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Einwanderungsverhinderung

Deutsche Bürokratie funktioniert tadellos – wenn sie will

Wofür brauchen wir die AfD? Einwanderungsverhinderung schaffen deutsche Behörden auch ganz ohne AfD-Regierungsbeteiligung. Dass Gastronomie, Pflege, im Prinzip das komplette Dienstleistungsgewerbe so systematisch niedergelegt werden – wen kümmert das? Nunja, deutsche Kund*inn*en und Gäste schon, die sowieso für Dankbarkeit nicht bekannt sind. Die meisten sind süchtig nach dem nächsten Auslandsurlaub, weil die ja da sooo gastfreundlich sind. Wir dagegen …

Wie die deutsche Gastronomie, sofern sie die Pandemie überlebt hat, gekillt wird, das sehen wir an Fallbeispielen aus München und Köln in einem Film von Stefan Eberlein: “Der Kampf um Köche und Kellner · Wie Wirte an Behörden scheitern – Gregor Lemke und Oliver Wendel sind Wirte in der Münchner Innenstadt, Mikko und Sascha Bayer in einem Szeneviertel Kölns. Wie alle in der Branche suchen sie händeringend Köche und Service-Kräfte, längst auch in Ländern außerhalb der EU. Jetzt haben sie gute gefunden. Aber im Ringen um ihr Personal bleiben alle stecken: tief im Sumpf des ‘Beschleunigten Fachkräfteverfahrens’. Der Film erzählt anhand dreier Geschichten aus Hochburgen der Gemütlichkeit – Köln und München – von den enormen Hürden, Köche und Bedienungspersonal von außerhalb Europas nach Deutschland zu holen.” 2 Jahre verfügbar. Der gesetzmässige Konzentrationsprozess des Kapitalismus genügt noch nicht. Inhabergeführte Gastronomie wird gezielt bekämpft – sonst findet die Kundschaft noch übermässigen Geschmack an qualifiziertem Genuss. Nur Ketten und Konzerne sind imstande, die rassistische deutsche Einwanderungsbürokratie zu überleben.

Die Abschreckungssystematik liegt nicht an der Versagermentalität einzelner Bürokrat*inn*en. Sie sind von einem politisch beabsichtigten System geprägt, das vor wenigen Monaten schon diese NDR-Dokumentation von Ute Jurkovics zeigte: Die Ausländerbehörde: Nadelöhr nach Deutschland – Lange Wartezeiten, überfordertes Personal, oder Fehlentscheidungen sorgen immer wieder für Schlagzeilen – Kritik an den Ausländerbehörden kommt von Flüchtlingsräten, Wohlfahrtsverbänden, Landkreisen und Unternehmen. Die Ausländerbehörden sind für Geflüchtete, Einwandererinnen und Einwanderer die Tür nach Deutschland. In den Ämtern wird geprüft, wer hierbleiben darf und wer nicht. Die Beschäftigten der Behörden sind die ‘Gatekeeper’ der Nation. Wie ist ihre Perspektive auf die wohl umstrittenste Behörde Deutschlands: die Ausländerbehörde?”

In unserem Land hat die Mehrheit der Regierenden, Verwaltenden und Herrschenden weder die Glockenschläge noch den Schuss gehört. Die englisch- und französischsprachigen Länder sind uns als Migrationsziel weit voraus. Wer so verfährt, wie es diese sehenswerten ARD-Dokus zeigen, muss sich über keine Wirtschaftskrise und keine Pflegekatastrophe mehr wundern. Kinder wollen auch immer weniger. Gut die Hälfte der Bevölkerung ist von den demokratischen Parteien “zur Adoption freigegeben” (Küppersbusch) – sie hat Angst vor Krieg.

Fiction-Tipp, Bingewatchingfähig

Was bei dieser Politik unten rauskommt, das sehen Sie fiktional verarbeitet in der norwegischen Serie The Fortress – Norwegen in naher Zukunft: Während Europa in Chaos und Krisen versinkt, hat sich das Land wie eine Festung komplett abgeschottet. Wohlstand, Versorgung und Sicherheit der Bevölkerung geraten jedoch durch eine “von außen” eingeschleppte Bedrohung in Gefahr. Doch das ist eine Lüge! Eine einheimische Biologin und ein geflüchteter Farmarbeiter stemmen sich mutig gegen die Katastrophe und eine politische Intrige. Das gefeierte Autor:innenduo Linn-Jeanethe Kyed und John Kåre Raake entwickelt in der siebenteiligen Near-Future-Serie ein dystopisches Szenario.” Ein Jahr verfügbar. Die Sache ist norwegisch erzählt, wirkte auf mich aber wie eine Parabel auf die aktuelle EU-Festungspolitik.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Rolf Sachsse

    Der Film von Stefan Eberlein legte eher am Rande eine Grundsatzproblematik der deutschen Wirtschaft bloß: das Kammerwesen. In allen Hochschulen, in denen ich tätig war, war ich auch für die Anerkennung von Studienleistungen im In- und Ausland zuständig – das lässt sich mit etwas Sachkenntnis binnen Minuten lösen, aber was die IHKs in dieser Hinsicht vorlegen, ist einfach nur skandalös. Die Kammern sind ein Überbleibsel vordemokratischer Zeiten, betätigen sich nur noch als Lobby-Organisationen (hier in Bonn z.B. mit der völlig einseitigen Konzentration auf den Autoverkehr) und sollten insgesamt schnellstmöglich aufgelöst werden. Mir sind genügend Betriebe bekannt, die lieber heute als morgen die zwangs-eingetriebenen Kammergebühren einsparen würden.

    • Martin Böttger

      Danke für diese Ergänzung. Das war auch mein Eindruck nach diesem Film.

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