Die EU hat den chinesischen Status 登录
Diese Tagesschau-Bilder werden Sie auch gesehen haben. Den Despoten Putin abkupfernd wurden die Herren Macron, Xi Jinping und Frau von der Leyen an einen zu gross geratenen Tisch gesetzt, und in den Bildern reden Macron und von der Leyen unablässig auf den mächtigen schweigenden Mann ein. In China werden diese Bilder ausgewertet worden sein. Was meinen Sie? Wie wohl?
Mit den realen Machtverhältnisse der Gegenwart hat diese Inszenierung nichts zu tun. Sie soll nur uns Unwissende hinter die Fichte führen. Sie wissen ja: im Extradienst arbeiten wir nicht mit Bildern (“sagt mehr als tausend Worte”), sondern nur mit Texten. Weil ich es mir leisten kann. Das ist ein Gefühl von Luxus, an dem ich meine Mitmenschen gerne teilhaben lasse.
In diesem Luxus stiess ich heute auf einen wie ich verrenteten verdienstvollen Kollegen, Detlef Borchers/heise. Er erzählt die Gründungsgeschichte der Rand-Corpration, eines bekannten US-amerikanischen Denkpanzers, dessen Texte auch von unserer Autorin Petra Erler immer aufmerksam gelesen werden: “Atomvernichtung der USA durch bis zu 360 Bomben – Das Forschungsinstitut RAND berechnete, mit wie vielen Atombomben die USA vernichtet werden könnte – nebenbei entstanden Pläne von Satelliten bis zum Internet.” Heute sieht es in den USA nicht besser aus, eher schlimmer. Die heutigen Handelskriegsnachrichten sind ein Dokument defensiver Schwäche, erschreckend, Trump-Ähnlichkeitswettbewerb.
Und nun zum Rivalen der USA, China. Den folgenden von mir empfohlenen Text hat ein Wissenschaftler verfasst, der in der Ukraine lebt und arbeitet. Das zerdepperte, so viel Ehrlichkeit muss sein, eine Menge meiner persönlichen Vorurteile. Der Dank gebührt dem Autor wie auch der Friedrich-Ebert-Stiftung und ihrem immer lesenswerten IPG-Journal. Nickolay Kapitonenko: “Mit Koffern voller Angebote – Die sich wandelnde Weltordnung drängt China zum Handeln. Auch in Europa buhlt das Land um strategische Partner – etwa in Paris.”
Naheliegender Gedanke aus der Sicht des Eurozentrismus: wie schlecht beraten kann ein globaler Machthaber sein, dass er sich in Europa neben Frankreich ausgerechnet Serbien und Ungarn aussucht? Ja, den Gedanken habe ich auch. Aber vielleicht gibt ein Perspektivwechsel Auskunft, anknüpfend an o.g. Tagesschau-Bilder: wer nicht will, der hat schon. Wenn die EU sich der Decoupling-Strategie der USA unbedingt anschliessen will, wird sie schon sehen, was sie davon hat.
China hat genug eigene Probleme. Aber wie kann es sein, dass sein autoritäres – angeblich sozialistisches – System, die Probleme des Kapitalismus cooler analysiert, und darauf mit steuernden staatlichen Interventionen zu reagieren versucht? Merle Groneweg (Interview)/Jacobin: “Wie Chinas staatliche Unternehmen die Wirtschaft wieder ankurbeln sollen – Chinas Immobiliensektor – einst zentrale Säule des Wirtschaftsaufschwungs – schlittert seit drei Jahren von einer Krise in die nächste. Politökonom Dic Lo erklärt im Interview, welche Konsequenzen diese Entwicklung für die chinesische Wirtschaftspolitik hat.” Grundbesitz ist öffentlich – keine hinreichende, aber eine notwendige Bedingung. Und wer keine preisgünstigen Solarzellen oder E-Autos will … der hat wohl schon genug davon.
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