Jürgen Klopp – Projektionen und materialistische Wahrheiten
Es gibt wohl nur wenige Menschen, die so gut als Projektionsfläche funktionieren, wie der ehemalige Fussballprofi und Fussballlehrer Jürgen Klopp. Deswegen konnte er die überwiegende Zeit seines Berufslebens Vertragsangebote der PR-Industrie auf seinem Schreibtisch zum Bau manhattanartiger Papierstapel nutzen. Ob er für sich irgendwas als No-Go definiert hat? Ich glaube: eher nicht. In diesen unsicheren Zeiten lässt sich zu seinen Gunsten spekulieren, dass er nicht nur sich selbst, sondern einige ihm wichtige Mitmenschen auf diese Weise mit materieller Sicherheit versorgen will.
Überall, wo er als Fussballlehrer amtierte, hätte er jederzeit eine Bürgermeisterwahl gewonnen: Mainz, Dortmund, Liverpool. Selbst heute noch. Meine Mitautoren Christoph Habermann und Wolfgan Lieb mögen es mir verzeihen: als “Menschenfischer” ist er einem Johannes Rau, natürlich auch in dieser ganz anderen Zeit, noch um Längen überlegen. Darum (!) ist er nie in Versuchung gewesen, Politiker zu werden. Im ambivalenten Sinn des Wortes ist Klopp weit “moderner” – gleichsam ein Gegenstück zu dem prinzipienfesten Westfalen Ewald Lienen.
Nun hat er sich vom Red-Bull-Konzern binden lassen – wie es vorher schon Max Eberl getan hatte. Beiden kann nicht entgangen sein, dass der bei Fussballfans weltweit verhasst ist. Er ist nicht, wie fälschlich penetrant kolportiert wird, “Brausehersteller”, sondern ein Sport- und Medienkonzern, der diese Eigenschaft bewusst mit der Ausübung politischer Macht verbindet. Wohin das führt, lässt sich in Österreich ausgezeichnet studieren, und ist nur leider in keiner Weise auf diesen Zwergstaat begrenzt.
Medien berichten, dass der heutige RB-Capo Oliver Mintzlaff Klopp für diese Tätigkeit gewonnen und überzeugt haben soll. Ein Kerl, der es bereits an mehreren Beispielen an Skrupeln hat fehlen lassen, Leistungssportler*innen zu (Medien-)Wurst zu verarbeiten.
Auch das Thema “Multiownership” im Leistungssport ist Klopp bestens bekannt. Er war ja schon in Liverpool ein Teil davon.
Beim 6:4 von Borussia Mönchengadbach im DFB-Pokal gegen Mainz 05 am 25.10. 1994 erzielte Aussenverteidiger Klopp per Kopf in der 41. Minute das zwischenzeitliche 2:3 für Mainz. Das habe ich auf DVD. Seit diesem Spiel gibt es zwischen beiden Vereinen eine Fanfreundschaft. Bei Heimreisen von Borussia-Spielen traf ich im Zug seitdem regelmässig Mainzer Gladbach-Fans. Sowas ist unvergesslich. Seitdem wird dieser Kerl geliebt, auch von mir.
Nun sind meine langjährigen Sympathien für ihn aufgebraucht.
Lieber Martin, ob Klopp zum Ministerpräsident von NRW gewählt worden wäre, sei einmal dahin gestellt. Jedenfalls hätte sich Johannes Rau nie an Red Bull verkauft, schon deshalb nicht, weil er Pils-Trinker war.😅 Klopps Werbeauftritt für die “Drücker” von der Deutschen Vermögensberatung war schon mehr als grenzwertig.
