Bei den jüngsten militärischen Auseinandersetzungen zwischen Indien und Pakistan drohte Indien seinem Gegner mit der Sperrung des Indus, der wichtigsten Wasserquelle Pakistan. Wasser, eine unverzichtbare Ressource von weltweite Bedeutung, kann also sogar als Waffe eingesetzt werden. Wasser hat vor Milliarden Jahren die Entstehung und Entwicklung von Leben auf unserem Planeten ermöglicht. Versorgungssicherheit und Wasserqualität sind unverzichtbare Voraussetzungen für die menschliche Gesellschaft.

Wasser bestimmt unser Leben

Schon in historischen Zeiten sind in vielen Weltregionen komplexe und wirksame Wasserbewirtschaftungssysteme entstanden. Wasser gestaltet in vielerlei Formen unser Leben: Trinkwasser, Abwasser, Grundwasser, Flüsse und Meere, Kanäle, Schiffahrtswege, Regenwasser, Salzwasser und Süßwasser, Stauseen, Geysire, Hochwasser und Dürre, Überschwemmungen. Selbst der menschliche Körper besteht zu 60 % aus Wasser.

Thema der Vereinten Nationen

Da überrascht es nicht, dass die UNESCO 1993 einen Internationalen Weltwassertag ins Leben gerufen hat, der seitdem jährlich am 22. März begangen wird. Damit soll einer breiten Öffentlichkeit die Bedeutung des Wassers vermittelt werden. Alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, nationale und internationale Aktionen zur Verankerung des öffentlichen Wasser-Bewusstseins anzubieten. Jedes Jahr steht der Weltwassertag unter einem neuen Motto. Festgelegt wird es vom ‘UN Water’, einer Organisation, die die breite Arbeit der Vereinten Nationen in den Bereichen Wasser und Abwasser koordiniert. 1)

Gletscher als Süßwasserspeicher in Gefahr

2025 lautete das Motto „Erhaltung der Gletscher“. Gletscher sind wirksame Wasserspeicher und enthalten rund 70 % des weltweiten Süßwassers. Sie regulieren den Wasserhaushalt zahlreicher Flußsysteme und versorgen Millionen von Menschen mit Trinkwasser. Der Klimawandel lässt jedoch die Gletscher schmelzen. Das führt zu steigendem Meeresspiegel, Wasserknappheit, Ernteausfällen, Veränderungen im Ökosystem und wirtschaftlichen Unsicherheiten. Die UNESCO ruft daher zu Klimaschutz, nachhaltiger Wassernutzung und internationaler Kooperation auf.

In den vergangenen Jahren waren nachstehende Themen für den Weltwassertag gewählt worden. Darin spiegelt sich die vielfältige Bedeutung des Wassers wider: Wasser für Frieden (2024), Grundwasser – der unsichtbare Schatz (2022), Wert des Wassers (2021), Wasser und Klimawandel (2020), Wasser und Sanitärversorgung (2019), Natur für Wasser (2018), Abwasser (2017), Wasser und Arbeitsplätze (2016), Wasser und nachhaltige Entwicklung (2015), Wasser und Energie (2014), Wasser und Nahrungssicherheit (2012), Wasser für die Städte (2011), Wasser für eine gesunde Welt (2010), Grenzüberschreitende Gewässer (2009), Wasserknappheit und Dürre (2007), Wasser und Kultur (2006), Wasser und Naturkatastrophen (2004), Wasser und Zukunft (2003), Alle leben stromabwärts (1999), Sauberes Wasser für alle (1997), Wasserkreislauf (1996), Leben schützen (1995). 2)

Konkurrrenz und Kampf um Wasser

In seiner Erklärung zum Weltwassertag 2024 betonte der UN-Generalsekretär Guterres die enge Abhängigkeit zwischen Wasser und Frieden und warnte vor der Bedrohung der Menschheit durch den Anstieg des Meeresspiegels, die Veränderung der Niederschlagsmuster, zurückgehende Wasserführung der Flüsse, Dürren, Überschwemmungen und Küstenerosion. Wasserverschmutzung, überhöhte Entnahmen mindern die Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser. Schwindende Wasservorräte schaffen Konflikte, verschärfen Konkurrenzen und erzeugen Spannungen zwischen Menschen, Gemeinschaften und Staaten. 3)

Weltweit sind mehr als 3 Mio. Menschen auf Wasser angewiesen, das Landesgrenzen überschreitet. Aber nur 24 Länder haben Kooperationsabkommen für all ihre gemeinsamen Wasserressourcen. Beispielsweise gibt es für das Einzugsgebiet der Donau einen 19 Staaten umfassenden internationalen Vertrag. Gesundheit und Wohlstand, Nahrungs- und Energieversorgung (z.B. Kühlwasserversorgung in Kraftwerken, Pumpspeicherwerke oder Wasserkraftgeneratoren), wirtschaftliche Produktivität und Schutz der Ökosysteme sind abhängig von einem funktionierenden und gerecht verwalteten Wasserkreislauf.

