Beueler-Extradienst

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ePA gnadenlos! Ab 29. April 2025, no way back!

Beginnen wir mit einer kleinen Medienkompetenzübung – wir wissen, dass es notwendig ist. Nur eine der folgenden – nennen wir es alternativen Fakten – ist nicht völlig frei erfunden.

1. Ball of Trump

Donald Trump, Immobilienmakler  (Spitzname Florida Orange) erlässt eine „executive order“, dass der Mond ab 29. April 2025 nur noch „Ball of Trump“ genannt werden darf, um unfairen Immobilienspekulationen vorzubeugen. Diese Regelung gilt weltweit.

2. Wahlbetrug

Tino Chrupalla, Maler und Lackierer (Spitzname Pinsel), weist alle AfD-Wähler an, die sich ihrer demokratischen Stimme sicher sein wollen und um Wahlbetrug auszuschließen, grundsätzlich die Wahlzettel eigenhändig und deutlich lesbar zu unterschreiben.

3. Rabattzwang

Friedrich Merz, Lobbyist (Spitzname Fritze), schlägt einen Rabattzwang für Datenspenden vor. Wer der Nutzung seiner Patientendaten zustimmt, soll einen Rabatt von 10 Prozent auf seine Krankenkassenbeiträge erhalten.

Zugegeben, das ist nicht einfach, fragt sich nur, welchen Lack die gesoffen haben, um so was rauszulassen. Bei Trump gehe ich davon aus, dass er es noch sagen wird. Chrupalla könnte es in einer Bierlaune halluziniert haben und Merz fabuliert tatsächlich, wer den Datenaderlass zulässt. „… bekommt 10 Prozent weniger Krankenversicherungsbeiträge als derjenige, der Angst hat und sagt, ich will das nicht.“ Mich gruselt das, zumal der nächste Gesundheitsminister oder gar Ministerin einer seiner Spießgesellen oder Spießgesellinnen der CDU sein wird. Der Beitrags-Knall für die Kassenpatienten kommt, wie nicht nur bei merkur.de angemerkt wird.

Wo sollen die 10 Prozent Rabatt herkommen? Bleibt nur den Datenschatz der ePA (elektronischen Patientenakte) endlich zu heben, der wäre gewinnbringend an Amazon, Google, Facebook und Microsoft abzugeben. Die wissen sogar, wie daraus ein ansehnlicher Mehrwert gezaubert wird, das geht sogar völlig zollfrei. Vor allem, es ist keine Belastung für uns, jeder Benefit aus solchen Geschäften landet grundsätzlich nicht hier, wir zahlen, das ist der Deal.

Allerdings wäre der Aufschrei unserer prüden Datenschützer laut, das aber lässt sich beherrschen. Vor den rund 70 Millionen möglichen Datenspendern haben nur rund fünf Prozent widersprochen, das ist als aktive Zustimmung zu werten, eine satte Mehrheit von 95 Prozent ist offensichtlich mit den Vorzügen der elektrischen Patientenakte (ePA) bestens vertraut und hochzufrieden. Wäre dies nicht der Fall, wäre eine kaum beherrschbare Widerspruchswelle durch unser Land geschwappt. Wir sehen: das ist nicht geschehen!

Jetzt müsste unser Zukunftskanzler nur noch sein Versprechen einlösen und die zehn Prozent Rabatt überweisen, wahrlich ein Milliardengeschenk. Bei dieser Art von Kompetenzsimulation bleiben nur die Krankenkassen, die das bezahlen müssen. Das ist ein richtig ausgefuchster Plan. Vor allem die privaten Krankenversicherer müssten im Rahmen der Gleichbehandlung auch davon profitieren. Die aber haben nichts zu verschenken, könnte also nur über Steuergeld finanziert werden. Die Genialität dieses Vorschlages hat absolute Trump-Qualität.

Bei allen Bemühungen um alternative Fakten sollten wir nicht übersehen, dass zuvor die ePA nur angelegt wurde, wenn der aufgeklärte Patient darauf bestanden hat. Anhand der Zahlen waren es nur rund fünf Prozent, die es aktiv wollten. Oder anders: mit der trägen Masse Wahlvolk können die alles machen.