Herzlichen Gruß
Wolfgang Lieb
Caroline kommentiert (https://schwatzgelb.de/artikel/2024/unsa-senf/entkultet) Klopps Einstieg bei Red Bull unter der Überschrift “Entkultet” und meint weiter: “Kulttrainer und selbsternannter Traditionalist Kloppo scheißt mal eben auf sein Lebenswerk und reißt es mit einem Paukenschlag ein.” Mich hat eines schon länger weit mehr irritiert: “Wer Millionen um Millionen scheffelt und jeden noch so dahergelaufenen Werbedeal annimmt, bewegt sich zunehmend in einer Welt fernab jener, die ihn vergöttern: den Fans.” Besser als Caroline kann ich es nicht formulieren. Nun bleibt allerdings der begleitende Gedanke: Bin auch ich lange Zeit einem Roßtäuscher auf den Leim gegangen?
Die Nutzung der Käuflichkeit von Herrn Klopp ist ein Geniestreich der Kotzplörrenhersteller von Red Bull. Denn dieser Zucker-Molke-Coffein-Mist, der zunehmend in den Fokus von Verbraucherschützer*innen und Gesundheitspolitikern und Kinderpsychologen gerät und das finanzielle Rückgrat eines Konzerns ist, der vor allem mit Abfällen und umweltschäflichen Verpackungen (RB kann nur deshalb umweltzerstörende Alu-Dosen verwenden, weil sie das Abfallprodukt Molke ihrer Plörre beimischen) ein Getränk herstellt, das hochgradig überflüssig, ungesund, aber hipp ist und mit dem sich eine ganze Generation freiwillig vergiftet, ist ins Schlingern geraten. Das PR-Vorzeigeprojekt des verstorbenen Herrn Mateschitz war nämlich neben dem für seine Schwurblerpolitik in der Corona-Krise bekannt gewordenen Ösi-Senders Servus -TV. Seit 2016 wird der Sender insbesondere wegen wiederholter Auftritte von Rechtsextremisten in einer Talkshow sowie des „Wochenkommentar“ des Intendanten Ferdinand Wegscheider als rechtspopulistisch kritisiert. (Wikipedia).
Ähnlich zwielichtig und sportlich zweifelhaft hat sich das Red-Bull Racing Team in der Formel 1 entwickelt. Nicht nur dass sich zwei rennommierte Motorenhersteller, Mercedes-Benz und Ferrari weigern, Red Bull Motoren zu liefern, befindet sich das RB Racing Team derzeit im Abwärtsgang in der Formel 1. Zwar hat RB-Chefpilot Max Verstappen aktuell noch einen Vorsprung auf die F1- Weltmeisterschaft, aber immer öfter fährt er hinterher. Die Ursache ist ein Zwist zwischen RB – Teamchef Christian Horner und der “grauen Eminenz” des RB-Teams, Dr. Helmut Marko. Der hat mal 1971 im Porsche 917 Le Mans gewonnen und gilt als Strippenzieher mit guten Kontakten, u.a. zur Porsche-Dynastie und den Piechs (VW). Da sind wir dann wieder im rechten Klüngel der Ösi-Politik. Aber niemand will derzeit genauer hinschauen, was da gelaufen ist, im schlimmsten Fall geht es auch um Me-Too – Geschichten – tönt es hinter vorgehaltener Hand in der Boxengasse.
Da kommt Klopp für RB wie ein Messias daher. Vom populären Erklärer der Spieltaktik im deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen, tapferen Trainer der Mainzer, der BVB-Erfolgstrainer und letztlich der Champions-League-Star in GB – was für ein Aufstieg als Sonnenschein! Vor allem für das unter dunklen Wolken der Ernährungspolitik des Plörrekonzerns und die Flaute des F1-Business im Sinkflug befindlichen Mateschitz-Imperiums. Dass der intelligente Überflieger der Fußballtaktik DAS nicht mitbekommen haben sollte und nicht um seinen Marktwert als RB-Messias weiss, wäre höchst unglaubwürdig. All dies erinnert an einen Grünen Überfliger: Matthias Berninger: Realo-Jungstar aus Hessen, dann EU-Manager des MARS-Schokoriegel-Konzerns und am Ende – derzeit – Lobbyist von Bayer, der den Monsanto-Kauf und seine Glyphosat – Krebsspur mit Greenwashing begleitet. Jeder hat halt seinen Preis.