Die Arte-Perle “Znam kako dišeš” (engl. “I know your soul”)

Vieles, was hier gezeigt wird, kann so ähnlich auch in “funktionierenden” Rechtsstaaten passieren. Die bosnischen Verhältnisse, die Kriegs- und Nachkriegsgeschichte, kommen adäquat vor, überdecken aber nicht die Filmhandlung, die in der Gegenwart angesiedelt ist. Die Hauptrolle Staatsanwältin Nevena Murtezić, dargestellt von Jasna Đuričić, kämpft um und für einen Rechtsstaat. Sie lebt in Scheidung, die Erziehung des erwachsen werdenden Sohns ist missraten. Der Ex-Gatte (Ermin Bravo) erscheint wie ein sehr guter Scheidungsgrund.

“I know your soul”, verfügbar bis 22.7., verknüpft in sechs Folgen mehrere Handlungsstränge und Kriminalfälle. Ganz wie es im globalen Streamingserien-Geschäft üblich ist. HBO Max, einstmals Begründer der berühmten und vom ZDF auf dem deutschen Markt zerstörten “Sopranos”, hat zugegriffen.

Die Serie hat noch keinen deutschen, sondern nur diesen sparsam ausgearbeiteten englischen Wikipedia-Eintrag. Hier ist auch die Mastermind hinter der Serie zu identifizieren: Jasmila Žbanić. unter Cineast*inn*en, wie ich keiner bin, offenbar längst weltberühmt, mit einer langen Preisliste diversester Filmfestspiele. Und offenbar für den noch jungen und prekären Staat ein 1a-Aushängeschild.

Ob sie dort auch so respektiert und beliebt ist, wie bei mir, den sie durch “Znam kako dišeš” so nachhaltig beeindruckt hat? Daran sind Zweifel erlaubt. Denn die Dame hält mit Kritik nicht hinterm Berg. Und zeigt emanzipatorische Kampfbereitschaft. Allein eine TV-Produktion dieses handwerklichen und künstlerischen Produktionsniveaus in diesem Krisenland zu realisieren – das schaffen nicht viele. Und schon gar nicht die toxischen Männer, die ihre Geschichten bevölkern.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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