete faschistische Verbände wie z.B. die Asow-Brigade in der Ukraine als eigenständige militärische Einheiten in der Ukraine an vorderster Front.

  2. W Nissing

    Es ist euch unbenommen, an dem Aufruf rumzugreinen und mimimi und das fehlt und das darf aber nicht vorkommen blablabla…..
    Bleibt ruhig in eurem gedanklichen Schützengraben, ihr liegt ja nicht im Realen, deshalb:
    https://koelner-friedensforum.org/den-frieden-gewinnen-nicht-den-krieg-stoppt-das-toeten-in-der-ukraine-waffenexporte-stoppen-waffenstillstand-und-friedensverhandlungen-jetzt/

  3. klemens roloff

    Sehr geehrter Herr Appel, sehr geehrter Herr Hummel,

    herzlichen Dank und bravo, wie Sie den brandgefährlichen Unsinn der Damen Wagenknecht und Schwarzer auseinander nehmen. Denn wenn der pazifistische Bazillus erst einmal weite der Teile der Bevölkerung erfasst hat, dann gnade uns Gott!

    Vor allem möchte ich Ihnen an dieser Stelle herzliche Grüße von Rheinmetall-Chef Armin Papperger übermitteln. Ich traf ihn am Wochenende auf dem Maskenball der Roten Funken in Köln. (Er war incognito aus Düsseldorf angereist; und er fiel auch nicht auf, denn es galt Maskenzwang.)

    Rheinmetall macht sich Sorgen für den Fall, dass der Krieg vorschnell in Friedensverhandlungen münden sollte. Es geht um viel Geld. Rheinmetall will der Ukraine seinen neuen High-Tech-Panzer „Panther“ liefern, das Folgemodell des „Leopard 2“. Die Verhandlungen mit Kiew sind schon im Gange. Außerdem beabsichtigt der Düsseldorfer Konzern, Kiew seinen Schützenpanzer „Lynx“ zu verkaufen. Den „Lynx“ hat Rheinmetall bisher nur in Ungarn absetzen können, wo er auch gefertigt werden soll. Ein erfolgreicher Einsatz im Ukraine-Krieg könnte sich auf dem internationalen Markt als verkaufsfördernd erweisen.

    Über die beiden Projekte hatte in der vergangenen Woche erstmals das in Düsseldorf erscheinende „Handelblatt“ berichtet (10. Februar 2023). Papperger stellt laut „Handelsblatt“ in Aussicht, die ersten Kampfpanzer „Panther“ (KF 51) „in 15 bis 18 Monaten“ liefern zu können, monatlich etwa drei bis fünf, perspektivisch wohl „bis zu sieben Panzer pro Monat“. Darüber hinaus bietet Rheinmetall Kiew an, für die Fertigung des „Panther“ ein Werk in der Ukraine zu errichten. Voraussetzung dafür sei allerdings, „dass der Krieg beendet ist“. Auf lange Sicht setzt Rheinmetall auf die Entwicklung des ukrainischen Rüstungsmarkts. „Die Ukraine wird als Grenzstaat zu Russland immer gefährdet sein“, glaubt Papperger. Sie werde daher im Bereich der Landstreitkräfte „die höchste Befähigung brauchen“.

    • w.nissing

      jaaaa, endlich mal fein ziselierte Gründe und nicht immer das Geschwurbel mit Gewissen und Moral sondern hier mal Stahlharte (sic) Werte.
      zwinkersmylie

  4. w.nissing

    vielleicht noch als Ergänzung zur Entstehungsgeschichte von vorgenanntem Beitrag (also nicht meinem Kommentar! ) Ich finde, da sind so viele schräge Verknüpfungen und Zuschreibungen drin……
    https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Alkoholkonsum

    PS: der “Lupenreine”, wenn man schon alles Böse auf der Welt auf Ihn projiziert , hat immerhin eine Zuspruchsquote in RU, von der hiesige “Lupenreine” nur träumen können. Aber vll rühren daher ja auch die hiesigen Allmachtsfantasien.
    pps ist das mit den alkohlol zu anzüglich? Dann nehme ich das wieder zurück.

