Zwei Menschen, die ich mindestens insoweit verehre, dass ich aufmerksam wahrnehme, was sie öffentlich unternehmen, haben mich diese Woche überrascht. Entsprechend herrschender Machtverhältnisse beginne ich mit dem Mann: Xavier Hernández i Creus bleibt Fussballlehrer beim verehrungswürdigsten Fussballclub der kapitalistischen Welt. Barca wurde jüngst beim Clasico wieder nach Strich und Faden verarscht. Schlimmer aber war der abgewählte Vorstand, der den “Mes Que Un Club” mit krimineller Energie dem Ruin nahegebracht hat.

Seitdem ist der Club transferpolitisch gefesselt, wie der Karnevalsverein vom Dom, und Xavi war der Spass an der Arbeit wg. der inneren Intrigen im Club schon vergangen. Dass er bleibt, ist vielleicht mehr wert, als ein Sieg im Clasico.

Aber jetzt zu Sibylle Berg

Ich hatte es völlig verpasst, das muss wohl an mir und meiner selektiven Mediendiät liegen, dass sie Politikerin werden will. Das bedaure ich. Denn ich finde, jeder Mensch sollte das tun, was sie am besten kann. Bei Frau Berg ist das eindeutig paywallfreies Schreiben. Gut, ich muss zugeben: TV konnte sie auch gut. Damals, bei der einzigen TV-Talkshow, die ich schmerzfrei und vergnügt ertragen konnte, “Roche & Böhmermann”, seinerzeit von btf aus Ehrenfeld produziert, ein Meisterwerk der Produktionskunst, schrieb und sprach sie selbst die Vorstellung der Gäste, und machte das zu einer eigenen Kunstform, die zum Glück nie jemand nachzuahmen versuchte.

Nun also kandidiert sie, als Nachfolgerin des depressiven Nico Semsrott, neben Martin Sonneborn für “Die Partei” zum EU-Parlament. Semsrott hat der Berliner Zeitung jüngst ein Bilanzinterview gegeben, das diese flugs eingemauert hat. Ich fasse zusammen: seine Kandidatur war keine gute Idee, mehr eine Verzweiflungstat. Neben Sonneborn hatte er als Performer keine Chance. Wird Sibylle Berg die nun haben? Ich zweifle.

Ich lernte aus dem Semsrott-Interview, dass nur, wer der “Partei” und Sonneborn Böses will, sie am 9.6. wählen sollte. Die Damen und Herren, jedenfalls die mit PR-fähigem Format, sind Solist*inn*en. Politik dagegen ist Teamsport. Für Solist*inn*en die Höchststrafe.

Aber auch Respekt. Spielertrainer Markus Kompa/telepolis gibt sich alle Mühe, auch wenn er die Weltklasse von Xavier Hernández i Creus in diesem Leben nicht mehr erreichen wird: EU-Wahl: ‘Wir haben Zaunpfähle gegessen’ – Deutsche sollen immer genau das wollen, was sie am wenigsten können. Interview mit dem Wahlkampfduo der Partei: Sibylle Berg und Martin Sonneborn.”

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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