Eine Sensation bleibt uns erspart – z.B. ein fahrgastfreundliches Angebot deutscher Verkehrsminister (Frauen dabei?) – Wundersame Bahn CXLVII

Ein Wimpernschlag der Menschheitsgeschichte ist für deutsche Verkehrspolitiker*innen einfach zu kurz. Seit 33 Jahren sind die BRD und die DDR nun schon in der BRD zusammen. Bahncard und Trampermonatsticket gabs schon davor. Die Zeit reichte gerade mal zu umfangreichen Stilllegungen und Demontagen von Gleisanlagen der Deutschen Reichsbahn. Die Überraschung der Fahrgäste über das 9-€-Ticket im Vorjahr war darum begründet gross. Und nur von kurzer Dauer.

Über ein halbes Jahr brauchten deutsche Verkehrsminister*innen für eine Anschlusslösung. Die sollte aber erstens nicht zu schnell und zweitens nicht zu einfach werden. Ein paar feine kleine Hindernisse wurden für die doofen Journalist*inn*en gut versteckt, und waren wohl als “Überraschung” für die stresserprobte Kundschaft gedacht.

Als Rentner*in, das wissen viele von Ihnen sicherlich, hat mann*frau nie Zeit. Ich dachte also beim Start des Verkaufs des 49-€-Tickets schön antizyklisch, geh mal besser nicht hin, wenn es losgeht, sondern wARTE, bis das schlimmste Gedränge vorbei ist. Ganz wie es bei Buffeteröffnungen immer wieder eine bewährte Strategie ist – wenn viele schon vorgekostet haben, fällt die Auswahl leichter. Dachte ich.

Also startete ich erst heute den Weg über die Brücke in die grosse fremde Stadt auf der sonnenarmen Rheinseite, und steuerte statt des Kundenzentrums am Hauptbahnhof die Stadtwerke-Zentrale in der Sandkaule an. Dumm gelaufen. Die Fenster und Türen des “Kundenzentrums” sind verrammelt. “Einlass nur gegen Termin – Rufen Sie uns an – 0800 …”. Dä, ich hätte so gerne bei einem echten Menschen gekauft, statt bei einem Telefoncomputer. Auf den Gang zur Münsterstr. verzichtete ich (zum DB-Reisezentrum Hbf. an einem Freitag sowieso). Wg. gefürchtetem Gedränge.

Dann lieber zum Fahrkartenschalter am Bahnhof Beuel. Ja, der nette Kollege kann das 49-€-Ticket tatsächlich verkaufen. Aber nicht mehr zum 1. Mai. Das geht nur bis zum 10. des Vormonats – stellen Sie sich dazu jetzt mal die Geschwindigkeit der deutschen Verkehrsminister*innen vor! Jedenfalls wenn ich die Karte statt der Handy-App haben will. Das will ich, weil ich mir das datensparsamer vorstelle: meine Daten werden mir bei den seltenen Fahrkartenkontrollen entwendet. Mein Handy dagegen liegt meistens zuhause auf der Sofalehne, weil es mich unterwegs nicht belästigen soll. Nur für Verabredungen mit echten Menschen reist es mit.

Der Kollege am Bhf. Beuel meinte, die SWB hätten kulanterweise auch in dieser (abgelaufenen) Woche noch Kartenbestellungen für den 1. Mai aufgenommen. Seine Schaltersoftware lasse das leider nicht zu.

Ich halte Sie auf dem Laufenden.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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