    • Roland Appel

      Jeder nach seinen Bedürfnissen und seinen Fähigkeiten. (Karl Marx)

  5. Hanspeter Knirsch

    Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine habe ich etliche Beiträge für den Extradienst geschrieben. Mit vorformulierten Aufrufen habe ich immer schon meine Probleme gehabt, wie meine politischen Weggefährten wissen. Das gilt auch für den Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer. Gleichwohl ist die Forderung nach einer Alternative zum von der Nato angestrebten Siegfrieden berechtigt. Es gibt mittlerweile viele Narrative zu diesem Krieg, denen ich in diesem Rahmen nur wenige Punkte entgegen setzen will:
    1. Es wäre nicht Neokolonialismus, wenn Deutschland seine Waffenlieferungen mit politischen Initiativen verbinden würde.
    2. Welche Strategie Deutschland in diesem Krieg verfolgt, den wir zwar nicht führen, an dem wir aber längst nicht unbeteiligt sind, gehört ganz oben auf die politische Agenda.
    3. Es liegt nicht im Interesse Deutschlands, wenn dieser Krieg noch lange weiter geführt wird.
    4. Die Schlüssel für eine schrittweise Beendigung dieses Krieges liegen in Moskau und Washington. Da die USA bisher wirtschaftlich zu den größten Nutznießern dieses Krieges gehören, stellt sich die Frage nach dem politischen Gewicht Europas im Geleitzug mit anderen politischen Machkonglomeraten.
    5. Anknüpfungspunkte gibt es in Südamerika, Asien und Afrika. Hier liegt ein weites Betätigungsfeld für deutsche Außenpolitik. Eine transnationale Sicherheitsarchitektur wäre den Schweiß der Edlen wert.

  6. Helmut Lorscheid

    Ich finde es wunderbar, dass die Panzer-Koalition in Europa zerbröselt. In Belgien und den Niederlanden scheint doch noch mehr Verstand in der Politik zu sein, als in Berlin. Wer soll eigentlich die deutschen Panzer warten? Dieses Zeug mußte sich noch nie in einem Krieg bewähren, ist aber wie alle hoch modernen Waffen sehr anfällig und wartungsintensiv. Finnland, die rund 200 Leopard 2 Panzer haben, will erst liefern, wenn die NATO sie aufgenommen hat. Eine fragwürdige Haltung, aber ok – Hauptsache sie liefern auch nicht. Die US-Regierung hat auch keine rechte Lust mehr an diesem Krieg und möchte ihn los werden. Sie werden auf kurz oder lang diese ukrainischen Krieger genau so im Stich lassen, wie zuvor die von US-Geheimdiensten zunächst mit aufgebaute “Freie Syrische Armee”. Vielleicht kommt ja so doch noch eine Situation zustande, die den Krieg beendet und Verhandlungen ermöglichst. Schade dass unsere amtierende Außenministerin keine Ahnung von ihrem Job hat und für Diplomatie völlig ausfällt. Manche sind eben zu dumm für die Posten, die sie inne haben. Baerbock ist das ein Musterbeispiel, Sie agiert , als sei sei ferngesteuert von US-Politikern und Alt-Maoisten.

    • Martin Ottensmann

      Lieber Helmut
      Ich bin auch gegen die Leopard-2- Lieferungen, die Gründe sind bei mir: Wir brauchen sie selber für die Landesverteidigung und zur Stärkung der NATO. Zudem müsste eine Lieferung an klare Bedingungen geknüpft sein. Wer sagt wir gaben der Ukraine alles was sie will, und zahlen es auch noch, der treibt dieses Volk einen Stellungskrieg mit hunderttausenden von Toten um jeden Meter von zerstörten Städten und Landesteilen zurück zu erobern.
      Deinen Rundumschlag gegen unserer Außenministerin teile ich nicht.
      Nicht alles klappt bei ihr, der Satz “Im Krieg mit Russland” war ein nogo.
      Ihre diplomatischen Initiativen in der UNO, in Indonesien mit der beleidigten Abreise vom russischen Außenminister und die Unterstützung von Moldawien sind große Erfolge von ihr und ihrem Team.
      Schade wenn Du so mit solchen Rundumschlägen argumentierst. Keine Ahnung kann dann ruck zuck auf einen selbst zurück fallen.

