Viele was-mit-Medien-Menschen können mit deren sozialer Intelligenz nicht ganz mithalten

In meiner idyllischen Beueler Wohnumgebung haben soeben die verbündeten Krähenstämme die Luftherrschaft übernommen. Die bekannten rheinischen Halsbandsittiche, ausgewilderte Käfigtierchen, die ebenfalls die Macht der kollektiven Solidarität beherrschen, machen keinen Pieps mehr. Der menschliche Volksmund sagt, “eine Krähe hackt der Anderen kein Auge aus”, was der sozialen Intelligenz dieser wenig possierlichen Spezies nur begrenzt Rechnung trägt. Sie sind gross, sie sind schwarz, und ihre Sprache erfreut das menschliche Ohr eher nicht. Und sie gehen noch nicht mal zur Seite, wenn ich mit meinem Fahrrad daherkomme. Sie wissen also von ihrer eigenen (Nerven-)Stärke, sie entwickeln bewährte Routinen. Das macht sie uns ähnlich.

Nicht wenige Menschen, insbesondere was-mit-Medien-Menschen, sind von diesem Niveau bereits überfordert. Wie kommichdrauf?

Michael Maier/Moritz Eichhorn/Berliner Zeitung: Skandal bei Süddeutscher Zeitung: Chefredaktion durchsucht eigene Redaktion – Die Süddeutsche hat Telefone und E-Mails ihrer Redakteure durchforstet, um einen ‘Maulwurf’ zu finden. Reporter ohne Grenzen sieht den Quellenschutz in Gefahr.”

Dazu müssen Sie wissen, dass die Verleger*in der Berliner Zeitung, das Milliardärsehepaar Friedrich, deren leitender Angestellter Autor Michael Maier als “Herausgeber” ist, von den rivalisierenden Milliardärsfamilien im deutschen Zeitungsverlagswesen keines Blickes und nicht des geringsten Respekts für würdig erachtet wird, weil die Dame und der Herr ostdeutsche neureiche Emporkömmlinge sind, die überhaupt nicht wissen, was sich im deutschen Zeitungswesen gehört. Diese Missachtung beruht auf Gegenseitigkeit.

Bei der SZ wiederum, die schon lange kein Familien-, sondern diversifizierter Clanbesitz (SWMH) ist, herrscht schon seit vielen Jahren dicke Luft. Da will mann gar nicht dazwischensein. Ob nun die Chefredaktion unfähig zur Menschenführung ist – oder sich falsche Fuffziger als “Maulwürfe” oder “Whistleblower” betätigen? Wenn die Konfliktbeteiligten noch irgendwas gemeinsam haben, dann sind es ihre charakterlichen Mängel.

Die Berliner Zeitung wiederum beschäftigt ihrerseits seit kurzem einen Jungredakteur, dessen spezielle Aufgabe ist, mit dicken Kanonen auf “Correctiv” zu schiessen. Denn ostdeutsche Verleger*innen wollen es sich mit der AfD nicht so verderben, wie der Bottroper David Schraven. Aus meiner bornierten Wessisicht: sektiererisch, stark müffelnd …

Grimme und Grimberg

Auf einem eigenen persönlichen Feldzug ist offenbar der ehemalige taz-Medienredakteur, ehemalige ARD-Pressesprecher und Mitarbeiter von Karola Wille, heutige katholische Medienredakteur und taz-Kolumnist Steffen Grimberg. Möglich, dass er sich schon mehrmals um den Job beworben hat, den die von ihm nun schon seit Monaten heftig angegriffene Frauke Gerlach, eine ehemalige Arbeitskollegin von mir, am Ende bekommen hat: Geschäftsführerin des Adolf-Grimme-Instituts. Viele Männer im Business haben es versucht. Und haben von Anfang an gewusst, dass das mit einer Frau nicht gutgehen kann. Zumal einer uneitlen Prädikatsjuristin. So ist es dann ja auch gekommen.

Tatsache ist: Frauke Gerlach war/ist leitende Angestellte. Politisch Verantwortliche sind diese Damen und Herren. Ich weiss, dass viele gute Leute in diversen Grimme-Jurys derzeit von Entsetzen erfasst sind, wie auch der Kollege Grimberg. Aber nicht alle gehen so beleidigt und extrovertiert-selbstverliebt damit um. Manche versuchen sogar mit eigenen Solidaritäts(!)-Kräften das Kind wieder aus dem Brunnen zu holen (ich kenne welche persönlich). Die haben meine Sympathie. Aber ob sie erfolgreich sein werden, ist zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich. Das sagt mir mein Blick auf die NRW-Medienpolitik und die der sie tragenden (bzw. nichtstuenden und in Deckung bleibenden) Parteien.

Dass Frauke Gerlach ihre Verteidigung nicht mit gleicher publizistischer Artillerie verficht – sagte ich schon, dass sie ein juristisches Prädikatsexamen hat? – das ist nicht nur das Klügste für die Verfolgung ihrer eigenen Interessen, sondern nötigt mir auch weit mehr Respekt ab, als die Gockel, die ständig uns als Öffentlichkeit lärmend umkreisen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net