Die globale Sackgasse deutscher Politik zeigt sich in der fachlichen Ignoranz ihrer eingebetteten Medien
Warnhinweis: es geht gleich wieder um Fussball. Seit langem streite ich mich mit Extradienst-Autor Helmut Lorscheid über sein penetrantes Beharren auf die Feststellung, die deutsche Aussenministerin sei “dumm”. Hätte er Recht, wäre das hier anzuzeigende Problem kleiner. Ich behaupte dagegen, dass sie eine authentische Repräsentantin gesellschaftlicher Verhältnisse unseres Landes ist. Und das wiederum ist in diesen Tagen wieder besonders spektakulär im Fussball zu sehen. Davon erfährt aber (fast) niemand was, weil (fast) niemand berichtet (= negatives Agendasetting),
Ausser der Kollege Glenn Jäger/Junge Welt: “Nur einer bleibt daheim – Turniere des Südens: Ende der Woche beginnen in Côte d’Ivoire der Africa Cup und in Katar die Asienmeisterschaft”. Doch Vorsicht: auch dieser Text verschwindet in ein paar Tagen in einem Paywall-Archiv.
Was Jäger berichtet, bedeutet, dass die Mehrheit der real existierenden Fussballwelt ihren Kontinentalmeisterschaften entgegenfiebert. Nur Europa nicht. Das hat im Sommer selbst seine eigene EM in Deutschland. Und hierzulande hagelt es hinter den Kulissen schon Schuldzuweisungen, wer schuld ist, dass es keine “Sommermärchen”-Wiederholung wie 2006 geben wird. So sind wir: wir wissen alles besser, vor allem schon vorher, warum uns nichts gelingt.
Das ist in Asien und Afrika anders. Dort breitet sich Optimismus aus, während wir hier in Europa lieber Kriege führen und mit Waffen beliefern. Alle Jahre wieder wiederholt sich das Gegreine europäischer Fussballkonzerne, dass sie aufgrund sportlicher Gesetze preisgünstig verpflichtete Arbeitskräfte für ihre Nationalteams abstellen müssen. Das war ihnen allen natürlich schon bei Vertragsabschluss bekannt. Und den vollziehen sie, weil diese Leute ein weit günstigeres Preis-Leistungsverhältnis bieten, als bioeuropäische Jugendliche mit AfD-artigem Friseur.
Nicht wenige versuchen sich mit ihren afrikanischen Angestellten zu verschwören, irgendwelche Verletzungen oder chronische Leiden vorzutäuschen, um der Verpflichtung für Nationalteams zu entgehen. Die Mehrheit der Spieler*innen macht das jedoch nicht mit, weil diese Turniere, anders als für ignorante deutsche Medien, für sie ein biografischer Höhepunkt sind, bei denen ihnen weit mehr Verehrung und Respekt entgegengebracht wird, als in halbleeren Ministadien von unbegrenzt zahlungskräftigen deutschen Plastikvereinen. Aber von irgendwas müssen sie ja ihre Grossfamilien und Beraterclans finanzieren.
Dass der deutsche Fussballjournalismus sich fast komplett von der adäquaten Berichterstattung von solchen Turnieren abmeldet, sagt mehr über die deutschen Aussenbeziehungen, als die zuständige Ministerin. Aber der oben gelobte Kollege Jäger hätte wenigstens seine “guten Kneipen” namentlich benennen dürfen.
Ob die Baerbaum wirklich dumm ist oder nicht, scheint mir eher nebensächlich zu sein. Sie ist zumindest authentischer Ausdruck des ökonomischen und damit verbunden kulturellen Niedergangs der z.Z. noch “links”-liberalen politischen Organisierung des herrschenden Monopolkapitalismus. Auf dieser sozioökonomischen Basis ist davon auszugehen, dass es unter konservativen und/oder rechtsradikalen Regierungen in Zukunft keineswegs besser werden wird