  7. Gernot G. Herrmann

    Fein, eine der wenigen Friedensinitiativen in Deutschland, die wenigstens ein paar hunderttausend Unterstützer*innen finden, wird erstmal von zwei Männern kritisiert. Weil zwei Frauen die ins Leben gerufen haben? Früher nannte man Schwarzer und Wagenknecht Hexen. Können da unbewusste Emotionen eine Rolle gespielt haben.
    Oder doch nur der Wunsch “Ich weiß es besser”?
    Zur Sache: Seit Jahrzehnten versuchen USA und EU, die Ukraine dem westlichen Bündnis einzuverleiben. Und wenn das nicht demokratisch geht, dann mit Putsch und Putschversuchen, Gleichzeitig bestand schon lange die Möglichkeit, Russland ins europäische Haus zu holen. Warum nicht genutzt? Weil die USA keinerlei Interesse an einem selbstbewussten und unabhängigen Europa hatte.
    Oder, wundert es einen nicht, dass die ukrainische Armee zwar der russischen Armee standhalten, sie sogar an einigen Stellen zurückdrängen konnte, aber die paar verirrten Rebellen im Donbaz nicht in den Griff kriegte?
    Nur um das klarzustellen. Der Überfall Russlands ist ein Kriegsverbrechen und durch nichts zu rechtfertigen – aber sieht es nicht manchmal auch so aus, als habe Selenski, dessen Stern im Sinken begriffen war, darauf gewartet.
    Jetzt werden Waffen geliefert. Die deutsche Presse überschlägt sich (zurückhaltend FR, vorneweg taz), deutsche Politiker*innen können garnicht genug fordern (Bei Frau Strack Zimmermann versteht man das ja noch, wenn der Wahlkreis in Rheinmetall-Land liegt), aber der Toni und die Annalena und der Robert – alles vergessen, was mal Grundlage der grünen Politik war (erinnert sich noch jemand an den Krefelder Appell?). So werden dann erstmal die alten Bestände rübergeschoben. Kaufen will die ja keiner, und die nehmen nur Platz weg. Ob die einer bedienen kann – egal, Hauptsache weg und noch ein gutes Werk getan. Warum fragt eigentlich keiner, wer von dem Krieg profitiert, der so weit weg von den USA und so nahe an Deutschland stattfindet. Keine Furcht vor Eskalation? Nein – erst mal klären, dass Schwarzer und Wagenknecht Unrecht haben und die bislang 200.000 Unterzeichner*innen dumm sind.
    Es mag ja möglich sein, dass dieser Aufruf den Krieg nicht beendet – aber diese “fein ziselierte” Kritik tuts mit Sicherheit nicht.

    Wir sehen uns beim Ostermarsch! Und ich zumindest habe unterschrieben. Lieber dumm als besserwisserisch!

    • Martin Ottensmann

      Ja früher haben meine Frau und ich den Ostermarsch in München jahrelang mit organisiert.
      Ja früher haben wir mit dem Krefelder Apell das Bündnis von den der F.D.P. /SPD , über die Christen bis zum DKP-Spektrum zu einer Friedensbewegung zusammengehalten.
      Wenn die DKP aber heute Plakate mit dem NATO-Krieg in der Ukraine klebt sind diese selbst eine Kriegspartei, aber auf der Seite des autoritären revisionistischen Angriffskriegers Putin.
      Wer jetzt friedenspolitisch aufklären will wie der militärindustrielle Komplex seine zerstörerische Macht ausbaut, der sollte seine Analyse auf die Rüstungsproduktion in Russland und im Iran ausweiten. Von dort kommen die Angriffswaffen.

      Ich gehe zur Zeit auf keinen Ostermarsch mit der Kriegspartei DKP.
      Russland hat uns den Ausbau der Rüstungsindustrie aufgezwungen, die NATO aus ihrem Bedeutungsloch geholt und viele Russen in der Ukraine davor abgeschreckt jemals wieder von Moskau dominiert zu werden.

