Folge ich den Schlagzeilen eingebetteter Medien, ist die “verboten”, also Grund genug sie hier zu führen. Der Bundestrainer mit der special relationship zu Springermedien hat sich in eine selbstgebaute Loyalitätsfalle bugsiert, und findet nicht mehr raus. Nicht, dass ich Mitleid hätte …

Der 38-jährige Manuel Neuer, im gleichen Krankenhaus geboren wie ich einige Jahrzehnte zuvor, hat zweifellos seine sportlichen Fähigkeiten und Verdienste. Wenn jedoch ein Fussballlehrer nicht mehr nach individueller Leistung, sondern nach Loyalitäten sein Team zusammenstellt, wirft er selbst die Frage auf, um welcherart Loyalitäten es sich dabei handelt. Jeder DFB-Bundestrainer war seit ewigen Zeiten dem Verdacht ausgesetzt, dass die Loyalitäten gegenüber Angestellten des Fussballkonzerns aus dem süddeutschen Raum, Platz 18 der “Effizienztabelle” der Bundesliga (= aufgewandtes Kapital je gewonnenem Punkt; deutscher Meister: 1. FC Heidenheim), besonders waren. Und sind. Denn der jetzige Bundestrainer war zufällig zuvor selbst dort angestellt.

Die Gemütsruhe, die der Weltklassetorhüter Marc-André ter Stegen, 6 Jahre jünger als Neuer, seitdem öffentlich ausstrahlt, nötigt mir Respekt und Bewunderung ab. Wobei: wer den finanziell am Krückstock gehenden besonderen Verein FC Barcelona in der europäischen und Weltspitze hält, der hat genug Ruhm, und braucht den einer derangierten Nationalauswahl nicht. Nicht mehr, wenn er mit 32 schon alles bewiesen hat.

Was mit dem aus Gelsenkirchen nach Süddeutschland migrierten Anführer der DFB-Nomenklatura nun leistungsmässig los ist? Kein Medium will es ernsthaft wissen und recherchieren. Also bleibt nur das Spekulieren. Ich habe mich in den letzten Jahren wohlig daran gewöhnt, dass der Mann bei Auswärtsspielen in Mönchengladbach für meine Borussia in jedem Spiel mindestens ein schönes Geschenk dabei hat. Sollte es eine heimliche Liebe zu einem Verein sein, der seine Gehaltsvorstellungen schlicht nicht erfüllen kann (Umsatz ca. 1/5 des Konzerns aus Süddeutschland)?

Nun stellte sich gestern offenbar heraus – ich habe es wie 78 Mio. Deutsche nicht gesehen, sondern bin eigenen Vergnügungen nachgegangen – dass Neuers Geschenke gar nicht an meine Borussia gerichtet waren, sondern dass es sich um eine Neuer-spezifische negative Magie des Borussiaparks handeln muss. Das erst macht verständlich, warum dieses in der Bundesliga durchgehend ausverkaufte Stadion (46.000) nicht als EM-Spielort ausgewählt wurde (wohl aber das unterklassige Köln). Der alte Mann am Ende seiner Karriere soll mit Müh und Not ein Happyend geschenkt bekommen. Weiss er zu viel?

Ich habe es selbst nicht für möglich gehalten. Aber die klare Nummer 1 des deutschen Gruppengegners Schweiz, Yann Sommer, führt, obwohl er immer hinter einer schwächeren, bzw. weit billigeren Abwehr spielen musste, im direkten Vergleich gegen Manuel Neuer mit 7:6 Siegen (bei 5 Unentschieden). Signore Sommer, den sie beim Fussballkonzern, nachdem sie ihn meiner Borussia – danke dafür – teuer weggekauft hatten, für “zu klein” befanden, ist soeben mit Inter Mailand, der Mutter des Catenaccios, italienischer Meister geworden: mit 22 Gegentoren in 38 Spielen. Wow.

Die Weltklassemänner Ter Stegen (2009-14) und Sommer (2014-23) haben mit Uwe Kamps gearbeitet. Beim Abschiedsspiel dieser Legende war ich dank meines die Karte spendierenden Bruders im Stadion. Seit 20 Jahren bildet der Gute Torhüter aus. Die Ergebnisse sprechen für ihn. Dass sie das beim DFB nicht kapieren, ist deren Problem.

Torhüter der Kamps-Schule zeichnet aus, dass sie nicht, wie die der berüchtigten Ehrmann-Schule, Fussball als individuellen Kampfsport, sondern als Teamsport verstehen. Den “kleinen” Sommer zeichnete in seinen 10 Mönchengladbacher Jahren aus, dass er ein Anführer war, der seine Mitspieler nicht nur autoritär kommandierte oder nötigenfalls als Sündenböcke erwählte (unvergessen der später für kriminelle Sportwetten werbende Oliver Kahn), sondern dass er sie stärker macht(e). Es sind nicht viele, die das auf professionellem Niveau können. Solche Typen haben auch nach dem Fussball noch eine erfolgreiche Karriere. Wenn sie wollen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net