Künstliche Idiotie & Oligarchie / Best of 5. April 2023

Nur ein Hype? Thomas Knüwer meint Nein. Der Mann versteht nicht nur was davon. Er kann auch schreiben. Wenn ich ihn richtig verstehe, handelt es sich um die nächste technische Revolution, nicht als kurzzeitiger Akt, sondern als Prozess:Künstliche Intelligenz mal nüchtern betrachtet – Vielleicht ist das größte Problem mit Künstlicher Intelligenz, dass Menschen keine Gebrauchsanweisungen lesen.” Wenn er recht hat, ich bin geneigt das zu glauben, ist die politische Frage um so bedeutsamer: wer bestimmt Zielsetzung, Forschung, Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Art und Weise der Nutzung? Elon Musk u.v.a. sind nur sauer, weil sie nicht den Hut aufhaben. Doch wem gehört der Hut? Sollte er nicht der Allgemeinheit dienen?

Prinzip technischer Entwicklung ist, dass das, was möglich ist, auch gemacht wird. Staaten und Regierungen können regeln, ob es legal oder illegal ist. Oder/Und können sich dessen selbst bemächtigen, wenn sie es für zweckmässig halten. In einer Demokratie muss darüber – das ist exakt das, was Knüwer fordert – öffentlich diskutiert und gestritten werden.

Sie wollen ewig leben

Wohin es führt, wenn das aus Denkfaulheit und/oder zielgerichteter Interessen der Herrschenden und Mächtigen unterbleibt, das schreibt David Moscrop (Übersetzung von Astrid Zimmermann)/Jacobin: Superreiche wollen ewig leben. Das ist ein Problem für uns alle. – Milliardäre wie Peter Thiel würden am liebsten niemals sterben – und sie glauben, dass ihnen das auch zusteht. Selbst wenn der Traum von der Unsterblichkeit ein größenwahnsinniges Hirngespinst ist, steigert das Streben danach die Macht der Superreichen.”

KI und Krieg

Dieser Beitrag scheint mir unter diesen Vorzeichen den Triebkräften, die im Ukrainekrieg wirken, recht nahe zu kommen: Prakash Nanda/EurAsianTimes/overton: Der Ukraine-Krieg ist bei weitem der technisch anspruchsvollste, den die Welt je gesehen hat – Experten nennen den Krieg ein ‘gefundenes Fressen’ für amerikanische Rüstungskonzerne zu Lasten der europäischen.”

Indien

Thomas Berger/Junge Welt: Der nächste Global Player – Indien wird noch in diesem Jahr das einwohnerstärkste Land der Welt werden. Der internationale Einfluss Neu-Delhis wächst”. Leider fehlt in dieser informativen Analyse eine Einschätzung der gegen die Weltmarktorientierung der Modi-Regierung gerichteten Bauernaufstände während der Coronapandemie.

Russlands Ökonomie

Roland Bathon/telepolis: Russland-Sanktionen: Suche nach ‘schwarzen Rittern’ – Die westlichen Sanktionen gegen Russland wirkten kurzfristig kaum. Inzwischen zeigen sich aber deutlich Langzeitfolgen. Betroffen ist vor allem die Normalbevölkerung.”

Genderkritik

Anke Behrend/overton: Rechte Genderkritik – ein Wolpertinger? – Feministinnen und Ultrakonservative üben sich gemeinsam in Genderkritik. Für unsere Autorin ist das ein postfaktischer Wolpertinger aus biologistischen Versatzstücken.” Diese Debatten kranken ausnahmslos an der allgegenwärtigen Macke zahlreicher Menschen. ihren eigenen Lebensstil politisch und sozial verallgemeinern zu wollen. Nichts ist “normal”. Jede’ Jeck’ is’ anders. Jede*r, wie sie*er will. Und alle sich gegenseitig ein bisschen mehr in Ruhe lassen.

DLF-“Europa heute”

Ausserdem heute komplett hörenswert:

Jörg Seisselberg; Rekordzahl an Bootsmigranten: Lampedusa erneut am Limit (Audio 5 min)

Christiane Kaess: Streit um Rentenreform: Französische Gewerkschaften geeint und stark wie nie (Audio 6 min); vgl. auch ARD-“Weltspiegel” von Sonntag (Video 5 min)

Hans-Günter Kellner: Spanien: Machtansprüche im linken politischen Lager (Audio 5 min)

Klimaheuchler Deutschland und Frankreich

Das Wirtschaftsmagazin “makro” (3sat) soll in Kürze aus Kostengründen eingestellt werden.
Die Ausgabe von vorgestern lässt ahnen warum. Containerschiffe – Die dunklen Geschäfte der Reeder – Frachtschiffe sind das Herz des internationalen Handels. Für die Reedereien zählt der Gewinn. Preistreiberei, unterbrochene Lieferketten, Billiglöhne und Umweltschäden sind die Folgen.” (Film von Wandrille Lanos und Helene Eckmann). Gute Arbeit. Bald also zu gut für deutsches TV.

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Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net