      Hier in München bei der wiederbelebten “Wehrpolitische Tagung” gab es an diesem Wochenende zahllose “Friedensdemonstrationen”, von der AFD mit den “Querdenkern” über die die Altlinken bis hin zu den Ukrainischen mit Toni und anderen Protagonisten die grenzenlos Waffen für den Frieden fordern. Dazu kam die Opposition aus dem Iran, die zurecht sagt es gibt noch mehr Konflikte in der Welt als das in der Ukraine. Kein

      Keine der Protestkundgebungen schaffte es mich zu begeistern.
      Den Ostermarsch-Aufruf in München habe ich wieder zugeschickt bekommen, kann ihn aber auch wieder nicht unterzeichnen. Es fehlt die politische Breite des Krefelder Appels, es stehen mir zu viele DKP-Narrative drin.

      Es ist nicht die Zeit für plakative verdummende Lösungsansätze, sondern für die Entwicklung von antimilitaristischen Lösungsansätzen. Nicht nur für die Ukraine sondern auch zum Beispiel für Afrika, auf dem Kontinent spielen sich China und Russland als die neuen Kolonial-Herren auf.

      Viel Spaß auf dem Ostermarsch – ich hoffe für Euch es kommen keine Rechten.

  8. Claudia Regina Winck

    Auf Facebook wurde ich von einem Bekannten aufgefordert, die dem Manifest anhängige Petition zu unterschreiben.
    Meine Antwort lautete folgendermaßen:
    Nein, ich habe keine Minute, noch nicht einmal eine Sekunde, um Zarenknecht zu helfen. Ein Ende der Waffenlieferungen bedeutet, dass Putin siegt. Sie verfolgen Putins Agenda der Angstmacherei. Es sind doch nicht die Waffenlieferungen, die den Krieg am Laufen halten, sondern Russland als Aggressor, der die Ukraine überfallen hat. Russland trägt also die Verantwortung für Tod und Leid in der Ukraine, für die Vertreibung des ukrainischen Volkes, für die Verschleppung ukrainischer Kinder. Was Russland 2014 mit der widerrechtlichen Annexion der Krim begonnen hat, will es nun mit der Zerstörung der Gesamtukraine beenden. Waffenlieferungen stoppen, Verhandlungen mit einem Kriegsverbrecher, der unendliche Gräueltaten an der ukrainischen Bevölkerung begangen hat – und gar nicht an einem Waffenstillstand interessiert ist?
    Glaubt man wirklich ernsthaft, dass Putin sich zurückziehen und die Ukraine in Ruhe lassen wird?
    Ist man bereit, die Ukraine zu opfern?
    Hat man Putins imperialen Großmachtsphantasien nicht zugehört?
    Schon jetzt zeichnet sich ab, dass auch Moldau von prorussischen Kräften unterwandert wird.
    Es endet n i c h t mit der Ukraine.
    Und Putins Wort ist keinen Heller wert – er hat doch auch versichert, die Ukraine nicht angreifen zu wollen – was Frau Wagenknecht ihm auch glaubte und ihn bei Anne Will noch vehement verteidigte.

    Hier wird meisterhaft zugunsten Putins Agenda argumentiert – und diese subversiv in die Gesellschaft geträufelt.

    Ich bin wahrhaftig kein Falke.
    Aber auch keine naive Taube.
    Sondern Pragmatikerin und Realistin.

    Und dass wir tatsächlich in einer Zeitenwende leben, hat anscheinend noch nicht jeder begriffen.

    Verhandlungen werden notwendig sein – aber nicht, indem die Ukraine geschwächt wird, wie dieser seltsame Appell es wohl billigend in Kauf nehmen würde. Was maßen sich die Unterzeichner an, über das Schicksal eines ganzen Volkes entscheiden zu wollen?
    Verhandlungen sind nur aus einer Position der Stärke heraus möglich, will man die Ukraine nicht Putin,Prigoschin und Kadyrow zum Fraß vorwerfen.

    Und dann stellt sich auch die Frage, w e r da mit am Verhandlungstisch sitzt.
    Für Putin ist es doch längst schon ein Stellvertreterkrieg geworden – der wahre Gegner heißt USA.

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