Humanitäre Katastrophen – im deutschen Medienbetrieb interessieren die grossen nicht, nur die “eigenen”
Alles andere wäre zu schwierig, zu kompliziert, zu teuer, zu viel Arbeit – und das dumme Publikum würde es sowieso nicht kapieren. Vor allem wenn die Toten alle schwarz sind, womöglich zusätzlich noch Muslime. Das war schon im Jemen-Krieg so. Der wurde erst berichtenswert, als von dort Handelsschiffe mit Flaggen von Liberia, Panama oder Zypern beschossen wurden, und sich die nichtzuständige Bundesmarine dafür zuständig fühlen wollte, bzw. sollte. Ausschlaggebend dafür: die “Werte” in den Schiffen. Im Jemen haben die – prompt übermütig gewordenen – “Falschen” derzeit die Oberhand. Gestorben wird dort derzeit unbemerkt (frisch geborene Kinder z.B.). Die “guten” Täter der Gegenseite, von ausgesucht deutscher rüstungsidustrieller Qualitätsarbeit ausgerüstet, haben derzeit wichtigere Interessen, als den teuren Krieg gegen diesen armen Zwergstaat zu gewinnen.
Die “nach Angaben der Vereinten Nationen weltweit … aktuell größte humanitäre Krise” ist derzeit – haben Sies auch nicht gemerkt? – “Krieg im Sudan: Deutschlands verdrängte Verantwortung”. So schreibt es der in Bochum geborene und in Genf arbeitende Roman Deckert. Seinen Schluss nehme ich hier gerne vorweg: “Womöglich hängt die westliche Sudan-Fatigue also auch mit der unbequemen Wahrheit zusammen, dass dieser Krieg sehr viel mehr mit ‘uns’ zu tun hat, als man wahrhaben will. Da die Hauptleidtragenden wie zumeist Frauen und Kinder sind, ist diese Haltung jedenfalls kein Paradebeispiel für eine werteorientierte oder gar feministische Außenpolitik.”
Dä, is mir schlecht.
Die humanitäre Katastrophe Krieg
Robert Misik/taz hat einen merkwürdigen Twist zum diskursiv vielfach besetzten “demokratischen Sozialismus”. Von dieser Bemühtheit abgesehen, kann ich aber seiner “Werte”-Abwägung, wie so oft, folgen: “Linke Werte im Krieg: Echte Linke und falsche Linke – Gewalt ist eine Herausforderung für Linke. Kriegsbegeisterung und blinder Pazifismus werden zu Fliehkräften. Ein demokratischer Sozialismus könnte helfen.”
Die Gewaltfrage im Antifaschismus
Peter Nowak/telepolis hat einen Film geguckt, und nimmt das zum Anlass für folgende aktuelle Reflexionen: “Die AfD, Weimar und die Antifa: Schulter an Schulter, weil der Staat versagt? – Rechte feiern Erfolge. Die Gegenbewegung könnte über vieles streiten. Was heute am Reden von Weimarer Verhältnissen falsch ist.”
Die humanitäre Katastrophe in Solingen
Ich danke meinem Gastautor Klaus Vater, dass er dafür gestern vormittag zivilisierte Formulierungen gefunden hat, zu denen ich nicht in der Lage war. Verbrechen von Gegnern regen mich innerlich weit weniger auf, weil mit ihnen ja leider zu rechnen ist, als die Fehler derer, die sie bekämpfen müssten. Die politischen Rituale, die hierzulande auf solche Verbrechen folgen, sind in geradezu unerträglicher Weise berechenbar. Der IS und seine Täter berechnen das selbstverständlich – wie viele ihnen ähnliche Andere.
Der medienkritisch geschulte Kollege Florian Rötzer/overton hat seine Gedanken so aufgeschrieben: “Solingen: Einzeltäter oder ‘Mitglied der ausländischen terroristischen Vereinigung IS’? – Einige Gedanken zur Darstellung des mutmaßlichen Täters, der als wehrloses Bündel verschnürt zur Bundesanwaltschaft gebracht wurde.”
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