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Gut gerechnet

Am 14. März, dem Internationalen Tag der Mathematik, wird seit 2020 jährlich auf die Bedeutung der Mathematik hingewiesen. Die Internationale Mathematische Union (IMU) rief diesen Gedenktag aus, um die zentrale Rolle der Mathematik zu verdeutlichen und das Bewusstsein dafür zu stärken. Die Generalkonferenz der UNESCO machte sich diese Entscheidung Ende 2019 zu eigen.

In vielen Ländern der Welt war der 14.3. bereits als Pi-Tag bekannt. Er ist nach der Kreiszahl Pi benannt, dem Verhältnis des Umfangs eines Kreises zu seinem Durchmesser. Es beträgt rund 3,14. Der Gedenktag übernimmt damit die amerikanische Schreibweise des Datums 3/14, die an den gerundeten Wert der Zahl Pi erinnert. Während sich der Pi-Tag auf die Themen rund um Pi beschränkte, steht beim Internationalen Tag der Mathematik – trotz mancher Parallelen – die Mathematik in ihrer gesamten Vielfalt und Allgegenwärtigkeit im Mittelpunkt.

Es lohnt sich, einen genaue Blick auf Pi zu werfen. Die Kreiszahl Pi = 3,14159… ist eine der wichtigsten Konstanten der Mathematik. Sie tritt in vielen Zusammenhängen in der Mathematik oder in der Physik auf. Mathematisch betrachtet ist Pi eine unendliche und irrationale Zahl. Sie kann nicht als Bruch dargestellt werden, hat keinen endgültigen Wert und damit kein Ende. Deshalb ist es unmöglich, alle Stellen zu kennen. Gelegentlich wird Pi mit 22/7 angegeben. Das ist jedoch ungenau. Wenn man diesen Bruch ausrechnet, landet man bei 3,14285. Die Abweichung beginnt also schon bei der 3. Stelle nach dem Komma.

Es gibt verschiedene, z.T. sehr komplizierte Verfahren, Pi zu errechnen. Die Ergebnisse stimmen aber stets überein. Schweizer Forschende berechneten 2021 Pi auf die 62,8-billionste Stelle genau – das dauerte 108 Tage. Die Rekorde bei der Berechnung von Pi durch einzelne Wissenschaftler haben sich rapide entwickelt, von 5 Bio. Ziffern im Jahre 2010 auf 200 Bio. im Jahre 2024. Gedächtniskünstler überraschen immer wieder mit ihrer Kenntnis der Nachkommmaziffern von Pi. Der Weltrekord liegt bei 70.000 Zahlen, 2015 von einem Inder in gut 17 Stunden auswendig vorgetragen. Der Deutsche Rekord liegt bei 18.000 Ziffern.

Der Internationale Tag der Mathematik wird durch eine eigene Webseite beworben, die von der gemeinnützigen Organisation IMAGINARY entwickelt wurde, die sich auf die Kommunikation moderner Mathematik spezialisiert hat. Weltweit sind alle Staaten eingeladen, sich durch Aktivitäten für Schülerinnen und Schüler und die allgemeine Öffentlichkeit in Schulen, Museen, Bibliotheken und vergleichbaren Räumen zu beteiligen. Geleitet wird dieses Projekt von der Internationalen Mathematischen Union (IMU). Die ersten Feiern fanden am 14. März 2020 statt. 

Beim Internationalen Tag der Mathematik geht es primär darum, ein globales Bewusstsein für die wesentliche Rolle der mathematischen Wissenschaften in der Welt des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Die Initiatoren betonen die Rolle der Mathematik bei der Bewältigung von Herausforderungen wie dem Klimawandel, der nachhaltigen Entwicklung, der Energieversorgung, der Verbesserung der Lebensqualität und der künstlichen Intelligenz. Zudem wird die Bedeutung der Mathematik in der Informatik, im Ingenieurwesen und der MINT-Bildung hervorgehoben. 

