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Giffey vernichtet die SPD

Die Zeitungen werden morgen Kai Wegner und seine Zitterpartie vor der Wahl zu regierenden Bürgermeister von Berlin bedauern. Dabei war er garantiert nicht gemeint beim Wahldesaster, das sich mit 71, dann 79 Stimmen nach Sitzungsunterbrechung endlich zur Mehrheit der Stimmen gequält hat.  Wen Giffey da zum Regierenden gemacht hat, sagt er selbst: er ist in die CDU gegangen, weil er der “Alternativen Liste” und linken Hausbesetzern nicht “Berlin überlassen” wollte. Jetzt ist Giffey am Ziel – man fragt sich nur, an welchem? Franziska Giffey hat, um ihre eigene Karriere in einem Regierungsamt zu retten, die SPD gespalten und so selbstsüchtig wie mutwillig um die Macht – nicht nur in Berlin – gebracht. Das ist machtpolitisch ein Desaster und die Begründung ist hanebüchen.

Nach am Wahlabend hat sie, nur einen Wimpernschlag vor den Grünen, behauptet, sie wolle jedenfalls weiter den rot-grün-roten Senat führen. Wenige Wochen Sondierungsgespräche später war plötzlich alles anders. Nun wollte sie mit einer CDU verhandeln, die im Wahlkampf mit AfD-Methoden auffiel. Nach den Silvester-Krawallen wollte man die Vornamen von Tätern mit deutscher Staatsbürgerschaft wissen, weil die CDU partout nach Tätern mit Migrationshintergrund suchen wollte. Während sie am Wahlabend noch betonte, dass die amtierende Koalition eine Mehrheit habe, wollte sie nun plötzlich Konsequenzen aus der Wahlniederlage ziehen. Konsequenzen aus der Wahlniederlage hätte dabei sie persönlich ziehen müssen, denn sie persönlich hat die Wahl in Berlin verloren. Dass die Wahlen überhaupt wiederholt werden mussten, geht auf die Schlamperei ihrer Innensenatorin zurück, die eine unfähige Wahlleiterin im Amt gelassen und das Desaster der Wahl 2021 verursacht hat. Diese Innensenatorin kann seit heute wieder mit Hilfe der CDU ihren schlechten Job weitermachen. Und Giffey selbst rettet sich vom Roten Rathaus  ins Wirtschaftsressort.

“Franziska First”

Anstatt selbst Verantwortung für die vergeigte Wiederholungswahl zu übernehmen – die SPD verlor 4,5%, die Grünen legten leicht zu, die Linke verlor knapp 2% – trotzdem hätte diese Koalition eine Mehrheit gebabt – entdeckte Giffey plötzlich, dass “die Menschen in Berlin” eine andere Koalition wollten. Komisch, laut ARD-Tagesschau kam am Wahlabend allein das rot-grün-rote Bündnis auf eine zustimmende Mehrheit statt Ablehnung beim Vergleich der möglichen Bündnisse. Sie meinte wohl, die Zustimmung zu ihrer Person könnte nach einem solchen Wahlergebnis nicht mehr die beste sein. Und sie reagierte, wie Franziska Giffey in solchen Situationen reagiert: “Franziska First” – ohne Rücksicht darauf, dass mit diesem Ergebnis unterm Strich genau die beiden Schwachstellen des rot-grün-roten Senats weitermachen dürfen. Um ihren Wahlbetrug zu legitimieren, setzte sie auf einen Mitgliederentscheid, der mit 54% nur eine Aussage zuließ: sie hat die SPD erfolgreich gespalten.

Eine schwarz-rote Chaostruppe, gegen das Chaos?

