Bei der Köln-Premiere von “Willenbrock”, zu der er zusammen mit Hauptdarsteller Axel Prahl erschien, bin ich ihm vor knapp 20 Jahren mal persönlich begegnet. Kennenlernen wäre bei solchen Anlässen aber schon zuviel gesagt, denn beständig umdrängen Menschentrauben die Stargäste. So verehre ich Andreas Dresen aus der Ferne, und schliesse mich den allgemeinen Lobpreisungen, die diese Mediathekperle enthält, inhaltlich an:

Andreas Dresen – Ein Leben für den Film – Andreas Dresen, zählt zu den erfolgreichsten deutschen Regisseuren. Von Jurymitgliedern und Kritiker: innen auf Festivals zahlreich prämiert, sind seine Filme auch beim Kinopublikum sehr erfolgreich, obwohl sie oftmals nicht Hochglanz-Romantik, sondern soziale Wirklichkeit zeigen. Der 1963 in Gera geborene und in Schwerin aufgewachsene Künstler hat kein Problem damit, wenn er als ostdeutscher Regisseur bezeichnet wird. Er weiß, wo er herkommt, was ihn geprägt hat, was und wie er Geschichten von Menschen erzählen möchte.” einen Monat bis 17.12. verfügbar.

Produziert wurde die Lang-Doku von DokFilm in Potsdam-Babelsberg für den MDR, Regie Jana von Rautenberg. Ich verfolge das Schaffen Dresens seit langem mit grossem Interesse, habe nicht alle, aber viele Filme von ihm gerne gesehen.

Entgangen war mir die Tatsache, die er in diesem Film selbst beschreibt, dass er auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffen von einer Depressionserkrankung ereilt wurde. Schwer zu fassen, weil er öffentlich fast durchweg wie ein personifizierter “Sonnenschein” aufzutreten weiss. In Rautenbergs Film wird dieser Sachverhalt nur schlicht erwähnt; eine Vertiefung dieses Aspekts hätte ihn gesprengt. Sie wäre aber einen eigenen Film wert. Denn Depressionen sind zur Volkskrankheit im Postcorona-Kapitalismus avanciert. Jeder Hinweis für Wege aus ihnen heraus, oder wenigstens für ein gutes Leben mit ihnen, kann sehr vielen Menschen weiterhelfen.

Dresen sagt in Rautenbergs Film, er wolle “altersgerecht” noch gerne viele Jahre weiterarbeiten. Für Freund*inn*e*n guter Filme ist das eine gute Nachricht.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net