In jedem Jahr steht der internationale Tag der Mathematik unter einem besonderen Thema: 2020 war dies ‘Mathematics is Everywhere’, 2021 ‘Mathematics for a Better World’, 2022 ‘Mathematik Unites’, 2023 ‘Mathematik für alle’ und 2024 ‘Spiele mit Mathematik’. Dabei standen mathematische Rätsel, Aufgaben und andere unterhaltsame Aktivitäten im Mittelpunkt, aber auch das „Spielen“ mit der Mathematik selbst, das Erkunden, Experimentieren und Entdecken. Der Internationale Tag der Mathematik 2025 wird unter dem Motto “Mathematik, Kunst und Kreativität” stehen.

Mathematik ist eine faszinierende Wissenschaft, viele schwärmen davon: Mathematik sei vielfältig, eindeutig, herausfordernd und unverzichtbar. Menschen, die als Schüler/innen Probleme im Fach Mathematik hatten und dies als Belastung in Erinnerung haben, sehen das naturgemäß anders. Beeindruckend ist die große Zahl von Teilgebieten, die zur Mathematik gehören und von ihr abhängig sind: Arithmetik, Geometrie, Algebra, Zahlentheorie, Wahrscheinlichkeitslehre, Mengenlehre, Topologie, Infinitesimalrechnung, Differentialrechung, Integralrechnung, Statistik, Stochastik, als Grenzbereich auch die Logik.

Mathematik ist ein wesentlicher Bestandteil der Kulturgeschichte der Menschheit. Wenn man sich in die Thematik einarbeitet, erlebt man immer wieder Überraschungen. Es beginnt mit der Kreiszahl Pi, irrational und unendlich, aber unentbehrlich. Auch die Reihe der Primzahlen ist unendlich lang. Sie sind natürliche Zahlen, die größer sind als 1 und nur durch 1 oder sich selbst ganzzahlig teilbar. Um zu ermitteln, ob eine Zahl eine Primzahl ist, gibt es Prüfungsverfahren. Diese werden umso aufwändiger, je höher die Primzahl ist. Gerade Zahlen sowie Zahlen, die auf 0 oder 5 enden, und Zahlen, deren Quersumme durch 3 teilbar ist, sind keine Primzahlen.

Dann gibt es noch die Null, die in Indien schon im 5. Jahrhundert n. Chr. verwendet wurde: eine Ziffer ohne Wert. Es ist gewiss bemerkenswert, dass die Mathematik bis dahin ohne Null auskam. Seitdem kennen wir also die kleinste Zahl in der Mathematik. Eine größte Zahl gibt es dagegen nicht. Unendlich kennt keine Grenzen und ist in Rechenvorgängen nicht verwendbar: Mit einer Ausnahme: jede beliebige Zahl geteilt durch Null ergibt Unendlich. Das Symbol für Unendlich ist eine liegende Acht 8, 1655 von dem Engländer Wallis erdacht. Dass es unendlich viele Zahlen gibt, dürfte jedem bekannt sein.

Von vielen mathematischen Regeln und Formeln sind Entdecker bekannt. Einen Erfinder der Mathematik gibt es indes nicht. Mathematik ist eine der ältesten Wissenschaften. Schon vor 5000 Jahren saßen Menschen unter dem Sternenhimmel und berechneten die Umlaufbahnen von Sonne und Mond. Die Maya entwickelten schwierigste Formeln, zum Teil gelten sie bis heute. Ihre Mathematik war hochentwickelt, vergleichbar mit Mesopotamien. Schwerpunkte waren Astronomie und Kalenderberechnung, deren Genauigkeit für die damalige Zeit beispielhaft war. Ihre Zahlschrift verwendete Punkte, Striche und Kreise, die für die Ziffern 1, 5 und 0 standen. Basis war die Zahl 20, vermutlich, weil die Vorfahren der Maya mit Fingern und Zehen zählten.

Die Geschichte der Mathematik reicht rund 50.000 Jahre zurück; schon in der Jungsteinzeit wurde gezählt. Wichtig war die Entwicklung in Mesopotamien und in Ägypten, wo die Mathematik ihre erste Blütezeit erlebte. Aus Mesopotamine liegen Tontafeln mit mathematischen Darlegungen vor. Die Ägypter konnten zum Beispiel die Flächen von Dreiecken oder Trapezen berechnen. Die exakt geplanten und erbauten Pyramiden zeigen, wie weitreichend die mathematischen Kenntnisse dort waren.

