Beueler-Extradienst

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Hab’ doch schon gewählt

Die Parteien könnten viel Geld sparen

Meine EU-Wahl habe ich Freitag schon erledigt. Das Wahlbüro im Rathaus Beuel ist ab morgens 8 bis 18 h geöffnet, freitags bis 13 h, aber am letzten Freitag vor der Wahl auch bis 18 h. Kurz und schmerzlos ist in weniger als 5 Minuten alles erledigt. Mitnahme eines Stimmzettels als Souvenir ist leider nicht erlaubt. Er ist schmaler als sonst – nur eine Stimme, die gesamte BRD ist ein einziger Wahlkreis. Dafür ist er lang wie eine Tapete: ca. 40 Parteien, ich habe nicht alles gelesen.

Ich habe selbstverständlich wahl-o-mat gespielt, und war erstmals nicht mehr wirklich schockiert über mein Ergebnis. Das ist übrigens geheim, wie meine abgegebene Stimme. Aber ich verrate Ihnen die Abstiegsplätze: FDP, AfD, CDU/CSU.

Ich habe es schnell hinter mich gebracht, eh’ ich es mir noch anders überlege, oder, wie bei der Bundestagswahl 2013, wg. eines Fahrradunfalls am Wahlsonntag im Krankenhaus lande.

Nachdem das schon erledigt ist, lese ich Timo Feldhaus (Interview)/Berliner Zeitung: Sibylle Berg: Die DDR wird dem rückständigen Westen ein Vorbild sein – Die Schriftstellerin Sibylle Berg kandidiert für das EU-Parlament mit Martin Sonneborns Partei Die Partei. Im Interview erklärt sie, warum. Wie lässt sich die EU umbauen?”

Bevor die Berliner Zeitung auf die Idee kommt, das Interview digital einzumauern, möchte ich eine Aussage der von mir hochverehrten Schriftstellerin zustimmend zitieren: “Ich lehne die Instrumentalisierung des Leides und des Krieges in der Ukraine ab, da im Moment von der Aufmerksamkeit ausgelassene 150 weitere unterschiedliche Kriege stattfinden. Und in die meisten werden europäische Waffen geliefert. Jeder Krieg ist ein prähistorischer Anschauungsunterricht im Bereich der Lernunfähigkeit der Menschen. Pazifistin zu sein heißt heute, einen Shitstorm dafür zu bekommen, dass man an den Fortschritt glaubt. Der ohne das Abschlachten junger Menschen, ohne verwüstete, verseuchte Länder und leidende Zivilisten auskommt. Es gibt den medial kaum erwähnten Bereich der Friedensforschung, in der hervorragende Wissenschaftlerinnen Strategien und Theorien entwickeln, um eine Zukunft ohne die Abschlachtung von kindlichen jungen Männern zu erreichen. Warum muss man stattdessen von Waffenlobby-befeuerten PolitikerInnen lesen und hören, die sich in ihrem Leben und mit sich dermaßen langweilen, dass sie einen Weltkrieg als belebend empfinden. Warum können, wenn es schon Krieg sein soll, die Länderchefs ihre geopolitischen Interessen nicht im fairen Faustkampf durchsetzen?”

Im gleichen “Blatt” ein Interview von Michael Maier: Fabio De Masi: Energische Kampfansage an Ursula von der Leyen – Der Wirecard-Aufklärer Fabio De Masi will die Machenschaften von Ursula von der Leyen aufdecken – und neue Skandale verhindern.”

Personen sind im EU-Wahlsystem nicht wählbar. Sonst hätten mich die beiden jeweils schwach machen können. Ihre Parteien aber lagen in meinem wahl-o-mat nur im oberen Mittelfeld, nach dem neuen Irrsinns-Qualifikationssystem u.U. Champions-League, jedenfalls ungefähr da, wo in der Bundesliga Freiburg oder Heidenheim stehen. Für mein Kreuz reichte das nicht. Aber was die beiden zu sagen und zu schreiben haben, lese ich gern.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Christian Wolf

    Sybille Berg, mit ihrer Beschreibung von Krieg und Leiden junger Menschen gibt zu denken. Denn egal, ob sie Russen, Ukrainer, Palästinenser, Israelis oder anderer Herkunft sind, sie geben ihre Gesundheit, ihr Leben für eine Idee, eine Religion oder für einen Führer (gleich welcher Art) dahin. Sie sind im Sterben allein, egal, welch unglücklichem Vorbild sie folgtem.

    Was wäre wenn die Jugend, die Lust zu leben das Handeln bestimmen würde, die Eigenverantwortlichkeit für sich selbst verhindern würde, die Eigenopferung abzulehnen, weil keine Religion, kein Führer stark genug wäre, sie zu brechenund bis zur Selbstzerstörung aufzuhetzen für einen Erfolg, den sie selbst nicht mehr erleben können.

    Was wäre, wenn wir unseren Kindern vom ersten Tag an zeigen, dass wir in der Gemeinschaft alles erreichen können, allein aber scheitern, wenn wir uns für Ziele aufgeben, die andere für sich erreichen wollen.

    Wir werden es nicht verhindern können, die charmanten Verführer versprechen, was der schlichte Geist gern verstehen möchte. Dem sollten wir entgegen wirken und bereits im Kindergarten Werte vermitteln, die die Eigenverantwortung und die Eigenverantwortunglichkeit für alles Tun , einfordert.

    Dann würde es keine Soldaten geben, die andere Soldaten auf der anderen Seite (wo auch immer die sein mag) furchtlos erschiessen könnten, denn sie würden wissen, dass auf der anderen Seite auch nur ein Mensch, fast gleichen Alters, um sein Leben bangt.

    Vielleicht sollten wir noch mehr Waffen liefern, irgendwann haben sie sich alle ausgerottet. Und wer überlebt, könnte später berichten, dass es sinnlos war – das wäre freilich ein Erfolg. Leider bin ich Skeptiker.

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