Soziale Gerechtigkeit und Ökologie in den Mittelpunkt der politischen Debatte

Die Finanzierbarkeit der weiterwachsenden existenziellen Herausforderungen in den Bereichen Umwelt und Klima, Wirtschaft und Soziales sowie die sich daraus ergebenden Gefahren für das Gemeinwohl geraten immer mehr in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Eine Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen durch eine Ausweitung der öffentlichen Schuldenaufnahmen, insbesondere seit dem Ausbruch der Corona-Krise 2020 und aktuell durch den Ukraine-Krieg, kommt zunehmend an ihre Belastbarkeitsgrenzen für die öffentlichen und privaten Haushalte. Die Gesellschaft spaltet sich weiter in Diejenigen mit ständig steigenden privaten Vermögen und Einkommen bei einer gleichzeitig steigenden Zahl von Bürgerinnen und Bürgern an der Armutsgrenze. Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) beklagt dieses Phänomen wiederholt als Bedrohung nicht nur für die volkswirtschaftliche Prosperität, sondern besonders auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie.

Ein neuer gesellschaftlicher Lastenausgleich, der dies abfängt, ist grundgesetzlich gewährleistet durch die in Artikel 14 verankerte Sozialbindung von Eigentum sowie durch den Artikel 106 zum Lastenausgleich. Historisch diente dieser bei seiner Inkraftsetzung 1952 der solidarischen Abfederung der Kriegsfolgen für die Bevölkerung im damaligen Westdeutschland und wurde durch einen großen gesellschaftlichen und überparteilichen Konsens bewerkstelligt. An diese gesellschaftlichen Erfahrungen im Umgang mit Krisen ist heute wieder anzuknüpfen.

Die Initiatoren dieser Gemeinwohl-Initiative fordern im Rahmen einer Petition an Bundestag und Bundesrat zur Finanzierung der mit den großen sozialen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit verbundenen Aufgaben einen Neuen Gesellschaftlichen Lastenausgleich, der über langfristig angelegte Teilbelastungen größerer Vermögen angelegt sein muss.

Er dient der Bereitstellung erheblicher Finanzmittel für mehr Direktinvestitionen der Gesamtgesellschaft zur nachhaltigen örderung sozialer Gerechtigkeit sowie zur Schaffung von besseren ökologischen Rahmenbedingungen. Dies zielt auf ein gemeinwohlorientiertes Wirtschaften und den Ausbau erneuerbarer Energien, verbesserte Mobilitätsmöglichkeiten durch den öffentlichen Nahverkehr, die Schaffung bezahlbarer Wohnungen, strukturell verbesserte Bildungschancen u.a. zum Nutzen der Gesamtgesellschaft.

Bei dieser Petition geht es auch darum, eine politische Debatte über die grundgesetzlich verankerte gesellschaftliche Dimension von Eigentum für ein nachhaltiges gemeinwohlorientiertes politisches Handeln in der Zukunft zu fördern. Die Initiatoren halten dies für eine wichtige Voraussetzung für eine anstehende progressive sozial-ökologische Transformation (nicht nur unserer) Gesellschaft, die von einer großen Mehrheit der Bevölkerung getragen werden muss.

Quellen:

Prantl, H. (2019): Eigentum verpflichtet. Das unerfüllte Grundgesetz. München.

Wieland, J. (2012): Vermögensabgaben im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG. Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften. Speyer.

Bach, S. (2020): Vermögensabgabe – Aufkommen und Verteilungswirkungen. Forschungsprojekt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Berlin.

Rein, V. & Bohnet, R. (2021): Plädoyer für einen gesellschaftlichen Lastenausgleich.

Über Volker Rein u.a. / Forum Progressive Demokratie Bonn:

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