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Neue US-Waffenstationierungen

Neue US-Waffenstationierungen für Deutschland – ein Untergangspakt; Scholz, Biden und Tom Lehrer

Olaf Scholz hat jüngst politisch zugestimmt, was seit 2021 in den USA in Planung ist: Auf deutschem Boden sollen Waffen stationiert werden, die den USA „Freiheit des Handelns“ gewähren. So jedenfalls steht es in einer Unterrichtung des US-Kongresses aus dem Jahr 2024, die Wolfgang Lieb gefunden hat. Bei diesen Waffen geht es taktisch oder strategisch nicht um eine bessere Verteidigung. Tomahawks sind „Erstschlagswaffen“. Sogar Wikipedia gibt das zu.

So wurde es auch vom wissenschaftlichen Dienst des US-Kongresses beschrieben. Mit solchen Waffen soll die territoriale Verteidigung eines Gegners (A2/AD) ausgehöhlt werden. Der Gegner heißt Russland. Wahrscheinlich habe ich mir alles nur falsch gemerkt, aber gab es nicht einmal die Überlegung, dass von deutschem Boden nie wieder…. Aber das war gewiss nur so ein Satz vor der „Zeitenwende“.

Die Waffen erreichen Geschwindigkeiten, die menschliche Denkfähigkeiten klar übersteigen

Eine noch viel weitergehende Frage ist die nunmehr auf unserem Boden geplante Stationierung von US-Hyperschallwaffen, dem Vernehmen nach der Geschwindigkeit Mach 5 (also fünfmal so schnell wie der Schall). An diesem Punkt hat Russland längst alles überholt, was die Nato, sprich USA, zustande brachten und zwar seit 2018. Allerdings ging es damals vorrangig um die russischen transkontinentalen Fähigkeiten gegenüber den USA.

Nun sollen sich künftig (theoretisch) Mach-x- Waffensysteme in Europa gegenüberstehen. Wobei eins weiter stimmt: Russische Hyperschallwaffen reisen schneller als die, von denen die USA noch träumen, aber wenn sich beide treffen sollten, dann wird Europa, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, verheert. Und zwar so schnell, dass die alte Faustregel, mit der man herausfinden konnte, wie weit ein Gewitter entfernt ist, nicht mehr hilft. Sie erinnern sich: 1,2,3…So zählte man nach einem Blitz. Machen Sie das mal mit Mach 5, Mach 9 oder Mach 20. Die Waffen erreichen inzwischen Geschwindigkeiten, die menschliche Denk- und nachfolgende Reaktionsfähigkeiten klar übersteigen.

Die erfolgreiche Entwicklung von Hyperschallwaffen hätte umgehend zu Abrüstungsinitiativen führen müssen. Aber wir sind ja längst den Zeiten der Besorgnis um die Zukunft des Planeten entwachsen, bzw. in der „Zeitenwende“ gefangen, in der es nicht mehr um Realität geht, sondern darum, was man glauben will. Genauer gesagt, nach der Pandemie-Zeit, in der Lebensrettung angeblich die ultima ratio aller staatlichen Verfügungen war, sind wir nun im Casino gelandet: Was kostet die Welt? Ihre Einsätze bitte! Nur, dass in dem Fall noch nicht einmal mehr die Bank gewinnt.

Selbstverständlich frage ich mich, ob eine solche Vereinbarung des deutschen Bundeskanzlers mit Biden über neue US-Waffenstationierungen in Deutschland überhaupt Bestand haben kann. Eine der beiden Parteien ist nicht mehr voll geschäftsfähig, jedenfalls muss man das aus dem Bericht des US-Sonderermittler zum Umgang von Biden mit geheimen US-Dokumenten schließen. Aber das gilt im weitesten Sinne für alle Dokumente der jüngeren Vergangenheit. Wieviel ist die formale Zustimmung eines US-Präsidenten Wert, der vor der Weltöffentlichkeit Selenskyj mit Putin verwechselt?

Ich will mir gar nicht ausmalen, wie sich das auf die Frage von Nuklearcodes auswirken könnte.

Ich frage mich auch, ob eine derartige Entscheidung von Scholz „demokratiefest“ ist. Mit wem wurde sie denn besprochen? Hat es ein breites Für und Wider darüber gegeben, ob es eine kluge Entscheidung ist, eine (vorhandene) US-Offensivwaffe nun in Deutschland zu stationieren? Oder weiß der deutsche Bundeskanzler womöglich etwas, was nicht in deutschen Medien kommuniziert wurde, etwas in der Preislage von: Keine Sorge, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die US-Tomahawks sind derzeit auch nicht lieferbar, und die US-Hyperschallwaffen scheitern anhaltend an der Physik? Ich wollte halt dem Alten noch einen Gefallen tun…

Dann besann ich mich auf Erfahrungen des Kalten Krieges, als es noch Menschen gab, die wussten, dass Entscheidungen über die Stationierung von Vernichtungswaffen Entscheidungen über Leben und Tod bedeuten und womöglich über das Ende der Welt.

Deshalb will ich heute auch mit einer nostalgischen, aber gänzlich satirischen Note schließen, so wie sie einst der große Tom Lehrer bei einem Konzert einbrachte. Der teilte seinem Publikum damals mit: Macht Euch bloß keine Sorgen, Begräbnisse und individuelle Trauer waren gestern. Im Atomzeitalter gehen wir alle gemeinsam. Ist das nicht schön?

