Hören Sie sonntagsmorgens um 6 Radio? Also ich nicht, ich kann dann selbst noch gar nicht sprechen, und auf hören gut verzichten. Heute wurde ich beim Onlinesurfen auf das Thema aufmerksam, und Martin Krebbers hat tatsächlich die wesentlichen Dinge in vier Minuten auf den Punkt gebracht: “Kommentar zur Reformdebatte zum Öffentl.-Rechtl. Rundfunk: Vergiftet unehrlich”. Aber wer hats gehört? Wen interessiert das?

Mit Freuden vernahm ich das Lebenszeichen von Birgit Schönau, die allzu selten hier selbst bloggt. Vor vielen Jahren durfte ich sie am Rande der lit.cologne persönlich kennenlernen. Sie schrieb damals für das Sportressort der SZ aus Italien, und zwar weit niveauvoller und politischer, als es später nach ihr geschah. Heute war sie im DLF zu hören, weil sie in Kürze eine Gegenveranstaltung des PEN Berlin zur Frankfurter Buchmesse moderieren wird: “Gespaltene Kulturszene – Gastland Italien zur Buchmesse. Birgit Schönau, Autorin” Audio 12 min. und ärgerlicherweise kein lesbares Transskript. Frau Schönau ist meine publizistische Nr. 1, was gegenwärtige Italien-Analysen betrifft. Gegen Ende des Gesprächs werden die Schwächen der deutschen Publizistik leider nur kurz aber treffend gestreift.

Und schliesslich kam die Bundesumweltministerin Steffi Lemke zu Wort. Wie Steffi Lemke den Hochwasserschutz reformieren will – Die Klimakrise führt zu mehr Starkregenereignissen. Bundesumweltministerin Lemke (Grüne) will deshalb das Hochwasserschutzgesetz ändern. Natürliche Schutzmaßnahmen wie Auenrenaturierung seien das wirksamste Mittel. Enteignungen wolle sie hier vermeiden.” Audio 25 min, hier ist das fehlende Transkript noch ärgerlicher, weil Lemkes Sprechweise eine ermüdende Intonation pflegt. Diese rhetorische Schwäche verdeckt für den überwiegenden Teil der Öffentlichkeit, dass sie zu den wenigen leistungsstarken Bundesminister*inne*n gehört. Von denen dürfen die Wähler*innen zurecht “Taten statt Worte” erwarten. Und diese Ministerin liefert wenigstens.

Lemke war schon als Politische Partei-Geschäftsführerin der Grünen leistungsstark. Ihre damaligen klugen Wahlauswertungen habe ich mit intellektuellem Genuss gelesen – immer streng realistisch und selbstkritisch, ohne – wie es die meisten nur so genannten “Realos” tun – dabei opportunistisch nach rechts wegzukippen. Für extrovertierte PR-Arbeit a la Habeck oder Baerbock verfügt sie offenbar weder über ausreichend Eitelkeit noch über dafür talentierte Mitarbeiter*innen. Die Klimaschutzabteilung hat ihr Robert Habeck beim Ministerienzuschnitt in den Koalitionsverhandlungen geklaut, weil er die vermutlich als Bündnispartner im neoliberal verseuchten Wirtschaftsministerium benötigte. Ob das aus heutiger Sicht eine gute Idee war? Ich weiss es nicht wirklich, aber ich zweifle …

Und nun zum Sonntagsspaziergang.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net