Die FDP hatte es schon einmal selbst gefordert: im “Freiburger Programm” von 1980 war eine Passage enthalten, die die Abschaffung des Ehegattensplittings zumindest prüfen wollte. Nicht nur Ingrid Mattäus-Maier und die Jungdemokraten forderten damals bereits die Abschaffung dieses Privilegs der patriarchalen Gesellschaft seit den 70er Jahren. Auch Otto Graf Lambsdorff wurde nachgesagt, dass er dies gar nicht so schlecht finde. Die Grünen haben es seit ihrem ersten frauenpolitischen Programm in den 80er Jahren beschlossen.
Wenn der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil den Vorschlag nun wieder in die Diskussion bringt, greift er eine ideologisch verbrämte Steuerschlupfmöglichkeit auf, die dringender Reform bedarf. Wenn die katholische Kirche und ihre Verbände heute sofort wieder aufheulen und einen angeblichen Angriff auf Ehe und Familie und vor allem auf die Kinder anprangern, entpuppt sich dies bei näherem Hinsehen als reine Heuchelei. Das Ehegattensplitting kommt nämlich allen verheirateten Paaren zugute, egal, ob sie Kinder haben, oder nicht. Der Staat subventioniert also nicht etwa die Belastung von Kindererziehung – Schätzungen der Kosten eines Kindes von der Geburt bis zum Hochschulexamen oder der Meisterprüfung liegen über 18-25 Jahre bei etwa 200.000 Euro – sondern lediglich die Tatsache, dass sich ein Paar verheiratet hat. Eine solche Subventionierung ist absurd, führt zur Stabilisierung konservativer und überkommener Rollenbilder und kostet den Staat jährlich Milliarden. Die FDP verteidigt damit ein Rollenbild der 50er Jahre. Kein Wunder, dass sie nach der AfD den kleinsten Frauenanteil bei Wählerinnen, Mitgliedern und Abgeordneten hat.
Ideologisch vorgestrig und an der Seite der Besserverdienenden
Man muss gar kein Hotelbesitzer sein, um von der FDP, auch ohne sein Einverständnis gegeben zu haben, gepampert zu werden. Lisa Paus, die Familienministerin hat vorgeschlagen, das Elterngeld oberhalb einer Bemessungsgrenze von 150.000 € Familieneinkommen statt bisher 300.000 € nicht mehr zu zahlen. Die Zahl der Personen und Familien, die 150.000 € Einkommen nach Steuern verdienen und in den Genuss der Regelung kommen, ist übersichtlich. Die Zahl der Haushalte, auf die diese Kategorien zutreffen, liegt gerade einmal im sechsstelligen Bereich. Die Partei der Besserverdienenden setzt sich also für eine verschwindende Minderheit ein, der es in der jetzigen Situation gut geht und die von Krise und Inflation kaum betroffen ist. Selbst wenn die alle deshalb FDP wählen würden, brächte ihr das nichts.
Aber das tun sie nicht. Am vergangenen Sonntagabend saß ich bei einem guten Abendessen in einer größeren Runde von netten Menschen, von denen die Hälfte mindestens in die Kategorie von 200.000,00 Euro plus Jahreseinkommen fällt. Und die Empörung über dieses unsoziale Gequengel war so groß, dass es die FDP die letzte Wählerstimme in dieser Runde gekostet haben dürfte.
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