Verkehrsunfällemacher Eumann: Datenschutz ist “wumpe”

Marc-Jan Eumann kannte ich. Bis 2005, als ich den NRW-Landtag beruflich verliess. War ‘ne schöne Zeit. Eumann war damals ein für SPD-Verhältnisse junger hoffnungsvoller Abgeordneter, mit dem ich normal reden konnte (auch über Privates). Kölner Grüne bestätigten mir damals, dass sich mit ihm seriös zusammenarbeiten liess. Bei verschiedenen Meinungen/Positionen liess sich dennoch ein Kompromiss finden. Das war (und ist?) unter Sozialdemokrat*inn*en eine seltene und darum wertvolle Erscheinung. Was ist nur aus dem Kerl geworden?

Als die NRW-Regierung Kraft – wer erinnert sich noch an sie? – verdient abgewählt war, wanderte Eumann nach Rheinland-Pfalz aus. Das hatten vor ihm, nach der Abwahl von Rot-Grün 2005, auch mehrere mir persönlich bekannte Grüne schon getan. Für die wenigsten von ihnen ging das “gut” aus. Rheinland-Pfalz als Zwergstaat scheint ähnlich vergiftetes Polit-Terrain zu sein, wie das benachbARTE Saarland, das dafür bundesweite Berühmtheit erlangt hat. “Alle” kennen sich untereinander – das wird schnell unappetitlich, und bekommt eine von inhaltlichen und strategischen Diskursen weitgehend unabhängige intrigante Eigendynamik. Kölner*innen, Hamburger*innen oder Berliner*innen wissen, was ich meine.

Wie konnte Eumann zu einem Botschafter chinesischer Kontrollideologien werden? Dazu müssen Sie und ich zunächst wissen, dass eine mutmassliche Mehrheit der Chines*inn*en das von uns – auch von mir – gefürchtete “Social-Credit-System” für einen grossen gesellschaftlichen Fortschritt in Richtung Gerechtigkeit hält. Endlich, so hoffen sie, würden objektive Kriterien und Daten sie von der Willkür der Staats- und Parteifunktionäre befreien. So dachten schon deutsche Sozialdemokraten bei der deutschen Volkszählung 1987. Staatliche Macht ist nicht böse – wenn sie nur von den “Richtigen” ausgeübt wird. So dachten bis Tschernobyl auch westdeutsche Kommunist*inn*en über die Atomenergie.

Sehr störend erwies sich für diese Gedankenwelt immer wieder das Bundesverfassungsgericht. Weil andere Staatsgewalten es unterliessen, erfand es 1983 eigenhändig ein neues Grundrecht: die informationelle Selbstbestimmung. Dä. Ein Feiertag der Demokratie kurz vor Weihnachten.

Seitdem versuchen mächtige Kräfte daran zu sägen. Der am besten geeignete Vorwand sind “Kinderschänder”. Denn wer will unsere Kinder etwa nicht vor dem Bösen schützen? Auch Fussball-Hooligans sind so von gestern, dass sie immer wieder gerne genommen werden. Blöd nur, wie viele linksorientierte “Ultras” seitdem die Macht auf Stehtribünen erobert haben, und Fussballbossen und -Investor*inn*en mit so radikalen Forderungen wie “Mitbestimmung”, “einheitliche Anstosszeiten” oder “mehr Sozialarbeit” das Vereinsleben geradezu unerträglich machen. Nun also bei Eumann die Pornoseiten-Besucher*innen.

Nunja, wirklich gefährlich ist dieser Testballon für ihn und sein Fortkommen nicht. Wenn wir uns mal in chinesische Augen und Köpfe versetzen: wäre das nicht auf Paarungsmärkten wie “Tinder” oder “Parship” ein ganz ausgezeichnetes Selektionskriterium zur Vermeidung grösserer Dating-Unfälle? Wer dort unterwegs ist, glaubt das sicher gerne. Tatsächlich sind Pornoseiten-Besucher*innen, ja, auch die Frauen, global betrachtet die Melkkühe der “Künstlichen Intelligenz”. Nirgendwo werden mehr Daten geraubt. Denn welche*r Datenschützer*in oder welche*r Verbraucherschützer*in würde sich trauen, öffentlich den Schutz von Pornoseiten-Besucher*inne*n zu fordern? Gleichzeitig sind diese Leute die Versuchstiere für alle arten von Killer-Applikationen in der IT-Industrie. Ihre männliche Orientierung erklärt sich – neben der Herkunft ihrer Erfinder*innen – daraus: geschätzt 75-80% der Versuchstiere sind männlich.

Am Ende ist es immer Herrschaft – und ihre Sicherung

Der Polemiker Magnus Klaue/Jungle World ist meistens nicht mein Geschmack. Heute aber doch. Chat GPT und der Witz, den niemand kapiert: Lacht Künstliche Intelligenz über menschliche Schafe? – Die Beschränktheit von Chat GPT zeigt sich schon bei einfachsten Aufgaben. Warum manche Geistes- und Kulturwissenschaftler die KI dennoch abfeiern.”

Und der alte Professor Klaus Moegling/telepolis meint, dass die “Ökoterroristen” für einige Herrschaftsssicherer*innen herbeigesehnt werden und gerade richtig kommen: Wie der Staat Ökoterrorismus befördern könnte – Die Razzien gegen die Letzte Generation sind weiterhin Gegenstand heftiger Kontroversen. Haben Politik und Justiz überreagiert? Und welche Folgen könnte das haben?” Terrorist*inn*en, das ist ja klar, haben keine Grund-, Menschen- und Bürger*innen-rechte – die können froh sein, wenn sie nicht sofort erschossen werden. Fragen Sie mal den Erdogan – der ist da Fachmann … schon wieder dieser Fachkräftemangel.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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