Gestern berichtete Christian Bartels/MDR-Altpapier hier über die Trauerfeier für den zu früh verstorbenen Lutz Hachmeister. Ausser Bartels hat das nach meinem groben Überblick (noch) keine*r getan. Ich war nicht direkt mit dem guten Verstorbenen befreundet, kannte ihn aber gut genug, um zu wissen, dass mangelhafte Medienbildung, insbesondere bei denen, die professionell eigentlich darüber hätten verfügen müssen, ihn lebenslang an den Rand der Verzweiflung treiben konnte. Damit war er ganz offenbar nah an dem, was Medien und Wissenschaft gerne und unpräzise als “die Jugend” bezeichnen.

Gestern wurde eine neue “Shell-Jugendstudie” veröffentlicht – online nur als ausführliche Pressemitteilung. Vladimir Balzer/DLF wies gestern nachmittag (Audio 5min) auf einen Aspekt hin, über den ich sehr lachen musste. In der Shell-PM lautet er wörtlich: “90% der Jugendlichen finden es (sehr) wichtig, dass der Umgang mit digitalen Medien und das Erkennen von Fakenews in der Schule verpflichtend unterrichtet wird”.

Da würde ich in unterstellter Hachmeister-Art zurückfragen: “Wer soll euch denn darin unterrichten?” Denn Tatsache ist, dass die Schüler*innen zunächst mal ihre Lehrer*innen im “Umgang mit digitalen Medien” unterrichten müssen. Ihre Schulämter und Bezirksregierungen könnten sie gleich dazuladen, wie auch die verantwortlichen Politiker*innen demokratischer Parteien.

Und wer unterrichtet die Minsterpräsident*inn*en? Die Zeitungsverleger*innen? Die Führungen von ARD und ZDF?

Eine meiner besten Freundinnen ist beim Landschaftsverband Rheinland mit so einer Aufgabe (bis in die Kitas hinein) betraut. Die hat damit gut zu tun. Tatsache ist: bei der alltagskulturellen Adaption von Medientechniken verkehren sich die Machtverhältnisse der Generationen: die alten Mächtigen sind die Dummen – und damit entmachtet. Macht üben nur noch die aus, die über die Algorithmen verfügen. Und die halten sie geheim. Demokratie ist denen zu doof.

Lehrer*innen und Erzieher*innen, je jünger die Jahrgänge sind, für die sie zuständig sind, sind Fachkräftemangel. und zwar proportional zu ihrer mangelhaften Entlohnung. Solche mit “Medienkompetenz” müssen erst noch gezeugt werden. Das kann dauern …

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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