Widerstand des Fussballs gegen die neoliberale Ökonomie – er ist tapfer, kann sich aber nicht durchsetzen
Der BVB hat soeben den VFL Bochum 3:1 geschlagen. Würde sich der ökonomische Marktwert abbilden, hätte das Ergebnis ca. 9:1 lauten müssen. Bochum war nahezu gleichstark. Am Ende brach eine falsche Elfmeterentscheidung – dem Foulspiel ging ein klares Arm-/=Handspiel des Dortmunders Füllkrug voraus, da gab es in meiner Fussballkneipe unter den zahlreichen BVB-Fans keine zwei Meinungen – ihren tapferen Widerstand im Ruhrpottderby. Das BVB-Team ist weiterhin instabiler, als es sein Marktwert von knapp einer halben Milliarde nahelegt.
Dass der BVB am Ende so “klar” obsiegte, lag an den richtigen Einwechslungen (Bynoe-Gittens! Marktwert 28 Mio.), und vielleicht auch daran, dass er eingewechselte Bochumer Hofmann (Marktwert 2.5 Mio.) bei einer Weltklassegrätsche von Mats Hummels (Marktwert 6 Mio., wg. hohen Alters nicht mehr), anders als seine cleveren Dortmunder Pendants, keinen Elfmeter “genommen” hat, sondern aufrecht auf zwei Beinen blieb.
Die Elfmeterentscheidungen werden harte BVB-Fans als gerechten Ausgleich gegen Bochum ansehen. In der Vorsaison wurde die Meisterschaft u.a. durch die Verweigerung eines klaren Elfers in Bochum (Endergebnis 1:1) verloren, als Karim Adeyemi seine Schauspielkunst beim Fallen wie immer übertrieb – er tut das auch bei tatsächlichen Fouls. Wie soll ein Schiri da den Unterschied erkennen? In der jetzigen Saison geht es für den BVB nicht mehr um die immateriellen Meisterehren, sondern harte Währung: Qualifikation zur Champions League, da wo die Millionen winken. Ohne die bräuchte die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA einen neuen Watzke, der sie vor der Insolvenz retten muss.
Insgesamt war das heute unter den beschriebenen Stressoren ein sehr ansehnliches Spiel mit wenigen Glanzlichtern, aber harter ehrlicher Arbeit beider Teams. Das mögen wir im Ruhrgebiet.
Die andere Borussia zeigte ein neues Gesicht
Die sportliche Sensation des abgelaufenen Bundesligaspieltages war das 0:0, das die zweitschlechteste Abwehr der Liga beim spielerisch klar besten Spitzenreiter, der Betriebsmannschaft des Bayer-Konzerns, holte. Hier hätte das Ergebnis nach Kapitalwerten 3:1 lauten müssen.
Dass die Abwehr der Borussia eine so erfolgreiche Arbeit zu leisten imstande ist, wirft die Frage auf, wie bei jedem anderen Team auch, warum sie diese Fähigkeit nicht kontinuierlich auf’n Platz bringt. Dazu wiederum ist meine steile These: die neoliberale Deformation der Charaktere verleitet nicht nur im Teamsport, sondern gesellschaftlich, also auch z.B. in der Teamdisziplin “Politik”, dazu, die eigene Leistungsfähigkeit nur zu ausgewählten Anlässen in ihrer ganzen Pracht zu präsentieren und gezielt zu dosieren. Im Fussball heissen diese Anlässe “Champions League” oder WM/EM. Das bleibt vor allem innerhalb eines Teams niemandem verborgen, und wird zum Holzwurm im Gebälk/in der Architektur und Hierarchie einer Gruppe, die nur zusammen erfolgreich sein kann.
Konkurrenzkampf oder Solidarität – das ist immer wieder die entscheidende Frage. Fragen Sie doch mal die spanischen Frauen, wie die Weltmeisterinnen geworden sind …
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