Best of 1. März: Krieg und Eskalation, Flüchtlinge, Klima, USA, Polumkehr, 11 min. Bewegung
In meiner politischen Jugend kannte ich den Begriff “Ideologie”. “Narrativ” kam erst in den angeblich “postideologischen” 90ern auf. Wikipedia bezeichnet es als “eine sinnstiftende Erzählung …, die Einfluss auf die Art hat, wie die Umwelt wahrgenommen wird”. In der Computerzeitschrift chip nennen sie es ähnlich “eine sinn- und wertstiftende Erzählung. Sie erzählt keine historischen Fakten, sondern vermittelt ein bestimmtes Bild, das zum Beispiel eine Nation, eine Kulturgemeinde oder eine andere Art von Wertegemeinschaft miteinander teilt”. Also doch eine Ideologie.
Ideologien sind nichts verwerfliches, obwohl sie es uns in den Schulen der West-BRD so beizubiegen versucht haben: “Rot gleich Braun” als Entlastungserzählung des postfaschistischen Deutschland. Heute würde mann sagen “Narrativ”, damals nannten wir es Totalitarismusideologie – sie wurde auch am Bonner Seminar für Politische Wissenschaften gelehrt. Ideologien können sogar emanzipatorisch sein – doch gemäss den Gesetzen kapitalistischer Produktion sind die meisten, die den Ideologiefabriken entfliessen, das Gegenteil.
Recht empfindlich haben die Narrativchefs der mächtigsten deutschen Medien auf die trotz schlechtesten Wetters unbestritten fünfstellige Zahl von Demonstrant*inn*en für das Schwarzer/Wagenknecht-“Manifest für Frieden” (ca. 720.000 Unterzeichnungen) reagiert. Ich würde es blamabel unsouverän nennen. Das gibt der Gegenseite mächtig Auftrieb. Soll es das? Werden diese Gegnerinnen in schlauer dialektischer Absicht so geliebt, dass sie zielgerichtet durch Aufmerksamkeitssteigerung auch politisch aufgewertet werden sollen? Mann wird ja wohl noch fragen dürfen … Oder sind die einfach nur blöd? Ich vermute Letzteres.
Das MDR-Magazin “Fakt”, produziert für das ARD-Programm, hat sich jedenfalls maximal bescheuert angestellt. Hier bei der Emma können Sie alle Originaltexte nachlesen und sich ebenso, dort verlinkt, das öffentlich-rechtliche von uns bezahlte Leistungsprodukt anschauen. Bei der ARD ist immer noch nicht angekommen, wie viel Transparenz “heutzutage” möglich ist. Folgerichtig fehlt in der dortigen Mediathek jegliche Kommentarmöglichkeit. Die Damen und Herren Intendant*inn*en, Programmdirektor*inn*en und Rundfunkrät*inn*e*n fürchten nichts mehr als den Kontrollverlust (und ihre eigene Überflüssigkeit). Und mit wie viel Arbeit das verbunden ist. Professionelle Moderation liesse sich nicht billig auf den Philippinen erledigen.
So kommt dann sowas. Kaum minder dämlich solche Wagenknecht-Apologetik. Solche Gegner*innen brauchen und lieben sich. Spektakel ist gesichert.
Entsprechend affig wird nun gestritten, was bei der Berliner Demo wie gewesen ist, und was nicht oder ganz anders. Es geht nicht um Symbolik für deutsche TV- und Handy-Kameras, sondern um Politik. Wie wäre es z.B. mit diesem einen Satz im “Manifest” gewesen: “Wir leben in einem privilegierten und reichen Land und setzen uns gemeinsam dafür ein, dass es endlich Solidarität mit Kriegsflüchtlingen übt, egal welcher Religion, Hautfarbe, sexueller Orientierung oder Herkunft.” Nur mal so als Beispiel. Wie viele AfDler hätten das wohl unterschrieben?
Die alles überwölbende Frage
Guido Biland/overton: “Wie umgehen mit Atommächten? – Reflexionen zum Metakonflikt unserer Zeit. – Die westliche Welt steht heute vor der größten und schwierigsten Frage aller Zeiten: Was fängt man mit einer aggressiven Atommacht an?“
Auch wichtig zum Krieg
Ruslan Suleimanov (Interview)/telepolis: “Ukrainische Flüchtlinge in Russland: ‘Schulen sind momentan ein Ort der Propaganda’ – In Russland leben knapp drei Millionen Geflohene aus der Ukraine. Viele konnten sich die Fluchtrichtung aus dem Kampfgebiet nicht aussuchen. Ein Gespräch mit der Moskauer Flüchtlingshelferin Lida Moniawa.”
Noch wichtiger: Klima
Wolfgang Pomrehn/telepolis: “Dürren in aller Welt: Nahrungsmittel werden noch teurer – Energie und Klima – kompakt: Im Mittelmeerraum, Ostafrika und Südamerika bleibt der Regen aus, extreme Dürren sind die Folge. In Frankreich gelten bereits Beschränkungen beim Wasserverbrauch. Und was ist mit den Ernten?”
Bidens Gegner von Rechts
Leon Gerleit/telepolis: “USA: Grabenkämpfe der Republikaner – Wenn Angstmacherei und Kulturkampf-Propaganda bei der großen Wählerschaft nicht überzeugen – substanzielle Zerreißproben bei der Partei, die Joe Biden ablösen will und viel verspielt.”
Über uns
Am prächtig-sonnigen Nachmittag am Beueler Rheinufer – die erste Wespe des Jahres begrüsste ich auf meinem Balkon – sah ich am blauen Himmel die blasse Mondsichel. Aha, noch da, dachte ich. Denn ich hatte zuvor das hier gelesen: Martin Holland/heise: “‘Chaotischer Prozess’: Überlebenswichtiges Magnetfeld in Bewegung – Im Erdinneren brodelt es. Durch die Bewegungen entsteht das Magnetfeld. Die schützende Hand über der Erde ist in Bewegung und schwächelt mancherorts.”
In uns
So wie “jede’ Jeck'” ist auch jeder Stoffwechsel anders. Aber was sollen Spektakel-Medien mit so einer Weisheit anstellen? Differenzieren? Komplexität? Das klickt keine*r. Aber “11 Minuten Bewegung am Tag” – das ist der Burner. Das “ergibt” nämlich ein Zehntel weniger Sterbende. 21 Minuten am Tag sogar ein Sechstel. Das hat niemand gemessen oder gezählt, sondern das wurde errechnet in einer “Metastudie”, das klingt superduper, ist aber nur eine Auswertung bestehender Studien. Hier im Original.
Ich habs nicht gelesen, weil ich mich schon super-entlastet fühle. Ich bewege mich nämlich täglich, obwohl ich morgens nicht die geringste Lust dazu habe, über eine halbe Stunde täglich, zu Fuss und auf dem Fahrrad. Ich bin also noch weniger tot, als ein Sechstel. Oder habe ich jetzt wieder irgendwas falsch gerechnet …?
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