Hinter dem rammenden Containerschiff verbergen sich mächtige superreiche Gewerkschaftsfeinde – europäische!
Schlimmschlimm, diese USA. Die kaputte Infrastruktur da, und die rechtlosen Arbeiter, die beim Reparieren von der einstürzenden Brücke in Baltimore fallen. Mutmasslich keine Weissen, die um diese Zeit an diesem Ort malochen, oder? Bei uns in Europa gäbe es sowas nicht … obwohl: doch, 2018 in Genua, da war ein fettes Containerschiff gar nicht nötig, um die Brücke einstürzen zu lassen.
Aber das war ja Italien. Deutsche wissen in der Regel bescheid, weit besser als die Italiener*innen selber, wie es da zugeht. Bei uns immerhin, so viel Beruhigung muss sein, werden die Brücken gesperrt, bevor sie einstürzen. Und nicht zu fassen: eine mehrere Monate gesperrte Autobahnbrücke, auf der ich noch meinen Führerschein, von dem ich seit Jahrzehnten gar nicht mehr weiss, wo er ist, gemacht habe, wurde wieder freigegeben – allerdings nur für PKW. Die LKW-Karawanen ziehen weiter durch die heimeligen Wohngebiete der idyllischen Emscherzone.
“Ist das aber grün hier!”
Wenn Sie dort als Auswärtiger sich bewegen wollen, sagen Sie bloss nicht: “Ist das aber grün hier!” Das ist verboten. Sie wissen ja, freie Meinung sagen soll ja gefährlich geworden sein … Tatsache ist: in den Osterferien fährt keine Bahn dahin, der Ruhri ist seit Jahrzehnten von Autobahnen und motorisierten Blechen drogenabhängig. Strassenbahnen wurden in der Erde vergraben, damit die Autos mehr Platz haben. Fahrräder dürfen auch fahren – da wo früher Eisenbahnen fuhren. Fussgänger werden, wenn wir so doof sind, geläufiger Medienberichterstattung zu folgen, grundsätzlich von libanesischen Clans überfallen und im Widerstandsfall abgestochen, und zwar da, wo einst Strassenbahnen auch nachts für minimale Öffentlichkeit gesorgt hatten. Kirchen sind geschlossen, dafür in jedem Hinterhof eine Moschee. Eine grobe Zählung der Startseite von waz.de, dem Monopolmedium im Ruhrgebiet (“Funke-Mediengruppe”), ergibt an einem einzigen Tag 30 Katastrophen, Unfälle. Überfälle, Entlassungen etc.
Wie kommichdrauf? Ach so die Brücken … So wie ich zu Genua in einer 5-Minuten-Recherche Hintergründe bei Wikipedia fand, ist im Fall Baltimore Jacobin vorgegangen, und hat sich mit einer Story-Übernahme bei The Lever bedient. David Sirota, Lucy Dean Stockton, Helen Santoro, Freddy Brewster und Katya Schwenk: “Das Unglück von Baltimore kam nicht aus heiterem Himmel – Das Unternehmen hinter dem Frachtschiff, das den katastrophalen Brückeneinsturz in Baltimore verursachte, hat in der Vergangenheit Mitarbeiter daran gehindert, Verstöße und Sicherheitsbedenken an die Behörden zu melden.”
A. P. Møller-Mærsk – der gewerkschaftsfeindliche Konzern hinter der Katastrophe
Gechartert, und damit das Risiko und die Verantwortung outgesourced, war der havarierte Containerdampfer von der Reederei Maersk. Die hat eine lange Geschichte der globalen Markteroberung, und ist mit einer mehr als klaren Besitzmehrheit tatal europäisch, genauer: dänisch. Was sagt die EU dazu? Die bleibt natürlich in Deckung, sonst kommt noch jemand auf dumme Ideen.
Eine dieser Ideen ist, dass das globale Logistikwesen sich in der Hand von höchstens einem halben Dutzend kapitalfettgefressenen Monsterkonzernen ist, die eins am wenigsten wollen: dass Staaten, oder gar Rechtsstaaten, in ihre Unternehmenspolitik reinreden. Die sollen Marine schicken, um sie zu beschützen, und ansonsten die Klappe halten – vor allem die Medien selbstverständlich. Dafür dürfen die auch ab und zu mal mit Kamerateams mitfahren, und tolle Bilder von den Ozeanen drehen.
Hamburgs Kandidatin: Köhlbrandbrücke
In der Schneise der Totalschäden, die Olaf Scholz in seiner politischen Karriere hinterlässt, ragt z.B. die Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen heraus (über die ich auch mal gefahren bin), und über die sogar der Spiegel es geschafft hat, eine informative Story vorzulegen – ach nein, der hat das nur von dpa übernommen: “Hamburger Wahrzeichen: Was wird aus der Köhlbrandbrücke? – Die viel befahrene Hamburger Köhlbrandbrücke ist fast 50 Jahre alt und marode, die Stadt spricht von einem »technisch-wirtschaftlichen Totalschaden«. In den kommenden Jahrzehnten muss sie ersetzt werden. Nur wie?”
Immerhin: die steht noch.
Zur Aussichtslosigkeit der Hamburger Hafenpolitik ist weiterhin eine sehenswerte Reportage von Stefan Buchen/NDR verfügbar: “Kampf um Riesenpötte: Wohin steuert Hamburgs Hafen? – Mit der neunten Elbvertiefung hat sich der Hamburger Senat mit Unterstützung der Bundesregierung im Jahr 2012 entschieden, in den Wettlauf mit den wachsenden Schiffsgrößen einzusteigen. Zwischen 2019 und 2021 wurde die Elbe vertieft und verbreitert. Anfang 2022 erfolgte die Freigabe der neuen Maximaltiefgänge von 14,50 Metern bei Flut und 13,50 Metern tideunabhängig. Hat die Elbvertiefung den erhofften Effekt gebracht? Wie hoch sind die Kosten, wie hoch ist der Nutzen? Diesen Fragen geht dieser Film von Stefan Buchen nach.” (Video 45 min).
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