Als 1.FC Köln-Fan bin ich Folter gewöhnt. Was aber die öffentlich-rechtlichen Medien mit der EM an Programmterror angerichtet haben, übersteigt allen Stumpfsinn, den ich mir bisher im Fernsehen ausmalen konnte. Fangen wir beim “Endspiel” an: Das Spiel wurde um 21.00 Uhr angepfiffen. Um 19.00 bereits begann die ARD – oder war es das ZDF? – beide haben denselben Nerventerror angerichtet – mit seiner Fußballsendung voller inhaltsleerer Inhalte. Das Kommentator*inn*en-Team und die Expert*inn*en wurden vorgestellt – Reklame für Kommerz, Reklame für den Erpresser der Kommunen UEFA – Wischiwaschi-Gerede, überflüssige Interviews mit Fans, Kneipenwirten, 6b-Promis, dann endlich das Spiel.
Anpfiff, mittelmäßig intelligente Kommentare, viel zuviel Gequatsche, Scheinaufreger, wenn der Ball mal vors Tor gespielt wurde. Zur Pause Reklame für die Erpresser der UEFA, kommerzielle Reklame, null Neuigkeitswert. Tagesthemen oder Heute, dann Leichenreden der stattgefundenen oder mißglückten Höhepunkte. Nichtmal ein solider Krach nach dem Handspiel der Spanier im Strafraum gegen die Deutschen, den der englische Schiedsrichter übersah? Nochmal Wembley ’66? Aber Lidl und BYD ließen das nicht zu! Davor und danach wieder Reklame für die erpresserische UEFA und Großkonzerne, diesmal auffällig viele China-Autokonzerne. Zweite Halbzeit, wieder schlechte Kommentare, dann Schlußergebnisse, Reklame, wenige gute, lauter schlechte Interviews, Opa Schweinis und Oma Kromps Leichenreden über vergebliche oder tolle Spielszenen, wie sonst nur beim Skat üblich “und wenn Du die 10 Karo geschmiert hättest, hätte ich noch den Kreuz Buben gehabt und wir hätten gewonnen….” dasselbe in Fußball – langweilig. Das folgende Programm irrelevant, Reklame, jede Menge belangloses Geschwätz, wertlose Informationen, Spekulationen oder Plattitüden bis 1.00 Uhr am nächsten Morgen. Zum Glück konnte ich wie hunderttausende Zuschauer*innen dank vielfältiger Wiederholungen von Tatörtern, Polizeiruf 110, Kommissario Brunettis und Mordkommission Istambuls unter so vielen Ausweichkrimis wählen, dass ich meine, die EM psychisch relativ unbeschadet überstanden zu haben.
Die größte Freude hatte ich dagegen an den beiden parallel zur EM stattgefundenen Frauen-Nationalspielen gegen Island und Österreich. Kaum Vorprogramm, kaum Leichenreden und Laberköppe, guter Fußball. Auch wenn die Frauen gegen Island verloren – kein jämmerliches, minutenlanges, thetralisches Bodenwälzen zum Zeitschinden, um gleich wieder wie ein Rehlein zu rennen. Kein sinnloses immer-wieder-einblenden-von-Ronaldo (mit wem hatte die UEFA-Regie da einen Sponsorenvertrag?).
Meine Forderung: Jeweils sieben Minuten Kurzberichterstattung für die öffentlich-rechtlichen Medien sind kostenlos, gesetzlich garantiert und völlig ausreichend. Den restlichen Kokolores sollen sich Privatsender und kostenpflichtige Spartenkanäle antun. Da können sie dann die drei-Tage-Endspielpartys mit sämtlichen Fußball-Grufties und Comedy-Abgeschmackten und stundenlange Werbeclips aufführen. Und ARD und ZDF haben endlich wieder Geld für guten Journalismus, solide Recherche und demokratische Meinungsbildung statt Verblödungstrallala.
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