Zwischen den langen Wochenenden eine kleine Bestandsaufnahme
“Das Fest der Liebe”, knapp ein Jahr verfügbar, die jüngste Improvisation-Comedy aus der Ideenschmiede von Jan Georg Schütte war – für mich – von der erwartbaren Qualität. Nur Kleinigkeiten habe ich zu bemängeln. Claudia Michelsen hatte augenscheinlich zu den Drehtagen keine Zeit. Darum wurde sie aus dem eigentlichen Geschehen rausgeschrieben und in melancholischer Stimmung in eine Bar gesetzt, wo sie Schütte persönlich bediente. Und hier setzt meine Kritik ein: seine Perücke sah ausgesprochen bescheuert aus. Ebenso war seine Schlusspredigt am Ende der letzten Folge dramaturgisch absolut überflüssig. Hat er das etwa freiwillig gemacht, oder wurde er von der Degeto unter Folter dazu gezwungen?
Schütte und seine erstklassigen Schauspieler-Freund*inn*e*n in Bestform – mit Bjarne Mädel als Sidekick – finden Sie weiterhin in den “Kranitz”-Staffeln (halbes Jahr verfügbar). Die sind so gut, dass sie es noch nicht ins verrufene “Erste” geschafft haben.
Zuraten tue ich ferner bei “Eisfieber” (nach Ken Follett) – linear als Wiederholung auf 3sat, die Erstausstrahlung muss ich seinerzeit verpasst haben, bis November verfügbar. Nicht alles ist glaubwürdig, z.B. die Hotpants einer jungen Dame im Blizzard. Starkes Ensemble, die wie immer starken Vorstellungen von Matthias Brandt und Anneke Kim Sarnau (die besonders!), und für mich überraschend auch von Heiner Lauterbach.
Brandt sehen wir jetzt wieder mit Anke Engelke bei “Kurzschluss” und – neu – “Der zweite Kurzschluss”, ab morgen online.
Nicht überzeugt hat mich “Die zweite Welle” (bis Anfang November verfügbar), ein Drama, das um den Tsunami von 2004 in Thailand konstruiert ist. Aber vielleicht sagt es Ihnen zu, prüfen Sie selbst. Ich stehe nicht so auf Melodramen.
Zwei von mir noch ungeprüfte Empfehlungen
Von zwei Kritikerkollegen, deren Geschmackssichjerheit ich meistens nahestehe.
Harald Keller/FR: “‘Power Play – Smart Girls Go For President’: Mit Anlauf an die Spitze der Regierung – Die norwegische Politserie ‘Power Play – Smart Girls Go For President’ hält sich an historische Tatsachen und Zeitzeugenaussagen. Doch Zeugen können irren. Das wurde bei der Produktion berücksichtigt.” Das öffentlich-rechtliche TV Norwegens NRK habe ich während der Fussball-EM 2012 in einem Hurtigruten-Urlaub kennen und schätzen gelernt. In den Halbzeitpausen gab es keine Werbung, sondern Spielanalysen mit hochqualifizierten Expert*inn*enrunden – ja, da waren damals schon, ein Jahrzehnt vor dem deutschen TV, Frauen dabei! Hier online und ein Jahr verfügbar.
Und Oliver Jungen/FAZ (mit Safari vermauert, mit Firefox eben noch paywallfrei): “Eine Familie in der Insolvenz – Scherbengemeinschaft: Zum Jahreswechsel zeigt die ARD ein glänzendes psychologisches Kammerspiel. ‘Haus aus Glas’ handelt davon, was Familie ausmacht.” Hier in der Mediathek halbes Jahr verfügbar.
Schreibe einen Kommentar