Die Babylonier verfügten über eine eigene Mathematik. Sie verwendeten ein Sexagesimalsystem, das im Gegensatz zum Dezimalsystem nicht mit zehn, sondern mit sechzig Ziffern rechnet. Sie bewältigten damit nicht nur die vier Grundrechenarten, sondern konnten auch Wurzeln ziehen, Zinseszins berechnen und quadratische Gleichungen lösen. Reste dieses Systems finden wir noch heute in der Winkelmessung (360 O) und in der Zeitmessung (60 Sekunden sind eine Minute, 60 Minuten sind eine Stunde). 

Im alten China genoss die Mathematik große Aufmerksamkeit, die mathematischen Erkenntnisse lassen sich bis ins 3. Jahrhundert v.Chr. datieren. Aus der Zeit der Han-Dynastie (206 v.Chr. bis 220 n. Chr.) ist ein mathematisches Lehrbuch erhalten. Viele andere Belege gingen verloren. Das dezimale Stellensystem der Chinesen bestand aus waagerechten und senkrechten Strichen. Sie kannten bereits den Satz des Pythagoras und die Zahl Pi. Ihren Höhepunkt erlebte die chinesische Mathematik im 13. Jahrhundert, man widmete sich vor allem der Lösung von Gleichungen. Um 1600 übernahmen die Japaner die chinesischen Erkenntnisse.

Auch in Indien waren schon früh mathematische Kenntnisse entwickelt. Offenbar waren Forschung und Wissen praxisorientiert und beschrieben z.B. geometrische Regeln zum Opferaltarbau oder Lehrtexte zum Tempelbau. Die ältesten Formeln finden sich im Rig Veda, einer der wichtigsten Schriften des Hinduismus. Ihr Alter ist strittig, wahrscheinlich entstand sie zwischen 1500 und 1200 v.Chr. 

Die Ziffern von 0 bis 9, aus denen alle Zahlenwerte gebildet werden können, und das darauf aufbauende Dezimalsystem, das sich weltweit als Standard durchgesetzt hat, sind in Indien entstanden. Über den arabischen Raum kamen die Ziffern dann nach Europa. Die Zählweise von 1 bis 10 wird damit erklärt, dass unsere zehn Finger die erste Rechenhilfe darstellten. 

Einen großen Fortschritt machte die Mathematik im antiken Griechenand. Die Griechen betrieben die Mathematik im Rahmen der Philosophie und erzielten erhebliche Fortschritte. Schon damals war Mathematik dort Schulfach. Die großen Mathematiker jener Zeit, Archimedes, Pythagoras, Aristoteles, Thales, Platon, Euklid und viele andere, haben wichtige Entdeckungen gemacht und mathematische Formeln entwickelt. Einer ihrer Schwerpunkte war die Ableitung von Beweisen. Sie kannten sogar schon eine Form der Infinitesimalrechnung. Viele dieser Kenntnisse nutzen wir bis heute. Die Griechen haben somit die Grundsteine der heutigen Mathematik und Physik gelegt. 

Bei den Römern wurde die Mathematik als theoretische Herausforderung eher vernachlässigt. Sie waren mehr an praktischen Anwendungen im Vermessungs- und Ingenieurwesen interessiert. Mathematische Forschung blieb eine Domäne der griechischsprachigen Römer. 

Perser und Araber befassten sich intensiv mit Mathematik, Bagdad war ein Zentrum der Wissenschaft. Die muslimischen Mathematiker übernahmen die Errungenschaften der Inder und der Griechen, übersetzten sie und entwickelten sie weiter. Schwerpunkt war Algebra, das Teilgebiet der Mathematik, in dem mit Zahlen und Buchstaben „gerechnet“ wird. Einer der bekanntesten Mathematiker war Avicenna (Ibn Sina).

Über Italien, Spanien und die Kreuzzüge verbreiteten sich diese Kenntnisse in Europa, dort erfolgte dann die Entwicklung der modernen Mathematik. Nach dem Ende des Römischen Reiches wurde das Wissen des Altertums zunächst in Klöstern und Klosterschulen bewahrt, erst später übernahmen Universitäten diese Aufgabe. Im 20. Jahrhundert wurde das Thema internationalsiert, und die USA entwickelten sich zum Schwerpunkt.

