Menotti ist tot
Vor 20 Jahren gab es schon mal eine EM, die ich leider, leider fast vollständig geglotzt habe. Danach war ich von dem Gefühl verzweifelter Vergeblichkeit erfüllt. Obwohl ich durch persönliche Urlaube kaum ein Land mehr lieben gelernt habe, als Griechenland. Es war ein Deutscher, von bei mir umme Ecke, der mir meine Lust am Fussball verdorben hatte: Otto Rehhagel. Er liess die spielerisch limitierte Nationalmannschaft der Herren Griechenlands seinen rechten deutschen Herrenfussball spielen – und wurde Europameister.
Wie konnte es so weit kommen? Rehhagel, Jahrgang 1938, war traumatisiert. Im Krieg war er noch Kleinkind, die Hungersnöte der Nachkriegszeit dürfte er aber gut erinnern. Am 29.6.1978 war er schon 39, als ihn ein weiteres Trauma erreichte: das 0:12 des von ihm trainierten BVB gegen Borussia Mönchengladbach durch Tore von Heynckes (5), Nielsen (2), Del Haye (2), Wimmer, Lienen und Kulik schenkte ihm den Spitznamen “Torhagel”.
Nach der Theorie des heiligen César Luis Menotti spielte Rehhagels Griechenland 2004 rechten Fussball: alles ordnete sich dem “Erfolg” unter. Erfolg heisst nicht: das Volk erfreuen. Erfolg heisst: den Gegner besiegen. Logisch, dass das Volk, die Zuschauer*innen sich an Siegen mehr erfreut, als an Niederlagen. Aber es soll auch Spass und Freude machen, es soll Schönheit und Kreativität, neue Ideen, Kunst zeigen.
Darauf hat Rehakles’ Griechenland nicht nur bewusst verzichtet, der Deutsche hat ihnen jegliche Anwandlung solcherart ausgetrieben. Und das ist exakt das, was Gareth Southgate und seine Auswahl englischer Spieler bei diesem Turnier kopiert. Ich habe es in Gelsenkirchen selbst gesehen.
Wenn die nun am Sonntag gegen Spanien Europameister werden sollten, ist das in erster Linie ein Desaster für die Uefa. Wer will sowas sehen? Wer will sowas – jedenfalls in nüchternem, nichtenglischem Zustand – bezahlen?
Gianni Infantino und seine MaFifa amüsiert das.
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