Das Recht auf analoges Leben braucht mehr Kämpfer*innen-Herz / Wundersame Bahn CLXXX
Mehrmals schon hatte ich bemerkt, dass die schärfsten Befürworter*innen für ein Recht auf analoges Leben die digitalen Nerds vom CCC oder von Digitalcourage sind. Denn die wissen genau, wovon sie reden. Viel publizistischen Ausdruck finden sie bei netzpolitik.org, einem Medium, das sein Weiterbestehen soeben durch erfolgreiches Crowdfunding für ein weiteres Jahr gesichert hat. Das ist auch nötig. Denn die digitale Umzingelung, Enteignung und Entrechtung endet nicht freiwillig und durch Einsicht ihrer datenstehlenden Betreiber*innen.
In unserer Wundersame-Bahn-Serie hatten wir Sie frühzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass die Deutsche Bahn AG beim Vertrieb der Bahncard auf 100% digitalen Vertrieb umstellen will. Das ist nicht auf die BahnCard beschränkt, sondern durchzieht alle Strategien dieses unseres volkseigenen Konzerns, wie Timo Rieg/telepolis allzu anschaulich verdeutlicht: “Deutsche Bahn: Alles wird digital und der Fahrgast zum Problem – Über Servicerückbau und Probleme mit Bezahlmöglichkeiten. Kritische Analyse einer Institution, der die demokratische Steuerung fehlt.”
Nun stellt sich ein klassisches organisationspolitisches Problem. Die grössere Masse der Betroffenen von diesem Serviceabbau sind Alte, meine Altersgruppe und Ältere. Das sind viele, geburtenstarke Jahrgänge. Die potenziell delinquenten Jahrgänge sind dagegen die Jungen. Von denen werden viele fragen: “Wo ist das Problem? Ich hab keins.” Bleibt die kleine sozial isolierte Minderheit der jugendlichen Jahrgänge, die politisch und fachlich Superbewussten, die o.g. Nerds. Die müssten nun eine Organisationsbrücke zu uns Alten bauen – und umgekehrt – und wir müssten so viel PR-Radau machen, damit Medienöffentlichkeit überhaupt Interesse für dieses Problem entwickelt. Und erst, wenn das passiert, wird die überlastete demokratische Politikszene fragen: was ist denn da nu wieder los?
Ich fürchte also, da es ja unbestreitbar jede Menge “wichtigerer Probleme” gibt: die Deutsche Bahn AG macht einfach so weiter. Denn wer braucht denn Fahrgäste?
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