In den Koalitionsverhandlungen fordert die Union, das Informationsfreiheitsgesetz abzuschaffen. Verhandlungsführer bei diesem Thema ist ausgerechnet Philipp Amthor. Durch das besagte Gesetz wurden Dokumente von Amthors Augustus-Intelligence-Skandal öffentlich.

Die Union will laut dem öffentlich gewordenen Verhandlungspapier der Arbeitsgruppe 9„Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung, Moderne Justiz“ das Informationsfreiheitsgesetz abschaffen. In dem Dokument mit dem Titel „Stärkung der repräsentiven Demokratie“ heißt es in blauer Schrift der Unionsverhandler: „Das Informationsfreiheitsgesetz in der bisherigen Form wollen wir hingegen abschaffen.“ Die SPD hat dem bisher nicht zugestimmt. Die Union will außerdem das Umweltinformationsgesetz „verschlanken“.

Seit 2006 sorgt das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) für mehr Transparenz im Bund. Das Gesetz ermöglicht es Bürger:innen, Einsicht in staatliche Verträge, Kommunikationen, Dokumente und Behördenabläufe zu bekommen. Es macht den Staat rechenschaftspflichtiger und fügt eine weitere Möglichkeit demokratischer Kontrolle durch Bürger:innen und Presse hinzu. Diese Option wird eifrig genutzt: Laut dem Transparenzportal Frag den Staat sind seit 2006 über die Seite fast 300.000 Informationsfreiheitsanfragen gestellt worden.

„Frontalangriff auf das IFG“

Arne Semsrott von FragDenStaat wertet die Forderung der Union als „Frontalangriff auf die Informationsfreiheit“. Öffentliche Kontrolle und Transparenz seien CDU/CSU offenbar ein Dorn im Auge, so Semsrott gegenüber netzpolitik.org. „Sie wollen unbehelligt durchregieren. Demokratische Rechte der Öffentlichkeit stören dabei offenbar nur.“

Verhandlungsführer in der Arbeitsgruppe 9 ist ausgerechnet der CDU-Politiker Philipp Amthor. Er war in den Augustus-Intelligence-Skandal verwickelt, der auch dank des Informationsfreiheitsgesetzes aufgedeckt wurde. Arne Semsrott von FragDenStaat sieht hier einen Zusammenhang: „Kein Wunder, dass Philipp Amthor das IFG abschaffen will. Schließlich führten IFG-Anfragen dazu, dass seine Lobby-Tätigkeiten für Augustus Intelligence bekannt wurden.“

Text-Screenshot: Stärkung der repräsentativen Demokratie. Wir wollen den Bundestag zu einem moderneren Gesetzgebungsorgan weiterentwickeln. Der Bundestag muss die Regierung und die Verwaltung effektiv kontrollieren können. [Das Informationsfreiheitsgesetz in der bisherigen Form wollen wir hingegen abschaffen.]
Screenshot aus dem Verhandlungsdokument. – Union / SPD
Ampel hatte IFG nicht ausgebaut

Die Ampel-Koalition wollte das IFG zu einem Transparenzgesetz mit weitergehenden Veröffentlichungspflichten entwickeln. Ein solches Transparenzgesetz gibt es zum Beispiel in Hamburg. Der Reformentwurf scheiterte jedoch an der Blockade des Innenministeriums.

Ob der Wunsch der Union es am Ende in den Koalitionsvertrag schafft, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Da sich die Arbeitsgruppe hier nicht einigen konnte, werden darüber nun die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD entscheiden. Es liegt damit in ihren Händen, ob dieses Stück demokratischer Kontrolle und Transparenz fortbesteht – oder ob es abgeschafft wird.

Update, 26.3.2025, 17:15 Uhr: Wir haben hinzugefügt, dass die Union auch Änderungen beim Umweltinformationsgesetz möchte.

Markus Reuter recherchiert und schreibt zu Digitalpolitik, Desinformation, Zensur und Moderation sowie Überwachungstechnologien. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit der Polizei, Grund- und Bürgerrechten sowie Protesten und sozialen Bewegungen. Für eine Recherchereihe zur Polizei auf Twitter erhielt er 2018 den Preis des Bayerischen Journalistenverbandes, für eine TikTok-Recherche 2020 den Journalismuspreis Informatik. Bei netzpolitik.org seit März 2016 als Redakteur dabei. Er ist erreichbar unter markus.reuter | ett | netzpolitik.org, sowie auf Mastodon und Bluesky . Kontakt: E-Mail (OpenPGP). Dieser Beitrag ist eine Übernahme von netzpolitik, gemäss Lizenz Creative Commons BY-NC-SA 4.0.

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