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Vance beleidigt EU

Und Baerbock hört nicht zu.

Auf die Frage der “Heute”-Moderatorin Dunja Hayali, ob die USA nun die Werte des demokratischen Westens aufgekündigt habe, antwortet Barbock voller Überzeugung “nein!”. Dabei hatte der Vizepräsident und Vertreter des Trump-Regimes in einer 19-minütigen Rede eben nicht etwa die zweifelhaften “Verhandlungen” Trumps mit Putin am Telefon, die der Autor hier kommentiert hat,  erläutert, sondern die EU und insbesondere Deutschland beleidigt, indem er heuchlerisch seiner “Sorge” Ausdruck gab, dass hier die “Meinungsfreiheit” als “gemeinsamer Wert” in Gefahr sei. Weil die EU sich gegen Fake News, Manipulationen und Desinformation von (a)sozialen Netzwerken wehrt. Er nannte dies “gefährlicher”, als die Rolle Chinas und Russlands, weil Europa und insbesondere Deutschland die “Werte” – er meinte wohl die von Musk und Trump auf Manipulation und grenzenlose Bereicherung – in Frage stelle. Ach, die armen Tech-Milliardäre! – Und dass (fast) niemand auf diese Dummbeutel hören will?

Ein diplomatischer Affront von Vance erster Güte! Natürlich machte auch er offen Wahlkampf für die AfD und gegen die “Brandmauer”, die er verurteilte, traf nicht den Kanzler, sondern Friedrich Merz und – Alice Weidel! Dass Merz dabei mitspielte, ergänzt das Bild, das der Autor von ihm gezeichnet hat. Dass aber Baerbock im ZDF gleichzeitig froh war, gemeinsam mit dem Kanzleramts-Chef  von J.D. Vance zur Audienz empfangen worden zu sein, muss schon bedenklich stimmen. Kein klares Wort gegen den Versuch von Vance, die faschistoiden Pläne seiner Regierung und der Tech-Mogule Musk, Zuckerberg und Bezos, inzwischen auch Bill Gates, den Europäern als Demokratie zu verkaufen. Und vor allem keine klares Wort zum Wortbruch Trumps gegenüber der Ukraine. Aber die amtierende – und die zukünftige – Bundesregierung scheinen den Schuss noch nicht gehört zu haben. Boris Pistorius empörte sich – aber folgenlos.

Die Völkerrechtsordnung nach dem 2. Weltkrieg ist vorerst beendet

Die Nachkriegsordnung von 1948, die Vereinten Nationen und ihre in 75 Jahren gewachsenen und beachteten Prinzipien werden von Trump existentiell in Frage gestellt. UNO und Allgemeine Erklärung der Menschenrechte; Genfer Flüchtlingskonvention; Selbstbestimmungsrecht der Völker; Souveränität und Integrität des Völkerrechts – all dies steht zur Disposition und ob es gemeinsam verteidigt werden kann, ist aufgrund des Verhaltes des Trump-Regimes offen, badarf in niemals geahntem Umfang einer Solitarität der aufstrebenden Staaten des Südens, auch Teilen der BRICS-Staaten und weit darüber hinaus. Bevor in demokratischen Wahlen eine demokratische Regierung das Trump-Regime ablöst, wird sich daran nichts ändern.  Vielleicht niemals wieder, bedenken wir, dass seit und mit der Kandidatur John F. Kennedys in den USA immer wieder korrupte und/oder von der ökonomischen Lobby abhängige Kandidaten bei Republikanern wie Demokraten nach oben gespült worden sind. Wer in den USA Präsident*in werden will, muss von den Oligarchen, Lobbyisten oder der Wall Street unterstützt werden. Einzig Obama gelang es bei seiner ersten Wahl, über ein damals neues und geschicktes Crowdfunding im Internet mit 10ct-1$ Beträgen von vielen Menschen Millionen für den Wahlkampf zu sammeln.

Die autokratische Blutspur der US-Korruption

Das, was J.D. Vance in München den Europäern und der Welt zugemutet hat, war nichts anderes als die Leitideologie des aktuellen US-Regimes. In seinen Augen “normal”, in Wirklichkeit das, was seit der Präsidentschaft Franklin D. Roosevelt beginnend mit seinem “New Deal” in den 30er Jahren der USA ein Bündnis evangelikaler Sektierer, libertärer Extemisten, Ku-Klux-Klan und weißer, reaktionärer  Oligarchen der “Heritage Foundation”seit deren Gründung 1973 verfolgt.  Ihr Ziel ist wie weltweite Herrschaft eines durch nichts – keine Regeln, Gesetze und internationale Abkommen – gezügelten Kapitalismus und der Herrschaft einer selbsternannten und politischen Finanzelite.

Europa ohne eigenen Plan

Es ist bezeichnend, dass Europa es schwerfällt, mit einer einhelligen Stimme zu sprechen, weil zuviele Mitglieder wie Ungarn, Italien und zwischenzeitlich die PIS-Regierung in Polen die EU ausschließlich als Melkkuh für Subventionen, und die Staatschefs EU-Projekte als Förderprogramm ihrer eigenen Interessen verstanden und instrumentalisiert haben. Europameister darin ist der korrupte Viktor Orban. Es ist schon erstaunlich, wenn der Redner, der der geballten Macht der US-Oligarchen und Imperialisten in Sachen Ukrainekrieg entschieden entgegenhält, der selbst betroffenen Premier Wolodomyr Selenskij heisst.

Die Ukraine allein ist es nicht

Das, was J.D. Vance angekündigt hat, und was das Trump-Regime verfolgt, ist mehr, als der Verrat an den demokratischen Werten und mehr, als die Ukraine über den Kopf der Regierung und der betroffenen Menschen hinweg an Vladimir Putin zu verscherbeln. Es ist das Verlassen der zivilisierten Gesellschaft und ihrer gemeinsamen Werte, die letztendlich zur UNO und zu einem gewissen Grundkonsens an gemeinsamen Werten – selbst zu Zeiten der schärfsten Blockkonfrontationen, wie etwa der Kuba-Krise 1962 oder dem unmoralischen Vietnamkrieg, dem Afghanistan-Abenteuer der Sowjetunion und dem Afghanistan-Abenteuer der USA und der EU geführt haben. All das interessiert den Immobilienhändler Trump und seine Tech-Schergen überhaupt nicht, wenn sie planen, den Rechtstaat abzuschaffen, Gaza als Touristenstrand zu verramschen und seine Bewohner zu deportieren. Menschen ohne jeden moralischen, ethischen oder menschenrechtlichen wahlweise religiösen Kompass. Unmenschen können keine Verbündete sein –  so sehr sich Rutte, Baerbock oder andere Konferenzteilnehmer in München verbiegen. Es wird Zeit, dass Europa mit einer Stimme spricht.

 

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Martin Böttger

    So weit kann ich folgen. Der Schlusssatz, der von Scholz sein könnte, obwohl der die Malaise selbst mitverursacht hat, dementiert jedoch leider den zuvor gezeigten politischen Realismus.

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