Reiz und Risiko der Gentechnik
Das Hinzufügen, Entfernen oder Vertauschen einzelner Basenpaare im Erbgut kann einen gewaltigen Unterschied für das Funktionieren einer Zelle und die Eigenschaften eines ganzen Organismus machen. Es ist ein wenig wie Johann Sebastian Bachs Definition von gekonntem Klavierspiel: Man muss nur zur richtigen Zeit die richtige Taste drücken. So einfach ist das und doch auch so schwer. Darin liegt der Reiz der Gentechnik, aber auch ihr Risiko.
Die Europäische Kommission schlägt nun vor, dass gentechnisch veränderte Pflanzen (GVO), die an bis zu zwanzig Stellen des Erbguts gentechnisch verändert wurden, dennoch wie herkömmlich gezüchtete Pflanzen zu behandeln sind. An diesen zwanzig Stellen dürfen jeweils beliebig viele Basenpaare (Nukleotide) zerstört oder in ihrer Reihenfolge umgekehrt und bis zu 20 Basenpaare verändert oder ersetzt werden. Erlaubt ist zudem jede Veränderung von beliebiger Länge, wenn sie bereits in einer Pflanze vorkommt, die mit dem GVO direkt oder über Zwischenschritte kreuzbar ist.
Diese neuen Gentechnikpflanzen bedürften keiner individuellen Risikoprüfung und Zulassung mehr. Sie müssten nicht länger als GVO gekennzeichnet und rückverfolgbar sein. Das wäre das Ende der vorsorgenden und transparenten Gentechnikgesetzgebung wie sie seit 1990 in verschiedenen Richtlinien und Verordnungen der EU Gültigkeit hat.
Für diese neue Gentechnik, die (zunächst nur bei Pflanzen) nicht mehr als Gentechnik behandelt werden soll, hat die Kommission den Begriff „neue genomische Techniken“ eingeführt. Gemeint ist damit in erster Linie die auch als „Genschere“ bezeichnete CRISPR-Cas Technologie, mit deren Hilfe an genau definierbaren Stellen des Genoms ein Doppelbruch der Helix erzeugt wird. Bei dessen Reparatur durch die Zelle kann die DNA gezielt verändert werden. Einzelne oder mehrere Basenpaare können umgeschrieben oder entfernt, längere DNA-Abschnitte stillgelegt oder auch neu an der Bruchstelle eingefügt werden. Um eine solche „Editierung“ des Erbgutes vornehmen zu können, wird zunächst mit klassischen Methoden der Gentechnik die bakterielle DNA des CRISPR-Cas Enzyms samt RNA-Suchmechanismus in die Zelle eingebracht und anschließend möglichst wieder entfernt.
Eine neue Geschichte über die Gentechnik
Es handle sich bei dieser „Genom-Editierung“, so die zentrale Begründung für die vorgeschlagene Neubewertung der Kommission, lediglich um „gezielte Mutationen“, die auch auf „natürliche Art“ durch herkömmliche Züchtung entstehen könnten. Risiken für Umwelt und menschliche Gesundheit seien deshalb grundsätzlich nicht höher als bei Produkten konventioneller Züchtung. Zudem seien sie von diesen nicht einmal zuverlässig unterscheidbar. Im Unterschied zu „transgenen“ Organismen, die „artfremde“ DNA aus einem anderen Organismus enthalten, würden bei der „Cisgenese“ nur Kopien von genetischem Material aus verwandten Pflanzen einfügt, das bereits im „Genpool der Züchter“ dieser Pflanzen irgendwo auf der Welt verfügbar ist. Falls die DNA-Kopie nicht exakt die gleiche ist, sondern schon ein wenig „umarrangiert“ wurde, handle es sich um „Intragenese“. Auch sie könne der herkömmlichen Züchtung gleichgestellt werden.
Das neue Dogma, das hieraus abgeleitet wird ist, dass von gentechnisch veränderten Pflanzen, die durch „gezielte Mutagenese“ erzeugt wurden und keine „artfremde“ DNA im weitesten Sinne enthalten, keine anderen Gefahren für die Umwelt und menschliche Gesundheit ausgehen können als von herkömmlich gezüchteten.
Mit der Gentechnikdebatte Vertrauten drängt sich der Eindruck auf: Hier haben Menschen, die die Anwendung von Gentechnik in der Züchtung seit Langem für ungefährlich und die bisherige Gentechnikgesetzgebung der EU für völlig überzogen halten, sich ein Märchen für Politiker und die breite Öffentlichkeit ausgedacht, das einen zügigen Ausstieg aus dem ganzen „Humbug“ erlaubt. „Genom-editierte“ Pflanzen sind dafür der Einstieg. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA arbeitet nun bereits an der Neubewertung gentechnischer Veränderungen bei Mikroorganismen.
Darf’s etwas komplexer sein?
Allerdings widerspricht dieses Narrativ von den guten und den fremden Genen und von dem, was natürlich ist und was nicht, vielen neueren Einsichten der Molekularbiologie. Dort setzt sich nämlich die Erkenntnis durch, dass Zellen und Organismen einzelne DNA Abschnitte nach Regeln ablesen und kombinieren, die nicht einfach in die DNA selbst „einprogrammiert“ sind.
Grob vereinfacht könnte man die DNA vielleicht mit einer Art festen Verdrahtung vergleichen, derer sich eine bisher nur sehr unvollständig verstandene „Software“ der Zelle in unterschiedlichen Zuständen, Entwicklungsstadien und Umweltherausforderungen bedient. In Unkenntnis und unter Umgehung der Regeln und Kontrollmechanismen der Vererbung direkt in die DNA einzugreifen, kann unerwartete Nebenwirkungen haben. Eine solche Eingriffstiefe, so die bisherige Grundüberlegung der vorsorgenden Gentechnikgesetzgebung der EU, bedarf besonderer Vorsichtsmaßnahmen und Risikoabschätzungen. Denn unsere Erfahrung mit derartigen Eingriffen und ihren unmittelbaren und mittelbaren, kurz- und längerfristigen Auswirkungen ist nach wie vor begrenzt.
Hier endet leider auch die Erzählung von der ungeheuren Präzision der neuen Technologie. Erst wer versteht, in welche Zusammenhänge direkt oder indirekt eingegriffen wird, kann echte Präzision für sich in Anspruch nehmen. Allenfalls Wahrscheinlichkeiten anzugeben, mit denen Veränderungen einzelner DNA Abschnitte veränderte Eigenschaften der Pflanze bewirken, ist von echter Kausalität und verlässlicher Bewertung nicht erwünschter Möglichkeiten noch weit entfernt. Auch ein mit äußerster Präzision geführter Schlag ins Wasser bleibt ein solcher.
Ungereimtheiten
Es gibt eine Reihe von wissenschaftlich-technischen Einwänden gegen das Narrativ der gezielten Mutation und ihrer ungeheuren Präzision. Zu ihnen gehört unter anderem, dass CRISPR-Cas Enzyme zwar sehr genau auf eine bestimmte Abfolge von Basenpaaren angesetzt werden können, nach denen ihre RNA-„Nase“ sucht. Sie kennen eine Stelle ihrer Wahl. Wie viele weitere gleiche oder täuschend ähnliche Sequenzen an anderen Stellen des Genoms verändert werden bleibt offen. Die Literatur zu unbeabsichtigten und unvorhergesehenen Folgen beim Einsatz von CRISPR-Cas zu medizinischen Zwecken ist erdrückend. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Listen bei Pflanzen geringer wären, würde nach solchen unbeabsichtigten Veränderungen auch hier systematisch gesucht.
Dass CRISPR-Cas auch in solchen Regionen des Genoms Mutationen verursacht, die von Natur aus dagegen besonders gut geschützt sind, stellt die Behauptung stark in Frage, gezielte Mutationen seien eigentlich nur harmlose Varianten dessen, was in der Natur ständig passiert. Die gezielten Aneinanderreihung mehrerer CRISPR-Mutationen kennt in der Natur erst recht keine Entsprechung. Schließlich ist der besondere Mechanismus von CRISPR-Cas, nicht nur eine, sondern sämtliche Fundstellen einer bestimmten DNA-Sequenz im Genom gleichzeitig zu verändern, ein Effekt, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei natürlichen Mutationen auszuschließen ist. Er gilt ja auch als besondere Stärke der Technik: Weizen mit seinen vier bis sechs Chromosomensätzen und entsprechend vielen Kopien einzelner Gene, seine allergene Gluten Produktion auszutreiben, könnte so erstmals möglich werden.
Weil, so schließt messerscharf, nicht sein kann was nicht sein darf.
Der vielleicht besorgniserregendste Vorschlag der EU Kommission liegt in der völlig neuen Herangehensweise an die Risikoabschätzung und –bewertung der neuen Gentechnik. Untersucht werden soll bei der Frage um welche Art von GVO es sich handelt, künftig nicht mehr der tatsächliche Organismus, sondern nur noch das erfinderische Konzept dieses GVO. Die Hersteller teilen der Behörde die beabsichtigten Veränderungen mit und die Prüfer untersuchen nach Aktenlage innerhalb von 30 Tagen ob diese Veränderungen ihrer Meinung nach auch mit herkömmlichen Züchtungstechniken erzeugt werden können bzw. cisgenetischer oder intragenetischer Natur sind.
Eine konkrete Analyse und Würdigung nicht beabsichtigter Veränderungen ist nicht mehr vorgesehen. Das erinnert an den berühmten Betrunkenen, der nach dem verlorenen Schlüsselbund unter der Laterne sucht, weil nur dort Licht ist. Risiken und Nebenwirkungen dagegen, so lehrt uns die Erfahrung, sollten wir gerade da suchen, wo wir sie nicht erwarten.
Apropos Schlüsselbund: Die rätselhafte Zahl von maximal 20 Nukleotiden, die von nun an als „natürliche Mutation“ durchgehen sollen, stammt – so die Vermutung beteiligter Wissenschaftler – ursprünglich aus einer Untersuchung von natürlich vorkommenden genetischen Unterschieden in 80 Pflanzen der gleichen Pflanzenart (Ackerschmalwand, so etwas wie die Labormaus der Pflanzengenetiker) aus dem Jahre 2011. Damals erlaubte es die eingesetzte Testmethode zum heutigen Bedauern der Wissenschaftler nicht, längere Sequenzen ebenso zuverlässig zu erkennen. Die Zahl scheint also in erster Linie der Begrenzung der damaligen Testmethoden zu verdanken zu sein.
Auf welchen Pfad wollen wir uns begeben?
Dass fundamentale Veränderungen in der Landwirtschaft von Nöten sind, steht außer Frage angesichts der Schäden, die wir auf diesem Gebiet der Natur derzeit zufügen. Gerade deshalb können wir uns gentechnische Idiotien wie die herbizidtoleranten Monokulturen von Bayer, Syngenta und Corteva nicht weiter leisten können und auch nicht deren Fortführung mit anderen Mitteln. An erster Stelle muss der Ausstieg aus einer industriellen Landwirtschaft des letzten Jahrhunderts stehen, aus deren Überdüngung und Vergiftung, ineffizienter Überproduktion, Qualitätsverlusten, Verschwendung und Verdrängung bäuerlicher Existenzen.
Diese agrarökologische Umgestaltung zu verpassen ist nicht nur riskant, sondern eine tödliche Gefahr.
Wo Einigkeit über diese agrarökologische Wende herrscht, sollten wir mit Augenmaß und Verstand, um den Aufbau von gegenseitigem Vertrauen bemüht, über geeignete Technologien, Prioritäten und zeitliche Perspektiven in Forschung und Entwicklung sprechen. Es geht dabei komplexe und vielfältige Systeme, nicht einzelne Produkte, mit denen wir am Besten die Herausforderungen von Klimawandel und artensterben, Bodenfruchtbarkeit und Wasserhaushalten meistern in ihrem jeweiligen regionalen Kontext. Zu reden ist dabei auch über die ökologische, gesundheitliche und soziale Beherrschbarkeit und Wirkung von Technologien und Entwicklungspfaden jenseits der technischen Risiken im engeren Sinne.
Sie lassen sich schwerlich auf die Analyse einzelner molekularbiologischer Tatbestände reduzieren. Die Rabulistik und Winkelzüge der Definition von Cisgenese, Intragenese und breeders gene pool genügen nicht den Anforderungen evidenzbasierter und solider Wissenschaft. Möglicherweise lenken sie von den wirklichen Herausforderungen und Gefahren eher ab.
So spielen beispielsweise sinkende Kosten der CRISPR-Cas Technik und der Sequenzierung von Genomen und ihrer digitalen Verarbeitung auch für die Wahrscheinlichkeit von technischen Fehlern und Missbrauch eine wesentliche Rolle. Für diese Produkte gerade in der gegenwärtigen Phase allgemeiner Goldgräberstimmung auf spezifische Risikoabschätzung und geordnete Zulassung, Identifizierbarkeit, Monitoring und Kennzeichnung zu verzichten, widerspricht offensichtlich dem gesunden Menschenverstand. Deregulierung in Zeiten eines explodierenden technologischen Innovationsschubes mit ungewissem Ausgang ist das Gegenteil von Vorsorge und Umsicht. Das könnten uns sogar Elon Musk und andere Protagonisten der Künstlichen Intelligenz erklären.
Die Neue Saatgut-Ordnung
Zur sozialen Beherrschbarkeit, aber auch zur Optimierung des Innovationspotentials der gesamten Landwirtschaft in Europa und der Welt gehört auch die Frage, wem die neuen, aber auch die alten technologischen Möglichkeiten künftig gehören werden. Die Deregulierung der Gentechnik geht dabei mit der Gier nach „geistigem Eigentum“ an Saatgut und einzelnen genetischen Eigenschaften möglicherweise eine fatale Verbindung ein. Was immer mit Hilfe von CRISPR-Cas und ähnlichen Gentechniken entwickelt wird, fällt nach geltendem Europäischen Patentrecht nicht mehr unter das grundsätzliche Verbot der Patentierung von „im wesentlichen biologischen Verfahren zur Produktion von Pflanzen und Tieren“ (herkömmlicher Züchtung etwa) und deren Produkten. CRISPR-Cas wäre also ein Türöffner, um Saatgut bzw. einzelne Eigenschaften zu patentieren und nicht mehr „nur“ unter Sortenschutz zu stellen. Es ist nicht der einzige Weg, den die Patentanwälte von Bayer, Corteva, Syngenta & Co derzeit beschreiten, aber der einfachste.
Der zentrale Unterschied: Mit geschützten Sorten können Züchter weiter neue Sorten entwickeln ohne dass es dafür der Zustimmung des Sorten-Inhabers bedarf. Landwirte können aus diesen Sorten eigenes Saatgut gewinnen und optimieren. Bei patentiertem Saatgut läuft ohne die Zustimmung und Lizenz des Patentinhabers dagegen nichts mehr. Das gilt, und hier kommt die Kennzeichnung und Identifizierbarkeit des von GVOs ins Spiel, auch dann, wenn die patentierte Eigenschaft zufällig in Zucht- oder Pflanzmaterial einkreuzt: Sie bleibt das exklusive Eigentum des Patentinhabers.
Ausgerechnet in Zeiten, in denen die Anpassung und Entwicklung neuer Sorten durch Klimawandel und artenverlust eine besondere Dringlichkeit bekommt, würde die „Vercrisperung“ der Züchtung einem noch kleineren und exklusiven Kreis von Unternehmen und deren Anwaltskanzleien das Feld überlassen. Den Resten von „open source“, die im Sortenrecht verankert sind, würde so der Garaus gemacht. Für jedes Zuchtunternehmen wäre die Versuchung und bald auch der Konkurrenzdruck groß, neuen Sorten eine „gezielte Mutation“ anzuhängen, um den BäuerInnen den Nachbau und der Konkurrenz die Nutzung des genetischen Materials zu versagen. Der gesamte Saatgut-Markt würde so in relativ kurzer Zeit einer neuen Weltordnung unterworfen. Die Folgen lassen sich heute bereits in Amerika besichtigen, wo kleine und mittelständische Zuchtunternehmen praktisch verschwunden sind. Der Erhalt und die Fortentwicklung des vielleicht wichtigsten Erbes der Menschheit, dessen Vielfalt schon seit Jahrzehnten kleiner und kleiner wird, würde endgültig zur exklusiven Technologie einiger weniger Saatgut-Oligarchen; den gleichen übrigens die die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit dieser neuen Gentechnik-Produkte mit dem Argument bekämpfen, sie seien von herkömmlich gezüchteten nicht zu unterscheiden. Wenn es um ihre Patente geht, werden sie hierfür mit Sicherheit Mittel und Wege finden.
Praktische Vorsorge
Ist es wirklich sinnvoll, der Gentechnik-Zunft, die bei allem Respekt noch keinen überzeugenden Beitrag zum ökologischen Umbau und zur Nachhaltigkeit von Ernährung und Landwirtschaft vorzuweisen hat, durch weitgehende Deregulierung der bisherigen Sicherheits- und Transparenzvorschriften kurzfristige Investitionsanreize zu bieten? Sind solche Vorschuss-Lorbeeren gerechtfertigt für eine Branche, deren einziger wirtschaftlicher Erfolg in den letzten 30 Jahren in einem System von herbizidtoleranten und insektengiftigen Pflanzen besteht, das weltweit gewaltige Umwelt- und Gesundheitsschäden verursacht?
Warum belegen die interessierten Kreise und Macher*innen nicht erst einmal bescheiden und unter Einhaltung der geltenden Vorschriften wenigstens einige ihrer vollmundigen Versprechen mit sauber entwickelten Produkten und Konzepten? Was fürchten sie denn? Warum soll auf keinen Fall mehr draufstehen was tatsächlich drin ist? Wer solche Forderungen stellt macht misstrauisch.
Respekt und Ehrlichkeit
Wir sollten die Menschen, die diese gentechnische Form des Umgangs mit der Natur auf ihren eigenen Feldern, Gärten und Tellern aus welchen Gründen auch immer ablehnen, respektieren, egal ob es sich dabei – wie gegenwärtig – um eine Mehrheit oder eine Minderheit handelt. Dafür müssen GVOs und ihre Produkte weiterhin klar gekennzeichnet werden.
Kennzeichnung und Transparenz sind Vorbedingungen dafür, dem biologischen Landbau, der den Einsatz von Gentechnik ausschließt, nicht den Todesstoß zu versetzen. Die EU-Kommission bekräftigt zwar weiterhin das Verbot des Einsatzes, auch der neuen Gentechnik im Ökolandbau. Sie überlässt aber die Kosten und die Haftung dafür ausschließlich der Biobranche und die Regelung der so kaum vorstellbaren Koexistenz gentechnischer und gentechnikfreier Landwirtschaft den Mitgliedstaaten. Denen bindet sie dabei sogar noch eine Hand auf den Rücken: Die derzeit möglichen nationalen oder regionalen Einschränkungen oder gar Verbote für den Anbau von GVOs werden für die nicht mehr rückverfolgbaren neuen GVOs kategorisch ausgeschlossen!
Wer aus diesen Regeln, v.a. aus der Pflicht zur Kennzeichnung ein angebliches „Verbot der Gentechnik“ in Europa macht, sollte sein Verhältnis zum Recht auf Selbstbestimmung und Wahlfreiheit von Produzent*innen und Konsument*innen überdenken. Der Versuch, den Streit um das Thema dadurch zu beenden, dass dafür entscheidende Informationen den sichtlich interessierten Bürgerinnen und Bürgern künftig vorenthalten werden nach dem Motto „die Wissenschaft hat festgestellt, dass Euch das nicht zu interessieren hat“ ist übergriffig.
Welch gewaltigen Unterschied eine einzige falsche Taste zur falschen Zeit machen kann, lieferte übrigens auf der politischen Klaviatur unlängst bei einer Anhörung im Bundestag der FDP Abgeordnete Ingo Bodke, der meinte, die gezielte Mutagenese werde mit Hilfe von CRISPR-Cash herbeigeführt, das er auch weltgewandt als „käsch“ aussprach und damit unfreiwillig eine große Wahrheit gelassen aussprach.
Noch kann der Vorschlag der EU Kommission bei den Gesetzgebern im Europaparlament und im Ministerrat scheitern.
Der Autor ist Leiter des Berliner Büros der Zukunftsstiftung Landwirtschaft und ihrer Kampagne Save Our Seeds, haerlin@zs-l.de
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