Das Interesse an Mathematik wird in Deutschland gezielt gefördert. Schon ab 1961 fanden in der DDR „Olympiaden Junger Mathematiker“ statt. Ab der 5. Klassenstufe waren es Schul- und Kreisolympiaden, ab der 7. Klassenstufe Bezirksolympiaden und ab der 10. Klassenstufe DDR-Olympiaden, an der aber auch sogenannte Frühstarter aus tieferen Klassenstufen teilnahmen. Auf allen Ebenen gab es zur Unterstützung begabter Schüler/innen Mathematikzirkel.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde die Mathematikolympiade bundesweit übernommen und zu einem bundesweiten Schülerwettbewerb erweitert. Seit 1994 ist der Mathematik-Olympiaden e.V. Träger des Wettbewerbs, der in Kooperation mit dem Talentförderzentrum ‘Bildung & Begabung’ jährlich ausgeschrieben wird. Seit 1996 nehmen alle 16 Bundesländer teil.

  • Epilog
  • Über mathematische Denksportaufgaben kann man leicht ein ganzes Buch schreiben. Hier ein einfaches Beispiel: Der Bauer ist verstorben und hinterlässt drei Söhne, elf Pferde und ein Testament. Darin steht: Der älteste Sohn erbt ein Drittel der Pferde, der zweitälteste ein Viertel und der jüngste ein Sechstel. Die Söhne sind verzweifelt, sie können die Pferde nicht aufteilen. Da reitet ein gelehrter Mann vorbei, und sie bitten ihn um Rat. Der Mann schenkt ihnen sein Pferd und bittet, ihm im Gegenzug den Rest der Teilung zu überlassen. Die Söhne sind einverstanden. Der älteste rechnet ‘ein Drittel von zwölf ist vier’. Er nimmt vier Pferde und geht davon. Der Zweitälteste sagt ‘ein Viertel von Zwölf ist drei’. Er nimmt drei Pferde und geht. Der Jüngste sagt ‘ein Sechstel von zwölf ist zwei’. Er nimmt zwei Pferde und geht. Somit bleiben drei Pferde übrig. Der Mann nimmt sie und reitet davon. Fragen: 1. Warum bleiben drei Pferde übrig, obwohl nur eines hinzu gekommen war? 2. Welche Anteile hätte der Bauer seinen Söhnen vererben sollen, damit nur ein Pferd übrig bleibt?

Über Heiner Jüttner:

Der Autor war von 1972 bis 1982 FDP-Mitglied, 1980 Bundestagskandidat, 1981-1982 Vorsitzender in Aachen, 1982-1983 Landesvorsitzender der Liberalen Demokraten NRW, 1984 bis 1991 Ratsmitglied der Grünen in Aachen, 1991-98 Beigeordneter der Stadt Aachen. 1999–2007 kaufmännischer Geschäftsführer der Wassergewinnungs- und -aufbereitungsgesellschaft Nordeifel, die die Stadt Aachen und den Kreis Aachen mit Trinkwasser beliefert.

2 Kommentare

  1. Holger Koslowski

    Großartiger Überblick, Danke!

  2. Martin Böttger

    “Menschen, die als Schüler/innen Probleme im Fach Mathematik hatten und dies als Belastung in Erinnerung haben, sehen das naturgemäß anders.”
    Ja, hier, das war ich! In meinem Abi wurde ich in Mathe auf 4 oder 5 geprüft, und habe meinen Mathelehrer vor dem Prüfungsausschuss absichtlich blamiert. Einen anderen Blick auf das Fach bekam ich erst, als ich von der von mir geachteten und respektierten Bärbel Höhn
    https://de.wikipedia.org/wiki/Bärbel_Höhn
    die selbst meine rechtskatholische Oma durch ihre Widerworte gegen Joseph Fischer, Wolfgang Clement und Jürgen Möllemann zum erstmaligen Grünwählen verleitete, erfuhr, dass sie Mathematikerin ist.

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