Nachfolgerin von Gesundheitsminister Lauterbach – dem Proporz sei damit Rechnung getragen – wird Nina Warken, verdiente Juristin und für den Krisenfall bestens gerüstet. Sie wurde 2016 in den Gemeinsamen Ausschuss des Deutschen Bundestages gewählt, der kommt zum Einsatz, wenn hier alles in Schutt und Asche liegt. Es ist unser Notfallparlament und arbeitet, wenn dem Bundestag unüberwindbare Hindernisse im Wege stehen.

Ursprünglich war für das Amt Timo Sorge vorgesehen, ebenfalls Rechtsanwalt, der sich seinen Schwerpunkt „Digitalisierung und Gesundheitsforschung“ fachfremd hart erarbeitet haben muss. Er befasste sich unter anderem mit der „Entwicklung und Etablierung der Telematik-Infrastruktur und der elektronischen Patientenakte“, fehlte aber schon mal im Bundestag, weil er unbedingt seinen Jagdschein machen musste.

Nina Warken hat leider keinen Jagdschein – aber ansonsten kann die Überraschungskandidatin mit Sorge durchaus gleichziehen.

Nach Lauterbach endlich eine Ministerin, die den „Wirtschaftszweig Gesundheit“ juristisch überblickt, denn medizinisches Fachwissen und Digitalkompetenz schränken jede Weitsicht ein.

Aber sonderlich viel Digitalkompetenz ist beim Sorgenkind Gematik nicht notwendig, es ist für alle Fehler genug Kassengeld vorhanden. Und sollten ein paar Daten abhandenkommen, werden 70 Millionen Bundesbürger still schweigen. Sie wussten ja, was sie tun, sonst hätten sie widersprochen.

Einzig unsere Kinder kommen mit einem blauen Auge davon

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärztinnen (BVKJ) kam mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) darauf, Kinder und Jugendliche besser zu schützen – also vor der ePA. Die neue Richtlinie ermöglicht es den Kinderärzten auf den Datenderlass zu verzichten, „sofern dem erhebliche therapeutische Gründe entgegenstehen“ oder „gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eines Jugendlichen vorliegen und die Befüllung der elektronischen Patientenakte den wirksamen Schutz des Kindes oder Jugendlichen in Frage stellen würde“.

Ich denke, das trifft nicht nur auf sämtliche Jugendlichen bis 15 Jahren zu! Alle anderen ärztlichen Stilrichtungen müssen die Befüllung der ePA ungebremst anrichten – es seie denn, der informierte Bürger hat eine Gewissensentscheidung getroffen und Widerspruch eingelegt.

Diese wertvolle Patientenklientel spart im Praxisbetrieb wertvolle Arbeitszeit und die steht für Behandlungen und Diagnosen zur Verfügung.  Die Praxisverwaltungssysteme sind im Workflow für die ePA in den Praxen im Testbetrieb kaum ausreichend geprüft, die Funktionalität der ePA 3.0 macht eher den Eindruck einer Beta-Version. Trotz alledem wird die Zwangseinführung für den 29. April 2025 angeordnet.

Die Roadmap zur ePA 3.0 gleicht einem Kessel Buntes und wird auch gar nicht mehr aktualisiert. Positiv beleuchtet nennt sich das „agile Softwareentwicklung“, kein Plan, aber schon mal machen. Und damit haben die Ärztinnen und Ärzte auch wieder Zeit, denn wenn sie die Befüllung der ePA nicht sofort vollführen, drohen ihnen erst ab dem nächsten Jahr Einschränkungen, was die Abrechnung angeht.

Melanie Wendling, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Gesundheits-IT (bvitg), sagt denn auch dazu: „Es ist zum Kochen zu spät, wenn man auftragen soll

Offiziell haben sie jetzt auch noch erkannt, dass es nicht möglich ist, einzelne Inhalte nur für bestimmte Ärzte freizugeben, also alles oder gar nichts. So erfährt mein Zahnarzt zwangsläufig von meiner Angstneurose, die mein Psychotherapeut diagnostiziert hat. Was vielleicht sogar ganz praktisch sein kann, aber muss er auch wissen, dass ich wegen meines exzessiven Alkoholmissbrauches in der Landesnervenklinik war?