Lehrer hat dieses Thema auch in anderen Liedern angesprochen. Warum er aufhörte zu singen, hat er nie erklärt. Nie hat jemand dafür eine abschließende Begründung gefunden. Er war Mathematiker, hat für die NSA gearbeitet und war auch (irgendwie) in die US-Atombombenforschung verstrickt. Seine Lieder gab er noch zu Lebzeiten frei – womöglich in der Hoffnung, dass sie aufrütteln könnten.

Ja, lieber Tom Lehrer, noch sind Sie am Leben. Noch werden Sie gehört! Nur nicht von Meinungsmachern und politischen Eliten im Westen. Aber das kommt (vielleicht) noch …

Dieser Beitrag ist eine Übernahme aus dem Blog der Autorin, mit ihrer freundlichen Genehmigung.

Über Petra Erler / Gastautorin:

Petra Erler: "Ostdeutsche, nationale, europäische und internationale Politikerfahrungen, publizistisch tätig, mehrsprachig, faktenorientiert, unvoreingenommen." Ihren Blog "Nachrichten einer Leuchtturmwärterin" finden sie bei Substack. Ihre Beiträge im Extradienst sind Übernahmen mit ihrer freundlichen Genehmigung.

5 Kommentare

  1. klemens roloff

    Ja, die Berichte über neue US-Waffenstationierungen auf deutschem Boden, die bislang nur wenig Beachtung fanden, geben Anlass, die jüngste Vereinbarung zwischen US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz als „Untergangspakt“ zu brandmarken – so wie Petra Erler es tut. Auch der Sarkasmus, mit dem Erler diese unheilvolle Perspektive kommentiert, ist nachvollziehbar: „Wahrscheinlich habe ich mir alles nur falsch gemerkt, aber gab es nicht einmal die Überlegung, dass »von deutschem Boden nie wieder« – aber das war gewiss nur so ein Satz vor der ‚Zeitenwende’.“

    Wolfgang Lieb jedenfalls dürfen wir Leser*innen danken, dass er diesen Vorgang öffentlich gemacht hat. Zu Recht bezeichnet er diesen Vorgang als einen von den USA provozierten Skandal, wie wir Bewohner des inzwischen vereinigten Deutschland ihn seit den späten 1970er Jahren nicht mehr erlebt haben: https://www.blog-der-republik.de/us-dokument-belegt-deutschland-ist-das-schlachtfeld-der-vorwaertsverteidigung-der-usa/

    Der Herausgeber des Beueler Extradienstes bemerkt zu Liebs Vorstoß: „Für einen wirksamen Protest gegen die aktuelle Atomwaffenstationierung bietet sich kein satisfaktionsfähiger Träger im politischen und massenmedialen Raum an.“ https://extradienst.net/2024/07/12/amtseidsverletzung/

    Das ist richtig beobachtet. Und sollte dennoch nicht das letzte Wort sein. In diese Richtung jedenfalls weist ein Beitrag von Peter Nowak: https://www.telepolis.de/features/Neue-Waffen-aus-den-USA-eine-Chance-fuer-die-Friedensbewegung-9802163.html Nowak berichtet dort, dass in Sachen Abrüstung schon seit einiger Zeit für eine bundesweite Großdemonstration am 3. Oktober 2024 in Berlin mobilisiert wird. Ob gegen die Stationierung weitreichender Atomwaffenträger noch einmal Hunderttausende auf die Straße gehen werden? Damals war es möglich. Aber einfach war es auch damals nicht.

  2. klemens roloff

    Mit der geplanten Stationierung neuer US-Raketensyteme in Deutschland soll sich jetzt auch das Bundesverfassungsgericht auseinandersetzen. Der Münchner Gymnasiallehrer Alexander Unzicker forderte das BVerfG dazu auf, per einstweiliger Verfügung anzuordnen, dass die Einrichtung der NATO Security Assistance and Training for Ukraine (NSATU) verfassungswidrig ist. Durch eine solche Anordnung würde die Bundesregierung verpflichtet, ihre Zustimmung zurückzuziehen und ihre Teilnahme daran zu suspendieren.

    Unzicker selbst macht sich keine Illusionen, dass das BVerfG seinen Antrag womöglich erst gar nicht zur Entscheidung annimmt. Dennoch hofft er, mit seiner Argumentation Gehör zu finden. „Man mag das für eine naive Hoffnung halten, […] für politisch unmöglich – aber wir müssen heute das Unmögliche wagen, um die Welt vor dem leider durchaus Möglichen zu schützen.“

    In seiner Verfassungsbeschwerde, auf den der Overton-Text https://overton-magazin.de/top-story/kann-das-bundesverfassungsgericht-krieg-verhindern/ verlinkt, führt der gelernte Physiker und Jurist Unzicker alle einschlägigen historischen, politischen und rechtlichen Gründe auf, warum der „akuten Kriegsgefahr, die mit der Gefährdung der gesamten Bevölkerung einhergeht“, auch mit den Mitteln der Rechts begegnet werden müsse. Wer nach triftigen Argumenten sucht, warum es sich lohnt, am 3. Oktober gegen die Stationierung neuer Atomwaffen auf die Straße zu gehen – hier wird er/sie fündig.

  3. Martin Böttger

    Nicht alle sind ignorant. dpa meldet ein Interview von Rolf Mützenich, das die “Funke-Mediengruppe” digital eingemauert hat:
    https://www.fr.de/politik/muetzenich-warnt-vor-neuen-us-raketen-in-deutschland-zr-93197896.html

    • w.nissing

      Teile des interviews kann man auch bei RT lesen, also beim Feindsender 🙂 ein Link dazu bringt ja wohl hier nix

    • Martin Böttger

      Jede*r, wie sie*er will … Insbesondere die Bildung der eigenen Meinung.

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