Substanzielle Fachlichkeit als Heilmittel

An erster Stelle will ich hier erneut für die Kollegin Schwermer schwärmen. Sie erkennt und analysiert auch an lobenswerten Initiativen die inhaltlichen und strategischen Schwächen, ohne ihre Nützlichkeit deswegen in Abrede zu stellen. Ambiguität? Dialektik? Ambivalenz? Suchen Sie sich was aus. Aber lesen Sie zunächst, wie Ihnen Alina Schwermer den (globalen!) Zusammenhang von Politik, Gesellschaft und Fussball erklärt: Protest gegen saudischen Ölkonzern: Mittelfinger für den Frauenfußball – Über hundert Profispielerinnen protestieren gegen einen Fifa-Deal mit Ölkonzern Saudi Aramco. Ihr Protest zeigt, wie Diversität den Sport verändert.”

Seit einigen Wochen ängstige ich mich (und nicht nur ich), dass zwischen Iran und Israel der nächste Atomkrieg losgeht. Vor gefühlt 10 Wochen erklärte der US-Aussenminister Blinken, der Iran sei nur noch “zwei Wochen” von der Atombombe entfernt. Ich konsultierte Fachleute, denen ich vertraue, die versicherten, die Entfernung sei noch etwas weiter, als von Blinken propagiert. Hier zwei Diskussionsbeiträge zu diesem Thema:

Iran – Israel und die Bombe

Ruslan Suleymanov/IPG-Journal: Auf dem Weg zur Bombe? – Israels Schläge gegen Hisbollah und Hamas schwächen den Iran. Der Wille im Land steigt, die atomare Schwelle zu überschreiten.”

Ich wies Extradienst-Autor Detlef zum Winkel auf diesen Text hin, der beim Autor eine politische Verzerrung seiner Perspektive sieht. Seine eigene hat er hier bei bruchstuecke, übernommen aus der Jungle World, aufgeschrieben: “Es war nicht Israel…”.

“Digitalgipfel”

Beim sog. “Digitalgipfel” in Frankfurt, bei dem sich die Bundesregierung statt mit ihren (ehemaligen) Wähler*inne*n mit Grosskapital- und Industrieinteressen verbündet, werden nicht nur jede Menge bescheuerter und von Massenmedien weit verbreiteter Seifenblasen gedroschen, sondern auch Fakten geschaffen.

Zu den Seifenblasen Anna Biselli/netzpolitik: Digitalgipfel: Digitalisierung mit Bleiweste – In Frankfurt trafen sich eine Menge Leute, um übers Digitale zu reden. Dabei ging es viel zu oft um KI und viel zu selten gings ans Eingemachte. Ein kommentierender Eindruck.”

Zu den geschaffenen Fakten Axel Kannenberg/heise: Daten für Deutschland: Schwarz Digits und Deutsche Bahn gründen KI-Plattform​ – Daten bereitstellen und KI-Modelle trainieren: Das hat sich der Datahub Europe vorgenommen, hinter dem Schwarz Digits und die Deutschen Bahn stehen.” “Unsere” Deutsche Bahn und der reichste Milliardär des Landes, vulgo der effektivste Ausbeuter und hintertriebendste Lieferkettenmissachter, tun sich zusammen, um Datenkapital anzuhäufen und zu verwerten. In wessen Auftrag? In meinem nicht.

Meine Demo als TV/Radio-Gebührenzahler

Die Ministerpräsident*inn*en der 16 Bundesländer (davon drei Bürgermeister) veranstalten nun schon seit Jahren einen lächerlichen AfD-Ähnlichkeitswettbewerb um die Gebühren, die deutsche Haushalte für öffentlich-rechtliche Medien zahlen, damit die uns – anders als privatwirtschaftliche Medien, seien es Zeitungen oder asoziale Netzwerke von Multi-Milliardär*inn*en – unabhängig und vielfältig informieren und unterhalten. Mein Dauerauftrag beläuft sich auf 55,08 € im Quartal, also 18,36 €/Monat. Zur Erinnerung: vor wenigen Tagen haben die gleichen Bundesländer das 49€-Ticket ganz schmerzfrei um 9€ verteuert. Was sie seitdem um die Rundfunkfreiheit an durchlobbyisiertem Affentheater (“Presseähnlichkeit”) veranstalten, hat mich so auf die Palme gebracht, dass ich meinen Dauerauftrag nun individuell von 55,08/Monat auf 60 (= 20 € im Monat) geändert habe.

Wird das System nun zusammenstürzen? Ich jedenfalls verarme nicht. Nicht deswegen.

Ich wäre sogar bereit, weitere 20€ im Monat zu investieren, wenn ich damit meine Lektüre privater Onlinemedien dann verlagsunabhängig und paywallfrei selbst wählen könnte. Aber dazu sind die weniger als ein Dutzend Milliardär*inn*e*n nun schon seit gefühlt 100 Jahren zu doof.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net