Warum Trump? Und warum all die andern?

Geiz ist nicht geil – Donald Trump vs. Stormy Daniels. Warum genießt Trump trotz dieser Affäre weiterhin die Gunst seiner Wähler?” so fragt Eva C. Schweitzer/overton. Sie lebt und arbeitet in New York, und dort findet sie keine Antwort.

“Nun trifft man sehr wenige Trump-Fans in Manhattan, die Stadt der unbezahlten Handwerker; es gibt welche, aber die halten sich entweder sehr bedeckt oder aber sind ganz offensichtlich verrückt und man möchte ja nicht vor ein Taxi geschubst werden.” Also liess sie sich vom State Department (so heisst dort das Aussenministerium) nach North Carolina fahren, und dort hat sie einen gefunden, mit dem sie diskutieren konnte. Was sie berichtet, hörte ich heute ganz ähnlich an meinem Mittagstisch von einer Freundin aus dem Combahnviertel, die eine ganz ähnliche 1 1/2-stündige sachlich-freundliche Debatte mit ihrem Elektriker kasachisch-deutschrussischer Herkunft hatte, der ihr Wladimir Putin als “total rationalen” Typen erklärte.

Will sagen: warum lassen sich so viele Wähler*innen von Faschisten an der Nase herumführen? Wir müssen das verstehen lernen. Eine Erklärung von Harmut Rosa hat die Berliner Zeitung eingemauert: “Der Soziologe Hartmut Rosa lebt in Thüringen. Im Gespräch erklärt er, warum er formale Brandmauern für falsch, das Debattenklima in Deutschland für aggressiv und viele Medien für einseitig hält.” (Teasertext).

In nahezu allen reichen Ländern hat sich die Linke (nicht die Partei dieses anmassenden Namens, sondern die gesellschaftliche und einst an Organisationen feststellbare) weitgehend in Luft oder in mikroskopische Einzelbestandteile (“Zellen”) aufgelöst, vorzugsweise mittels im Streit um zu Grundsatzfragen aufgeblasenen Nebensächlichkeiten. Es gibt keine organisierte politische Kraft, die sich um die wachsende Zahl von Ausgegrenzten und Deklassierten kümmert – sie werden von fast allen Parteien “gejagt” und verraten, und von keiner geschützt (jedenfalls keiner, die es auch kann).

Das North Carolina von Frau Schweitzer gibt es hierzulande auch städtisch, im grössten deutschen städtischen Ballungsraum entlang der Emscher, da, wo früher die sichersten SPD-Wahlkreise der West-BRD waren. Viele Kneipen sind dort nicht mehr offen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net