Es ist ja schön, dass die Menschen im idylllischen Leverkusen endlich mal was zum Freuen haben. Wie lange haben sie darauf gewartet? Meine Borussia schaffte das schon fünf Jahre, nachdem ich sie in mein Herz geschlossen hatte. Nun warte ich seit 1977. Und die Menschen in Mönchengladbach haben es auch nicht viel schöner, als die in Leverkusen. Aber die Mehrheit der Fussballfans ist froh, dass es endlich mal einen anderen Meister gibt, als immer. Und wendet sich wieder dem Alltag ihres eigenen Vereins zu, bevor die EM droht.

Gut, ich weiss, dass die Menschen in Leverkusen wenig zu lachen haben. Aber das hat auch seine Gründe in gesellschaftlicher Wirklichkeit. Die Fachpresse meldet, der “Vereins”boss habe versichert “Nächste Saison geht’s weiter”. Mehr nicht? Der Mutterkonzern hat einen Umsatz von über 47.000.000.000. Die Betriebsmannschaft kostete übern Daumen von diesen 47 eine halbe Milliarde – die Hälfte von der im süddeutschen Raum.

Gut, billiger ist sie jetzt sicher nicht geworden. Und der Mutterkonzern hat aufgrund seiner Fehlinvestition in den agroindustriellen Saatgutmonopolisten Monsanto zuletzt knapp 3 Mrd. Verlust gemacht. Das sind keine Erdnüsse.

Es ist nicht schwer herauszufinden, warum der Boss der Betriebsmannschaft sich nicht weiter als für ein Jahr aus dem Fenster hängt. Werner Wenning (77) war mal reich und noch mächtiger. Er ist es aber nicht mehr (mächtig). Er sitzt auf einem absteigenden Ast. Ich kenne ihn nicht, wie realitätstüchtig er ist. Normalerweise müsste er selbst das am besten wissen. So eine Meisterfeier in seinem Alter verschönt den Blick auf das eigene Lebenswerk. Sie hat das Potenzial ihn auch zu trüben. Davon würde ich den Leverkusener*inne*n allerdings dringend abraten.

Die jüngsten Machtwechsel im Bayerkonzern lassen befürchten, dass es eines Tages ganz schnell gehen kann.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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