Feudalismus und Faschismus

Habe ich es im Bett gehört, und weigerte mich danach aufzustehen? Oder fiel mir die Espressotasse aus der Hand? Als ich in den DLF-Nachrichten das hier hörte: “Nun kündigte Zuckerberg auch an, zahlreiche inhaltliche Beschränkungen bei Themen wie Migration und Geschlechterfragen aufzuheben, um die ‘freie Meinungsäußerung wiederherzustellen’.” Meinungsfreiheit regelt also Mr. Zuckerberg. Und mir hatten sie in der Schule erzählt, die stünde in der Verfassung.

Nun wird beruhigend eingewandt, das beziehe sich ja alles “nur” auf die USA. Und die EU-Kommission warnt den Mr. Zuckerberg. Dabei haben exakt diese gleichen Warner*innen es ja erst so weit kommen lassen, dass Meinungsfreiheit und Wahrheitssuche von privaten Oligarchen und Konzernen abhängen. Ich lege grossen Wert darauf, meine Meinung und meine Wahrheiten selbst zu suchen. Das will ich weder Mr. Zuckerberg,, Musk, der EU-Kommission noch irgendeiner Bundesregierung überlassen. Und auch keiner Medienanstalt.

And now something completely different

Und jetzt was, was scheinbar was ganz Anderes ist und mit dem Vorherigen scheinbar absolut nichts zu tun hat.

Seit langem ärgere ich mich damit rum, dass der Multimillionär Augstein meine alten Freitag-Texte überwiegend digital eingemauert hat. Ich habe darüber nachgedacht, Jurist*inn*en mit meinem Ärger zu beschäftigen. Aber dafür ist es mir nicht wichtig genug, und meine Rente zu klein.

Noch schlimmer hat es mutmasslich hunderte telepolis-Autor*inn*en aus 25 Jahren erwischt. Die Produkte ihrer Arbeit hat der Heise-Verlag einfach vom Netz genommen. Sie existieren (digital) nicht mehr. Ausgelöscht. Hunderte Links, die ich in diesem Blog dorthin gesetzt habe, führen jetzt ins Nirwana. Ein Betroffener, der langjährige telepolis-Autor Peter Nowak, hat sich bei seiner und meiner Gewerkschaft erkundigt, und deprimierende Auskunft erhalten. Er und seine Kolleg*inn*en sind rechtlos. Lesen Sie im Grundgesetz noch mal genau nach.

D.h., wer sich für einen Text ein – in der Regel zu bescheidenes – Honorar zahlen lässt, erklärt damit seine Einwilligung in digitale Sklavenhaltung. Sie*Er kann jederzeit gelöscht oder eingemauert werden. Wie im alten Rom. Oder Jahrhunderte später im Mittelalter. Urheberrecht? Haben wir gelacht … !

Autor*inn*en, die weiterleben wollen, kommen also nicht umhin, im Zeitalter der Digitalisierung individuelle Sicherungskopien aller ihrer Arbeiten zu machen. Und, wenn sie an Öffentlichkeit ihrer Arbeit interessiert sind, sie auf eigener, unabhängiger Homepage zugänglich zu machen.

Das ist mein Grund im Beueler Extradienst zu schreiben.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net