Wer wirklich ein politisches Talent ist, braucht keine Dissertationen oder Examina zu fälschen. Joschka Fischer war abgebrochener Student und Buchhändler, Günter Verheugen hat nie ein Examen gemacht und wurde ein guter EU-Kommissar – und ist Professor. Fälschungen des Lebenslaufes sind etwas für politische Gartenzwerge und verlangen ein gutes Stück mangelnde Sensibilität für die Wirklichkeit und deuten auf fehlende Selbsteinschätzung hin. Das Pendel hat heute auf sie zurückgeschlagen, dieser Job wird vermutlich ihr letzter sein, denn weder bei der CDU, noch bei den eigenen SPD-Genossen hat sie sich damit Freunde gemacht. Entsprechend gab es heute nicht nur drei Wahlgänge nebst Gewürge, bevor der Regierende Bürgermeister gewählt war. Was SPD, Grüne und Linke Abgeordnete im Abgeordnetenhaus wirklich empfanden, (und wollten) machten sie danach mit “Standing Ovations” aller drei Fraktionen für die scheidenden Mitglieder des alten Senats deutlich. Giffey wird dabei nicht das letzte Mal die Kinnlade heruntergefallen sein.

Giffeys Koalition beendet die Ampelmehrheit im Bundesrat

Ein politischer Weggefährte vor fast vierzig Jahren – das rot-grüne Urgestein Udo Knapp war es, der mich heute mit der Nase auf noch einen ganz anderen Skandal, Folge von Giffeys Politik, stieß. Es ist ja aufgrund der vielfältigen und bunten Landeskoalitionen nicht mehr so einfach wie früher, die roten, schwarzen oder grün und gelb regierten Länder zu zählen und zu berechnen. Aber in der Tat hatte die Ampelkoalition bis heute Nachmittag mit 35 von 69 Bundesratsstimmen von Ländern, die von SPD, Grünen und FDP regiert werden, die absolute Mehrheit im Bundesrat, ohne dass die CDU per Koalitionsklausel in eine Abstimmung hineingrätschen konnte. Diese Mehrheit ist jetzt futsch. Freiwillig preisgeben durch die Riesenstaatsfrau Giffey und einer hauchdünnen Mehrheit der SPD-Basis in  Berlin. Wie machtpolitisch dumm ist das denn? War das mit Olaf Scholz besprochen? Sicher nicht. Und was kommt jetzt? Was werden die Grünen tun, um sich aus ihrer bequemen Blase der Mittdreißiger bis Mittvierziger Chai-Latte-Generation mit Lastenfahrrad hinaus zu bewegen und Konzepte zu entwickeln, wie man sozial bezahlbaren Wohnraum schafft? Die CDU der Außenbezirke wird es nicht tun. Giffey auch nicht. Wir dürfen gespannt sein.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

3 Kommentare

  1. Alexander Goeres

    sehr schön gesagt …

    Fälschungen des Lebenslaufes sind etwas für politische Gartenzwerge und verlangen ein gutes Stück mangelnde Sensibilität für die Wirklichkeit und deuten auf fehlende Selbsteinschätzung hin.

  2. Michael Vesper

    Der Beitrag ist mir zu undifferenziert. Hast Du Dich nicht gefragt, warum das Ergebnis der Landtagswahl so zustande gekommen ist, welche Fehler – übrigens auch von den Grünen – gemacht worden sind? Und hast Du Dir mal den neuen Senat (der ja nicht nur aus Giffey besteht) mal konkret angesehen? Ich denke, das ergibt ein differenzierteres Bild – und die einfache Fortsetzung der bisherigen Koalition gegen den klaren Wahlsieger hätte sich möglicherweise ein Pyrrhus-Sieg entwickelt.

  3. Klaus Richter

    Welches Studium hat Joschka Fischer abgebrochen?
    Ich habe gelesen, dass er nicht einmal ein Abitur und eine Fotografenlehre abgebrochen hat. Über seine politischen Qualitäten kann man unterschiedlicher Meinung sein; mit Sicherheit ist er als Straßenkämpfer in Frankfurt und durch unangenehme Auftritte im Parlament aufgefallen.

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