Und was geschieht, wenn unsere Gesundheitsdaten in die falschen Hände kommen? Damit sind nicht die vielfältigen Löcher gemeint, die der Chaos Computer Club (CCC) aufgezeigte und die nur schlampig gestopft wurden, um die ePA durchzupeitschen.

Gemeint ist diesmal der legitime Zugang. Nehmen wir zum Beispiel Robert F. Kennedy Jr., der schon 2005 seine Verschwörungstheorien zu Autismus bei Mumps, Masern, Röteln-Impfungen verbreitete und behauptete, dass sich Amerikas Pharmaindustrie an diesem Impfstoff bereichere. Damals war er noch einfacher Anwalt. Mit Trump wurde er der oberste Gesundheitsbeamte Nordamerikas, vulgo Gesundheitsminister, da wird dann zur Wahrheit, was er denkt. Und schon sprudelt aus ihm: „… dass autistische Kinder niemals Baseball spielen oder Steuern zahlen würden.“
Um dieser Plage Herr zu werden, lässt er ein nationales Autismus-Register mit privaten Gesundheitsdaten anlegen. Daten werden von Apothekenketten, Labortests, Smartwatches und mehr gesammelt.

Darf ich fragen, was der vorhat?

Merke: Nur Daten, die vorhanden sind, lassen sich auch missbrauchen.

Wie bei uns demnächst Mehrheiten gebildet werden, steht in den Sternen, Verschwörungstheoretiker tummeln sich ebenfalls im Bundestag – gib Ihnen die rechte Macht und sie geben es uns.

Bleibt nur ein Ausweg, den das gemeine Wahlvolk nicht gehen kann:

Widerspruch – alles andere ist zwecklos! Hier klicken, es ist ganz einfach, hinterlässt keine Streifen und ist sogar kostenfrei.

Na, geht doch!

Update 1. Mai 2025
Schon einen Tag nach der bundesweiten Zwangseinführung werden neue Sicherheitslücken entdeckt, wie der Spiegel berichtet. Stolz verkündet die Gematik vor dem brennenden Bauwerk, es wäre nur theoretisch der Zugriff auf Patientenakten vereinzelt möglich gewesen. Aber dieses Loch sei sofort gestopft worden. Wenn wir uns die Gematik wie ein Sieb vorstellen, ist noch viel Flickschusterei notwendig. Dennoch freut sich der scheidende Gesundheitsminister Lauterbach, dass die Gematik so schnell reagiert hat. Martin Tschirsich – Sicherheistexperte vom CCC –  wird mit den Worten zitiert: „Man hat ein zusätzliches Vorhängeschloss an die Tür gemacht, doch der Schlüssel liegt weiterhin unter der Fußmatte.“ Abgesehen von der nutzlosen Wirkung wird die ePA damit auch immer unbedienbarer.

Über Christian Wolf:

Avatar-FotoChristian Wolf (M.A.) ist Autor, Filmschaffender, Medienberater, ext. Datenschutzbeauftragter. Geisteswissenschaftliches Studium (Publizistik, Kulturanthropologie, Geographie), freie Tätigkeiten Fernsehen (RTL, WDR etc.) mit Abstechern in Krisengebiete, Bundestag Bonn und Berlin, Dozent DW Berlin (FS), Industriefilme (Würth, Aral u.v.m), wissenschaftliche und künstlerische Filmprojekte, Projekte zur Netzwerksicherheit, Cloudlösungen. Keine Internetpräsenz, ein Bug? Nein, Feature. (Digtalpurist)

9 Kommentare

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    Netrant, P.

    Jetzt sehe ich gerade, der 29. April, das war gestern. Nimmt meine Kasse den Widerspruch noch an? Oder bin ich jetzt dem ausgeliefert, was in dem Artikel angedroht wird?

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      Christian Wolf

      Sicherlich ist ein Widerspruch jederzeit möglich, theoretisch müssten in diesem Fall auch alle Einträge und Dokumente gelöscht werden. Aber alle Daten, die bereits weiter verarbeitet wurden, können kaum nachträglich gelöscht werden. Weil sie höchstens pseudonymisiert sind, lassen sie sich also wieder zuordnen. Und um die Gültigkeit des Widerspruchs erkennen zu können, bleiben Basisdaten erhalten.

