Keine Mediathekperle!

Die Überschrift müssen Sie sich auf US-amerikanisch übersetzen. Aber der Reihe nach. Die Älteren unter Ihnen werden sich an “Breaking Bad” erinnern – eine Serie, die TV-Geschichte geschrieben hat, erfunden und umgesetzt von Vince Gilligan. ARTE hatte sie seinerzeit angemessen freitags im Abendprogramm präsentiert. Nach ihrem grossen weltweiten Erfolg erfand er das Prequel “Better Call Saul”.

“Breaking Bad” handelte von einem verkrachten Chemielehrer, der zum Drogenboss von Arizona und New Mexico aufstieg. Saul McGill wurde sein Anwalt. “Better Call Saul” handelt davon, wie Saul von einer erfolglosen und einkommenslosen Juristen-Null zu einem Anwalt der Drogenmafia aufsteigt. Alles klassische Erfolgsmärchen aus dem “land of the free and the home of the brave”. Gilligan findet in der Hitze der US-Südstaaten eine hypnotische Bildsprache – die exzellentesten Schauspieler*innen stehen Schlange, um mit so einem zu arbeiten.

Ich habe nie eine fundiertere Kapitalismus-Kritik gesehen, als in den genannten Meisterwerken. Deutsche TV-Produktionen wirken dagegen, als seien sie aus einem Projektunterricht einer Förderschule weggelaufen. Das ist diskriminierend für die Kinder (und Lehrer*innen) solcher Schulen. Die sind in ihrer Intelligenz deutschen TV-Redaktionen zweifellos überlegen.

Und nun suchen Sie mal in der ZDF-Mediathek nach “Better Call Saul”. NEIN, ICH REGE MICH NICHT AUF! Das ZDF wiederholt die Serie in seinem linearen Programm. Z. B. in der übernächsten Nacht um 3.10 h. In der nächsten Woche dann zwischen Dienstag und Mittwoch um 3.45 h. Wie soll ich das anders verstehen, als als Verhöhnung von uns Zuschauer*inne*n? Das ist eine Verschrottung von Programmdiamanten, wie sie es ähnlich schlimm schon in den 90ern mit den “Sopranos” verbrochen haben – eine Mafia-Serie, die den Kult um den “Godfather” dekonstruiert hat, dass selbst ein Alexander Kluge davor auf die Knie fallen musste.

Meine Rettung ist mein Festplattenrecorder. Ich versichere Ihnen: für solche TV-Programmunfälle, wie sie das ZDF produziert, als wenn das auf seinen Genen steht, lohnt so eine Anschaffung.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net