Weil ein Täter afghanischer Herkunft einen deutschen Polizisten getötet hat, genügt es deutschen Medien und Politiker*inne*n nicht, den Rechtsstaat seine Arbeit machen zu lassen. Sie sehen eine günstige Gelegenheit aufzufallen, und zwar mit bedenkenloser Ignoranz gegenüber ebendiesem Rechtsstaat und seinen humanitären Regelungen menschlichen Zusammenlebens. Es bleibt ein Geheimnis dieser Auffälligen, ob sie damit wirklich Verbrechen und Islamismus bekämpfen wollen. Oder nicht doch vielmehr seine Opfer. Denn vertreiben wollen sie die, die vor ihm geflohen sind, weil sie hier eine Heimat von Freiheit und Menschenrecht erhoffen.

Peter Nowak/telepolis erklärt es ein weiteres Mal: Klare Kante gegen Islamisten und andere Rechtsextreme – Islamismus vs. Rassismus: Politiker fast aller Parteien bewerben nach Terrorakt in Mannheim alte Abschiebepläne. Dies betrifft auch Opfer von Islamisten.” Es geht auch sachlich-trocken, dann bitte sehr hier entlang.

DLF-Moderator Thielko Grieß versuchte dagegen mit wachsender rhetorischer Verzweiflung, der Grünen-MdB Lamya Kaddor eine knackige Abschiebeforderung zu entlocken. Es gelang ihm nicht – jedenfalls solange ich zuhörte, ich brach das ab (= Mediendiät).

Nichtsnutz-Konzentration in der Hauptstadt

Florian Rötzer/overton beschreibt es, aber ich wurde beim Lesen den Verdacht nicht los, dass er sich auch polemisch daran delektiert: Baerbocks mögliche Erfindung und die Kinderstube der Bundespressekonferenz – Die Außenministerin will einen von Hamas aufgenommenen Film einer Vergewaltigung gesehen haben, von dem sonst niemand Kenntnis zu haben scheint. Wie Florian Warwegs Nachfrage auf der Bundespressekonferenz abgewürgt wurde.”

Delektieren kann ich mich daran überhaupt nicht. Über Schadenfreude über Frau Baerbocks Fehler bin ich hinaus, vielleicht zu alt dafür. Entsetzt dagegen bin ich, wie beide Konfliktparteien dieses lächerlichen Falles, also die Leitung der Bundespressekonferenz auf der einen und der nervensägende profilsüchtige Herr Warweg auf der anderen Seite, beide einen spektakulären Tiefpunkt ihres jeweiligen Journalismus-Verständnisses markieren. Und dafür soll ich irgendwem irgendwofür was bezahlen? Das werde ich in der Lebenszeit, die mir bleibt, nach Kräften zu vermeiden versuchen.

Den inhaltlichen politischen Kern markieren – ein praktisches Beispiel, dass das geht! – Marcus Schneider & Jannis Grimm/IPG-Journal: Wertekollision – Die Positionierung der Bundesregierung im Gaza-Krieg beschädigt das Ansehen Deutschlands in der Welt nachhaltig. Noch ist Zeit, gegenzusteuern.” 60% der Deutschen sehen das angeblich ähnlich, also anders als die Regierung, die sie repräsentieren soll. Nunja, der Herr Güllner (Forsa), der diese Zahlen hat erheben lassen, erklärt auch gerne und oft, warum anderer Leuts “Umfragen” nichts taugen …

Ein Quell differenzierter Analyse und Information an gleicher Stelle die Texte über Mexiko und Taiwan:

Yesko Quiroga: Erdrutschsieg – Mexikos neue Präsidentin Claudia Sheinbaum will die linke Politik ihres Vorgängers fortsetzen. Doch die Herausforderungen des Landes sind enorm.”

Felix Lee: Machtkampf der Gewalten – Das Parlament in Taiwan legt der Regierung Zügel an. Zehntausende demonstrieren auf den Straßen: Die Polarisierung lähmt die Gesellschaft.”

Nützlich wäre auch der Appell von Julian Hilgers/uebermedien “Auslandsberichterstattung – Schenkt den vergessenen Krisen mehr Aufmerksamkeit!” – wenn er nicht eingemauert wäre (eine Woche warten).

Es ist also möglich. Warum machen die in Berlin nicht einfach ihre Arbeit? Immerhin: das IPG-Journal wird auch in Berlin hergestellt. Aber der “Gerichtsstand” ist Bonn.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net