Verkehrsträger Wasser

Wasser ist ein wichtiges Transportmedium, ohne Schifffahrt würde unser Weltwirtschaftssystem zusammenbrechen. Kanäle verbinden Wirtschaftszentren und verkürzen Schifffahrtswege (nicht nur der Panama- und der Suezkanal). 90 Prozent unserer Produkte werden in Schiffscontainern transportiert. Unser Leben ist abhängig von reibungslosen Abläufen auf den Weltmeeren, in den großen Häfen und bei den mächtigen Reedereien.

Zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen gibt es seit 1992 einen gesonderten internationalen Vertrag, die Wasserkonvention der UN-Wirtschaftskommission für Europa. In deren Rahmen arbeiten z.B. die Wasserrahmenrichtlinien der EU und die Gewässerschutzkonventionen für Donau, Elbe und Rhein.

Seit 1997 findet jährlich in Stockholm die internationale Weltwasserwoche statt, bei der sich Verbände der Wasserwirtschaft, Industrievertreter und Politiker zum fachlichen Austausch und zur Vernetzung treffen. Die Tagung widmet sich einem Schwerpunktthema, 2023 lautete dies ‘Innovative Ideen für eine wasserbewußte Welt’. In diesem Rahmen tagt alle drei Jahre ein Weltwasserforum, das vorrangig der Identifikation und Analyse von Problembereichen dient. In Deutschland wird alle zwei Jahre am Weltwassertag die Flußlandschaft des Jahres gekürt. Zumeist wurden kleinere Flüsse gewählt, jedoch auch schon die Lippe, die Trave, die Emscher und die Havel.

Nutzungs- und Verteilungskonflikte um Wasser nehmen zu

Theoretisch haben die Menschen genug Wasser, doch sie verwalten es falsch und verschwenden und verschmutzen es. Manchmal leben die stromaufwärts Wohnenden auf Kosten der Stromabwärtigen. Inzwischen nimmt die Einsicht zu, dass Gegenmaßnahmen zwingend erforderlich sind – national wie international. Naturbasierte Handlungsempfehlungen wie Wiederaufforstung, Nutzung von Feuchtgebieten oder Grundwasseranreicherung gewinnen an Bedeutung. Ein Grundsatz lautet, dass Böden und Feuchtgebiete so bewirtschaftet werden sollen, dass sie bis zu zwei Drittel des Regens speichern.

Die Unverzichtbarkeit und Begrenzheit von Trinkwasser führt immer wieder zu Konfilkten um den Zugang. Immerhin leben 3,6 Mio. Menschen in Regionen, in denen mindestens einmal im Monat das Wasser knapp wird. Weil einerseits Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum die Nachfrage nach Wasser steigen lassen und anderseits der Klimawandel zu Wasserknappheit führt, kommt es zunehmend zu Streitfällen. Meist können sie friedlich gelöst werden, anderswo kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Konfliktträchtige Zonen sind Indien und Pakistan wegen der Nutzung des Indus, die Türkei und der Irak, die um das Wasser von Euphrat und Tigris streiten, oder Äthiopien, der Sudan und Ägypten wegen des Wassers aus dem Blauen Nil. 4)

Bewaffnete Konflikte durch ungerechte Verteilung

Allein aus 2023 sind vier gewaltsame Vorfälle im Streit ums Wasser bekannt: 5) Am 30. August wurden Schusswaffen im Streit um einen Wassertank in Indien eingesetzt. Am 6. Oktober gab es in Kamerun Auseinandersetzungen zwischen Bauern und Hirten. Am 7. Oktober beschossen türkische Soldaten eine Wasserstation im kurdischen Autonomiegebiet Rojava in Syrien. Am 1. November bombardierte Russland einen Staudamm in der Region Donezk in der Ukraine. Gewalttätige Konflikte zwischen Landwirten und Viehzüchtern gibt es auch andernorts, z.B. im Nigerdelta. Im Iran kriselt es zwischen der Land- und der Stadtbevölkerung.

Doch auch in Staaten, die im Prinzip über hinreichende Wasservorkommen verfügen, entstehen Probleme. Wenn die Sommer heißer und trockener werden, verdorren Landschafte, brennen Wälder, trocknen Feuchtgebiete aus und führen Flüsse nicht genug Wasser für die Schiffahrt. Auch kann eine konkurrierende Nutzung des Grundwassers durchaus zu Streit führen, z.B. wenn Mineralwasserbetriebe expandieren wollen und die betroffenen Gemeinden die Absenkung des Grundwsserspiegels befürchten.

Tesla und das Grundwasser

Ganz aktuell ist der Protest gegen den Bau des Tesla-Autowerks in einer Region, die unter Wassermangel leidet. Teslau verbraucht jährlich 1,4 Mio. Kubikmeter Wasser. Der lokale Wasserversorger war deshalb bereits zur Rationierung gezwungen. „Berüchtigte“ Wasserverbraucher sind die Braunkohle-Tagebauten, die riesige Mengen Grundwasser abpumpen. Bei RWE sind dies 500 Mio. Kubikmeter im Jahr. Auch Energieunternehmen sind Großverbraucher, wenn sie Wasser in ihren Kühltürmen verdunsten lassen. Immerhin gibt es in Deutschland das Instrument von Wasserentnahmerechten, die von öffentlichen Stellen gepräft und erteilt werden müssen. Das ist nicht überall so.

