Wer über die Kennedy-Rheinbrücke vom Bonner Stadtzentrum nach Beuel kommt, gelangt unweigerlich zu einem riesigen Mehrzweckbau, der Geschäfte, Restaurants, Arztpraxen und Büros beherbergt. Für die einen ist es das neue „Tor zu Beuel“, für die anderen einfach nur ein eher hässlicher Büroklotz. Gelegen am zentralen Konrad-Adenauer-Platz, einem der Knotenpunkte des Öffentlichen Personennahverkehrs in Beuel, dem von der Sonne bevorzugten rechtsrheinischen Teil der Bundesstadt. Hier befinden sich gleich zwei Stadtbahnhaltestellen und hier halten auch die Busse in Richtung Siegburg und nach Bonn. Es ist also richtig was los rund um das Gebäude.

Vor dem Gebäude befindet sich ein mit Beton und Steinplatten versiegelter Platz mit Nichts. In dieses „Nichts“ will der in Beuel lebende Maler und Bildhauer Wolfgang Hunecke ein großes, aber fragil wirkendes Kunstwerk platzieren: Die „Passanten“. Eine stilisierte, zwölfteilige und rund zwei Meter hohe Personengruppe soll auf einer Fläche von 2,50 m das Kunstwerk bilden. Die einzelnen Figuren, so ist im Modell zu sehen, begegnen sich im Vorbeigehen.

Das passt zu den vielen Menschen, die einander hier kurz begegnen, etwa beim Umsteigen zwischen Straßenbahnen und Bussen, oder wenn sie in die vom Platz ausgehende Beueler Einkaufsstraße gehen, zu einem Termin im nahe gelegenen Beueler Rathaus oder imnsÄrztehaus gehen, ins Kino, ins Eiscafé (es gibt drei davon) oder auf den Wochenmarkt. Die „Passanten“ wirken wie geschaffen für diesen belebten Platz.

Finanzierung durch Grafik-Verkauf

Der seit Jahren in der Bonner Kunstszene gut verankerte und auch international aktive Wolfgang Hunecke findet viel Zustimmung für sein Vorhaben und die wird er auch brauchen. Denn die „Passanten“ sollen nicht nur auf privatem Gelände errichtet, sondern auch vollständig ohne öffentliche Gelder finanziert werden. Durch Verkauf von Projekt bezogenen Drucken.

Hunecke hat einschlägige Erfahrung. Er unterstützt seit Jahren auf der Künstlerinsel Solentiname in Nicaragua Künstler-Kollegen. So hat er reichlich Spenden für das Künstlerprojekt gesammelt und den Künstlern unter anderem eine Druckerpresse geschenkt und mehrere nicaraguanische Kunststudenten in Druck-Grafik ausgebildet. Er hofft, sein Kunstwerk für Beuel „nach dem Vorbild von Christo“ zu finanzieren. Also nicht durch Spenden, sondern durch den Verkauf von Drucken, die je nach Größe zwischen ein– und fünfhundert Euro kosten. Das Projekt passt zur bisherigen Arbeit des Künstlers. Er befasst sich schon lange mit dem Thema „Vergänglichkeit.“ Dazu gehören auch kurze Begegnungen – so wie sie Passanten erleben.

Politische Unterstützer

Hunecke hat gewichtige Unterstützer gefunden. So antwortete der Bezirksbürgermeister für Beuel, Guido Pfeiffer (Grüne) auf Fragen der Künstlerzeitschrift „atelier“: „Für Beuel und den Konrad-Adenauer-Platz wäre es eine künstlerische Aufwertung. Die Skulptur ‚Passanten‘ würde dem Wohnzimmer Beuels gut stehen. Die Entscheidung liegt jedoch aufgrund der Eigentümerverhältnisse in privater Hand.“ Und Werner Koch, seit einigen Jahren schon Vorsitzender des Gewerbevereins in Bonn-Beuel und für die CDU auch Mitglied des Bonner Ratsausschusses für Kultur, bekräftigte im Gespräch mit dem Autor, dass er „tausend Prozent“ hinter dem Projekt von Hunecke stehe. An diesen Platz gehört seiner Auffassung nach einfach Kunst. Zumal sich dort früher bereits ein Kunstwerk befand. “Die Wächter“, zwei groß dimensionierte Hochstühle, geschaffen von Lars Schnackenberg. wachen seit einigen Jahren nicht mehr am Adenauer-Platz, sondern paar hundert Meter entfernt am Beueler Rheinufer.

In ihrem Statement zum Passanten-Projekt erklärte die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Stadtratsfraktion, Fenja Wittneven-Welter: „Als kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion aber auch als Beuelerin stehe ich dem Skulpturenprojekt ‚Passanten‘ von Wolfgang Hunecke sehr positiv gegenüber. Kunst im öffentlichen Raum ist für mich immer noch die demokratischste aller Formen der bildenden Kunst. Kann doch jeder daran teilhaben. Der Konrad-Adenauer-Platz und die abweisende dunkle Fassade der Gebäude laden geradezu dazu ein, den Ort durch Kunst aufzuwerten. Die Figurengruppe Passanten nimmt sowohl durch das Material Edelstahl als auch durch die Bedeutung der sich im Vorbeigehen bewegenden Figuren die Atmosphäre des belebten Ortes auf und konterkariert sie dennoch. Das gefällt mir besonders. Ich hoffe, das Projekt lässt sich realisieren und ich unterstütze das Anliegen sehr gerne.“

Ab 3. Mai 2025 Passanten in Beuel

Nun ist es bald so weit. Finanziert wird das Projekt ohne öffentliche Gelder nur durch den Verkauf der bereits erwähnten, projektbezogenen Grafiken, die er für 100 bis 500 Euro anbietet. Lediglich der Eigentümer des Freigeländes vor der großen Freitreppe, die Versicherung SwissLife, bezahlt den Sockel, auf dem die Passanten stehen werden. Am 3. Mai 2025 wird die Arbeit nachmittags offiziell der Öffentlichkeit übergeben. Ein Kunstwerk für Beuel, gefertigt von einem internationalen Künstler aus Beuel.

Auf der Freitreppe war übrigens vor paar Wochen der Performance Künstler Simon Pfeffel zu sehen, der für drei Monate, vom Dezember 2024 bis Februar 25, im Rahmen eines Stipendiums des Kunstfonds im Bonner Kunstmuseum und im Bonner Stadtgebiet tätig war. So auch auf der Freitreppe, die zum Betriebsgelände des Burger-Grills „Hans im Glück“ gehört. Bei Pfeffel geht es auch um die zufällig vorbei kommenden Passanten, denn die bezieht er mit ein in seine Performance, mehr noch, ohne deren direkte Mitwirkung können Pfeffels Performances gar nicht stattfinden.

Wie es derzeit ausschaut, könnten die „Passanten“ ein Vorbild werden, für weitere Projekte im öffentlichen Raum in Bonn, wo bisher ein einziger Mensch entschied, was an Kunst im Öffentlichen Raum zu sehen ist.

Wer jetzt schon mehr über die „Passanten“ erfahren will, kann dies sicherlich beim Künstler Wolfgang Hunecke tun.