Mein erster Test des “Beueler Weinkonzepts”

Ob dieser Name gut ausgedacht ist? Wirkt er nicht allzu angeberisch? Und damit abweisend? Offenbar nicht. Wenn Sie abends dorthin wollen – geöffnet nur bis 22 h – müssen Sie derzeit reservieren. Das ist schon mal ein guter Start. Es wird offenbar von einer grossen Zahl Menschen als gastronomische Bereicherung der Beueler City wahrgenommen. Gestern mittag habe ich es selbst ausprobiert.

Im Verlaufe der vergangenen Woche gab es dort als Tagesgericht einmal Linsen, einmal eine Quiche mit Lauch. Künstlerpech. Beide Gemüse verbinde ich bis in mein hohes Alter mit Kindheitstraumata. Ich mag sie nicht. Geschmackssache. Gestern gab es Frikadelle mit “rheinischem” Kartoffelsalat. Da kann mann nichts falschmachen, ausser vielleicht schlecht Einkaufen. Das tun die Betreiber*innen nicht.

Das Essen war angesichts seiner Substanz durchaus liebevoll angerichtet und unterm Strich keine Erleuchtung, aber angesichts der gestrigen Hitze ok. Sehr überzeugt haben mich – das Kerngeschäft des Ladens – die Weinempfehlungen: ein Grauburgunder, und beim Streuselkuchen-Nachtisch ein Muskateller. Sie kamen optimal temperiert auf den Tisch und passten ideal zum anstrengenden Wetter. Der Espresso hat noch Luft nach oben.

Die Karte weist die üblichen weinkompatiblen Beilagen aus: Schinken, Käse, Bruschetta verschiedener Ausführungen usw. Wenn die auch so gut, und zum Teil spanisch, eingekauft sind, wie der vorwiegend deutsche Wein aus der Region, dann habe ich keine kulinarischen Bedenken.

Der Service war nicht perfekt – finden Sie heutzutage mal Gastro-Personal. Aber das war gerade sympathisch. Sie lernen noch. Und sind dabei entspannt und freundlich, ohne zu überdrehen. Das verstärkt signifikant meine Neigung zum Wiederkommen und ist wichtig für das Beuel-Gefühl.

Die Inneneinrichtung ist dem Standort gemäss nicht zu abgehangen, aber, wie der schon erwähnte Service, nicht überdreht. Die Musik, naja, die kann mann/frau heute keinem mehr recht machen. Instrumental, loungeartig, soll niemandem wehtun, tut sie auch nicht, würde auch im Fahrstuhl funktionieren. Derzeit sitzen die meisten sowieso lieber draussen. Da ist mir zu heiss. Drinnen herrscht Blick durch die vollverglaste Strassenfront und Tutto Beuel läuft dran vorbei.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net