Kompliziert wird es, wenn Flüsse, Seen oder Grundwasservorkommen grenzüberschreitende Gewässer bilden. Da kollidieren leicht die Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen des beteiligten Staaten, und es bedarf diplomatischer und vertraglicher Lösungen, um Eskalationen zu vermeiden. Dabei sind internationale Abkommen hilfreich. Inzwischen regeln mehr als 800 zwischenstaatliche Verträge Wasserverteilung, Wasserverschmutzung und Fischerei. So hat die Zusammenarbeit der Anrainerstaaten des Senegalflusses zum Bau von zwei Staudämmen geführt, die eine ganzjhrige Bewässerung ermöglichen, Strom an die angrenzenden Staaten liefern und die Schifffahrt ereichtern. Die Finanzierung wäre keinem der Staaten allein möglich gewesen.

Schrumpfen des Aralsees sybolisiert Problematik

Ein abschreckendes Beispiel für einen fahrlässigen Umgang mit Wasservorkommen ist die Austrocknung des Aralsees. Dieser in Zentralasien (Kasachstan, Usbekistan) gelegene See war einmal 450 km lang und 290 km breit und damit der viertgrößte Binnensee der Erde. Bis 1960 wurde er gespeist durch die Flüsse Amudarja und Syrdarja. Inzwischen ist er weitgehend ausgetrocknet und versalzt und damit eine der größten von Menschen verurachte Umweltkatastrophen. 6)

Diese Entwicklung ist Folge eines gigantischen Bewässerungsprojektes der russischen Regierung. Seit etwa 65 Jahren wird zunehmend Wasser aus den beiden Flüssen, die aus den niederschlags- und schmelzwasserreichen Hochgebietsregionen Pamir und Tian gespeist werden, zur Bewässerung von Baumwollplantagen abgezweigt. Das Problem verschärft sich dadurch, dass die Kanäle offen angelegt und schlecht abgedichtet sind.

Im Ergebnis fließt dem Aralsee kaum noch frisches Wasser zu. Seit Jahrzehnten trocknet er aus, und sein Salzgehalt steigt. Dies bedroht auch die Süßwasserressourcen im Boden und damit das Trinkwasser der Menschen. Das am ausgetrockneten Seeboden zurückgebliebene Salz wird durch heftige Winde aufgewirbelt und führt zu Salz- und Sandstürmen. Schifffahrt und Fischfang sind nicht mehr möglich. Ehemalige Hafenstädte liegen heute mehr als 100 km vom Ufer entfernt. Fischkutter liegen auf dem Trockenen. Selbst der Erdmantel ist betroffen: Er hebt sich an manchen Stellen, weil das Wassergewicht fehlt.

Weitreichende Folgen für Mensch und Umwelt

Der Wasserstand des Aralsee ist seit 1900 von 53,5 auf 30,5 Meter gefallen. 90 % der Wasseroberfläche sind verschwunden. Heute besteht der See aus drei Teilen. Ein kleinerer Teil ist durch einen von der Weltbank mit 84 Mio. $ finanzierten Damm getrennt, so dass er schon wieder leicht wächst. Der Süßwassergehalt ist gestiegen, Fische sind zurückgekehrt. Die anderen beiden, unterschiedlich tiefen Bereiche sind durch einen Kanal verbunden, sie trocknen weiter aus. Eine Wiederherstellung des Sees ist unmöglich.

Welch neuartigen Gefahren der Schwund des Aralsee haben kann, zeigt sich auf einer Insel, die wegen des gesunkenen Wasserpegels heute mit dem Festland verbunden ist. Sie war früher ein russischer Stützpunkt zur Entwicklung biologischer Waffen, 1991 wurde sie geräumt. Mögliche Gefahrenstoffe sind somit zugänglich. Ob eine 1992 erfolgte internationale Aufräumaktion alle Risiken beseitigt hat, ist umstritten.

 

1) Bundesministerium für Landwirtschaft und Forsten (Österreich): Water for Peace, 19.3.2024
2) Wikipedia: Weltwassertag. Stand 23.3.2025
3) UN-Generalsekretär Guterres: Erklärung zum Weltwassertag, 22. März 2024
4) Jennifer Collins, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: Die wachsende Bedrohung durch Wasserkonflikte. 19.3.2020
5) Susanne Schmeier, Heinrich Böll Stiftung: Umkämpfte Wasserressourcen: Konflikte um Wasser. 8.1.2025
6) Yumeko: Ausgetrockneter Aralsee. Entsetzen über eine vermeidbare Umweltkatastrophe. Januar 2018

 

Über Heiner Jüttner: