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„Rechts neben uns ist nur noch die Wand“

Was bedeutet dieser Strauss-Satz eigentlich?

Er bedeutet im Kern: Die Brandmauer nach Rechts ist die ureigenste Lebensversicherung der Union selbst!

Überliefert ist auch der Strauss-Satz: „Rechts von der CDU/CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.“ Er stammt aus den 1980er Jahren, aus der Unions-Kontroverse mit den Republikanern.

Es geht hier ganz grundsätzlich um das Geschäftsmodell der Union. Die in diesen Tagen viel diskutierte Brandmauer nach Rechtsaußen ist ein elementarer Teil davon. Wenn sie von einigen in den Ost-Landesverbänden der Union und auch vom Vorsitzenden der inzwischen nicht mehr tagenden CDU-Grundsatzkommission Roedder infrage gestellt wird – und von einem Unions-Chef Merz offensichtlich gar nicht mehr aktiv verteidigt wird -, dann haben die ihren Franz-Josef offensichtlich nicht richtig verstanden.

Welche Folgen wird das alles für die Union haben?

Eine einfache Interpretation des Satzes mit der Wand käme aus dem wahltaktischen Gedanken, rechts neben sich alles platt machen zu wollen, um keine Stimmenkonkurrenz aufkommen zu lassen. Da ist natürlich etwas dran, welche Partei denkt nicht an ihr Stimmenpotenzial!

Aber – so groß meine politische Distanz zu Strauss auch ist – ich glaube, der Meister aus Bayern hatte noch mehr im Sinn. Er wusste (was Merz offensichtlich nicht mehr weiß), dass diese Brandmauer eine Lebensversicherung für die Union selbst ist!

Warum ist sie das?

Die Union ist eine ultrapragmatische Regierungspartei. Noch wichtiger als der Satz von der Wand rechts neben ihr ist für sie das Bemühen, so gut wie immer an der Regierung zu sein. Das ist ihr erster, ebenfalls ziemlich selbstbezüglicher Grundsatz. Aber auch das ist die Logik von Politik, also nicht von vorneherein und absolut verdammenswert.

Die tiefere Dialektik des Straussschen Satzes erschließt sich erst, wenn man die beiden Prinzipien zusammen denkt. Wer als Mitte-Rechts-Kraft „immer regieren“ will und dann Rechts keine Wand hat, sondern einen halbwegs ernstzunehmenden und irgendwie „legitimierten“ Konkurrenten, kackt einfach ziemlich schnell ab!! Das ist es, was Strauss begriffen hat und ausdrücken wollte.

Denn ein legitimierter rechter Konkurrent macht einer rechtsmittigen Partei die Hölle heiß. Er tickt immer eine Spur rechter und populistischer und unterminiert eine Dauerregierungspartei wie die Union. Die kann überhaupt nur Dauerregierungspartei sein, wenn es da rechts von ihr eben nur noch die Wand gibt und keine ernstzunehmende Konkurrenz.

Wenn Merz/Roedder/Ost-CDU diese Brandmauer nach rechts nun einreißen, dann untergraben sie das ureigenste Geschäftsmodell der Union. Sobald es nämlich eine rechte Kraft gibt, der man selbst mit Kooperationsgedanken sogar noch die Weihen der „demokratischen Legitimität“ umgehängt hat, hat man als Union eigentlich schon Harakiri begangen. Man wird als Langfrist-Regierungspartei von dieser Rechtsaußen-Kraft schlicht ausgesaugt werden und endet irgendwo bei 20% – oder bei 6% wie die italienische Christdemokratie. Man hat die Schotten weit aufgemacht. Und falls man wieder in der Regierungssituation kommt – und sogar schon in der Oppositionssituation wie Merz heute (!!) – hat man keine Chance mehr, sich gegen eine solche Kraft zu wehren.

Schotten dicht nach Rechts und ein halbwegs vernünftiges Regierungsprogramm entwerfen, das den Leuten Sicherheit gibt, aber trotzdem die großen Fragen angeht, das müsste die Union heute machen. Aber dazu hat sie gegenwärtig die denkbar ungeeignetste Führung.

Man muss wohl Schwarz sehen für die Schwarzen.

Mehr zum Autor hier.

Über Reinhard Olschanski / Gastautor:

Geboren 1960, Studium der Philosophie, Musik, Politik und Germanistik in Berlin, Frankfurt und Urbino (Italien). Promotion zum Dr. phil. bei Axel Honneth. Diverse Lehrtätigkeiten. Langjährige Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent im Bundestag, im Landtag NRW und im Staatsministerium Baden-Württemberg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Politik, Philosophie, Musik und Kultur. Mehr über und von Reinhard Olschanski finden sie auf seiner Homepage.

Ein Kommentar

  1. Roland Appel

    Das ist mir alles viel zu oberflächlich. Die “Brandmauer” ist Quatsch. Es geht schlicht darum, ob demokratische Parteien mit Nazis zusammenarbeiten und Thesen vertreten, die den Nazis recht geben. FJS konnte in einer Gesellschaft, in der NS-Ideologie unterschwellig vorhanden, aber offiziell und medial im öffentlichen Diskurs tabuisiert war, die rechten ansprechen mobilisieren, die sich mehrheitlich nicht trauten, dem Dreck der NPD oder der “Republikaner” offen zuzustimmen, weil sie um ihre bügerliche Reputation fürchteten. Das galt für die BRD. Seit der Vereinigung mit der DDR ist das anders. Dort hat bis auf die Bürgerrechtler niemand mit autoritär-technokratischen, patriarchalich-faschistoiden Methoden von SED und FDJ gebrochen. Dort – aber auch in Bayern, den rechten Regionen Baden-Württembergs und der Mehrzahl der Ostbundesländer- ist die AfD kein Tabu wie Repse und NPD zu Strauß’ Zeiten. “Gute Bürger” schämten sich damals für ihre Heimlichkeiten. Das ist heute anders. Die Anhänger eindeutig rechter Gruppen wie “Pegida” oder “III.Weg” sind offen Nazis und schämen sich nicht dafür.
    Und deshalb ist das, was Merz in seiner Dummheit macht, ja so gefährlich: Er enttabuisiert durch seine INHALTLICHEN Äußerungen “illegale Migration in die Sozialsysteme”, “Asylschwindel”, “Asyltourismus” und viele andere rassistische Kategorien PEGIDA und AfD. Merz verrät das Grundgesetz, er polemisiert gegen verfassungsmäßige Rechte und er betreibt das Geschäft der Demokratiezerstörer. 1930 haben das schon mal Konservative gemacht und die “Nationale Front” aus DVP, DNVP und NSDAP propagiert.

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