      Dennoch ist Eile geboten, auch wenn noch kein Arztbesuch anstehen sollte, denn seit 29. April 2025 fließen schon sämtliche Abrechnungsdaten der Krankenkassen in die ePA ab – und was damit geschieht? Wir wissen es nicht.

      Deshalb, schnell noch das Bier austrinken und los, der Link zum Widerspruch ist im Artikel…

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    Ralf Brzoska

    Kann ich denn auch nach dem 29. April widersprechen? Ich habe es bislang verpasst, aber ich sehe, es scheint notwendig!

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    Ralf Brzoska

    Wie würde denn nach Meinung des Autors eine ePa sinnvoll aussehen?

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      Christian Wolf

      Eine sichere Alternative wäre ein Faxgerät, weil damit auch in den Praxen keine weitere Einarbeitung notwendig wäre. Eine ePA sollte so angelegt sein, dass sie den Versicherten einen klaren Benefit verschafft und die Kommunikation von Arzt zu Arzt und zum Patienten effizient ermöglicht. Was haben wir jetzt? In Rheinland-Pfalz gibt es die ersten Coaches, die den Armen, Alten, Kranken und Siechen bei der Bedienung helfen, sogar ehrenamtlich. Bleibt für mich die Frage übrig, warum sie nicht widersprochen haben. Nein, eigentlich nicht, die ePA ist so angelegt, dass sie nicht den Patienten hilft, darum ging es nicht.

      Vielleicht sollte ich einmal zeigen, was sinnvoll gewesen wäre, kostengünstiger und im Sinne der Patienten und der Ärzte – auch wenn es zu spät ist.

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    Arthur Zupf

    Ist denn auch nach dem 29.04. ein Widerspruch möglich?

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      Christian Wolf

      Mein lieber Arthur Zupf, ein Widerspruch ist immer möglich! Aber es gibt auch den Widerspruch ohne Widerspruch einzulegen, zum Beispiel bei der Barmer Ersatzkasse. Da sind letzte Woche wieder so üble Hacker rein und haben wild Widersprüche verteilt. Gute Jungs! Und wer ist Schuld? Das BSI (unsere Sicherheitsbehörde) und die BfDI (unser Bundesdatenschutzbehörde) bemerken jetzt, dass sie zwar warnen dürfen, wenn die Gematik mal wieder einen Rohrkrepierer zündet, können aber keine Dummheit verhindern. Zu besseren Zeiten hatten BSI und BfDI ein echtes Vetorecht, vorbei! Hat die Gematik abgeschafft, damit sie bedingungslos rumwirtschaften können, wie sie wollen. Es hält ja nur auf, sich auch um Datenschutz und Sicherheit zu kümmern. Ich bin nur froh, dass die bei der Gematik keine Autos bauen, die zwangsweise verteilt werden – dann hätten sie die Bevölkerung ausgerottet! Aber sie haben nur unsere Daten verscheuert, die Zeche zahlen wir später. Erfinde ich das alles? Ne, kam gerade frisch auf den Tisch, hier:

      https://www.heise.de/news/ePA-Unzulaenglichkeiten-Bundesdatenschutzbeauftrage-fordert-Veto-Recht-zurueck-10380629.html?wt_mc=nl.red.ho.ho-nl-daily.2025-05-13.ansprache.ansprache

      Also, ich persönlich würde jetzt nicht darauf warten, bis irgendwelche Hacker einen Widerspruch für mich eingelegt haben.

      Noch Fragen? Nein? Setzen!

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    Martin Böttger

    Ist denn sicher, dass die auch keine “digitalen Stellwerke” bauen, wie derzeit u.a. in Köln und Bad Godesberg?

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      Christian Wolf

      Da bin ich der festen Überzeugung, das rühren die nicht an! So ein Stellwerk lässt nicht verkaufen und für Sicherheit können die sich bis heute nicht erwärmen. Über die Software müssen wir nicht reden, die verursacht nur das, was die Gematik im Überfluss hat: Kosten! Geld haben die genug. Die Bahn sollte aber prüfen, ob deren Berater nicht auch mal für die Gematik tätig waren, das wäre allerdings gefährlich, sehr gefährlich!

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