Der SWR würdigt das Waldeck-Festival

Mit ein paar Monaten Verspätung würdigt der regional “zuständige” SWR das 60. Jubiläum des Burg-Waldeck-Festivals. Für mich ist das Legende geblieben – in den Hochzeiten des Festivals in den 60ern war ich noch zu jung und zu doof, um seine künstlerische und politische Bedeutung zu verstehen. Heute dagegen bin ich verständnislos, wie lieblos und pflichtschuldig es abgefeiert und abgeschoben wird.

Das 30-Minuten-Filmchen von SWR-Autorin Maja Hattesen Open-Air auf Burg Waldeck: 60 Jahre Liederfestival! – Die Bühne hoch über dem Baybachtal ist Startpunkt großer musikalischer und literarischer Karrieren: Reinhard Mey, Hanns Dieter Hüsch, Hannes Wader, Schobert und Black, Franz Josef Degenhardt – sie alle traten hier auf, begeisterten und polarisierten. Aber auch beeindruckende Künstlerinnen sangen hier für eine bessere Welt: Fasia Jansen und Joana zum Beispiel.”, ein Jahr verfügbar, ist durchaus liebevoll. Die Autorin weiss, wovon sie filmt und seiner Bedeutung.

30 Minuten können aber weder die damaligen Debatten noch die Langzeitwirkungen in Kunst, Musik und Politik auch nur ansatzweise ausleuchten. Es mag ja sein, dass im langweilig schematisierten und formatierten linearen TV-Programm für mehr Minuten keine Zeit bleibt. In unseren Mediathek-Zeiten wäre da aber mehr Qualität und Quantität möglich. Auf mich wirkt das Werk so ehrlich bemüht – vom Sender aber auch entsetzlich arm. Das müffelt nach der in “unseren” Anstalten herrschenden Direktor*inn*enmeinung, dem Publikum nicht mehr “zumuten” zu können, uns also für intellektuell unbelastbar, dumm und debil zu halten. Diese Damen und Herren ahnen gar nicht, wie sie uns damit gegen sie aufbringen.

Das hat die Geschichte von Waldeck nicht verdient. Immerhin haben wir in Beuel das Privileg, Lothar Lechleiter (der “Black” von “Schobert & Black”), der in dem Filmchen angemessen zu Wort kommt, noch persönlich begegnen zu können. Er isst bisweilen im gleichen Bistro zu Mittag wie ich.

Oft denke ich, dass unser Dorf in der Stadt völlig ahnungslos ist, welche Berühmtheiten es beherbergt. Für uneitle Künstler*innen, die um ihre Lebensqualität bemüht sind, hat das ja auch Vorteile.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net